Zukunftskommission Landwirtschaft veröffentlicht strategische Leitlinien und Empfehlungen „Zukunft Landwirtschaft“
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat kürzlich ihre strategischen Leitlinien für die künftige Agrarpolitik vorgelegt. Unter der Überschrift „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“ betont das Gremium die dringende Notwendigkeit, innovative Lösungen für eine nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln. Nach Ansicht der ZKL müssen dabei Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz gleichberechtigt berücksichtigt werden. Dabei gelte der Abschlussbericht von 2021 weiterhin als Grundlage für konkrete Handlungsvorschläge, um Umwelt-, Klima- und Tierschutz mit tragfähigen Perspektiven für die Landwirtschaft zu verbinden.
Mit der Einigung auf diese gemeinsamen Empfehlungen ist es gelungen, die bisherigen divergierenden Ansichten innerhalb der Kommission zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Positionen im Bereich der Agrar- und Umweltpolitik zu sortieren und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen herbeizuführen.
Im aktuellen Bericht gibt die ZKL einen strategischen Ausblick auf eine zukunftsfähige Agrar-, Umwelt- und Tierschutzpolitik und legt Empfehlungen für eine neue Kultur der Zusammenarbeit vor. Dabei werden zehn Handlungsfelder konkret benannt. Sie umfassen die Gemeinsame Agrarpolitik und Marktorganisation, Regulierungsabbau, Biodiversitätsschutz, Tierhaltung und Pflanzenbau, Digitalisierung und Technik, Resilienz landwirtschaftlicher Betriebe und die Ernährungsresilienz in globaler Dimension.
Die Landwirtschaft stehe– wie andere Sektoren auch – vor einem durchgreifenden Transformationsprozess, bedingt v.a. durch den globalen Klimawandel und andere ökologische, ökonomische und soziale Veränderungen. Dabei sei man sich einig, dass dieser Prozess aufgrund seiner Ausstrahlung auf die gesamte Gesellschaft aktiv gestaltet werden muss. Und er soll langfristig zu einer volkswirtschaftlich positiven Gesamtbilanz führen, weshalb dafür auch eine angemessene und umfassende finanzielle Begleitung des Sektors notwendig und gerechtfertigt sei.
Im Bericht werden Entwicklungspfade für diesen Transformationsprozess beschrieben, die dessen Risiken beherrschbar machen und die Akzeptanz insbesondere auf Seiten der Landwirtschaft erhöhen sollen. Zudem sollen sie primär die ökologische Nachhaltigkeit der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft deutlich verbessern und ihre ökonomische Tragfähigkeit dauerhaft sichern.
Nach Ansicht der ZKL müsse zunächst das Agrar- und Ernährungssystem seine Zielrichtung ändern. Im unternehmerischen Interesse der landwirtschaftlichen Produzenten sollte der Fokus auf einer Vermeidung schädlicher Effekte und eine Steigerung positiver Wirkungen sowohl auf Klima, Umwelt, und Biodiversität, als auch auf Tierwohl und menschliche Gesundheit liegen. Dabei sei man sich innerhalb der ZKL einig, dass eine solche Transformation des Agrar- und Ernährungssektors nicht ohne gesamtgesellschaftliche Anstrengungen möglich sein werde, aber sie biete auch große Chancen.
Quelle: ZKL
„Kompass für nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik“
Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, bezeichnete in seinem Statement die ZKL als ein wichtiges Forum des fairen Interessenausgleichs, das auch in herausfordernden Zeiten Kompromisse erzielt. „Es ist gut, dass sich die ZKL nach wie vor zu dem verbindenden Angebot bekennt, das sie in ihrem Abschlussbericht gemacht hat: Ein nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem, das die Leistungen der Landwirtinnen und Landwirte für mehr Tierwohl, die Umwelt und das Klima honoriert“, erklärte er. Die die Aufgabe der Politik sehe er nun darin, partnerschaftlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die strategischen Leitlinien sind daher auch für kommende Bundesregierungen ein wichtiger Kompass und Rückenwind. Im Kern müsse es weiter darum gehen, alle Enden zusammenzubinden: Agrarpolitik für wirtschaftlich starke Höfe, lebenswerte ländliche Regionen sowie einen wirksamen Schutz unserer Ressourcen."
Quelle: BMEL
„Nun müssen Taten folgen“
Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) hat in der ZKL die Belange der Sonderkulturen mit Nachdruck vertreten. ZVG-Generalsekretär Bertram Fleischer stellte im Nachgang des digitalen Pressegespräches zu den ZKL-Ergebnissen heraus, wie wichtig es sei, Stillstände zu überwinden und innovative Wege zu gehen. Ökonomie und Ökologie müssten Hand in Hand gehen, um die ökonomische Zukunft der Betriebe zu sichern und nachhaltige Ökologie voranzutreiben.
Fleischer betonte, dass von Seiten der Politik die Empfehlungen jetzt aufgegriffen und Umsetzungsmaßnahmen formuliert werden müssten. Dazu zähle auch, die Konsensfindung zwischen Wirtschaft und Politik zu stärken. Die Gartenbau-Branche habe mit dem „Maßnahmenpaket Zukunft Gartenbau“ hier bereits ein Meilenstein vorgelegt. Nun müsse es vor allem darum gehen, die Betriebe bei ihrer Weiterentwicklung zu mehr Nachhaltigkeit und ökonomischer Resilienz zu begleiten und zu unterstützen. Insbesondere in gärtnerischen Kulturen wie Obst und Gemüse müsse der Selbstversorgunggrad gesteigert und eine Produktionsverlagerung ins Ausland vermieden werden. So sei die ZKL u.a. der Überzeugung, dass der Pflanzenschutz gestärkt und weiterentwickelt werden müsse. Dies gelte für die gesamte Bandbreite von biologischen bis hin zu chemisch-synthetischen Mitteln. „Wir können uns alle wünschen, dass wir keinen Pflanzenschutz mehr einsetzen müssen. Aber wir erleben immer wieder in der Praxis, wie sich fehlende Mittel negativ auf die Produktion auswirken“, verdeutlichte der ZVG-Generalsekretär.
Quelle: ZVG
„Aufgaben für die nächste Bundesregierung“
Auch Dr. Holger Hennies, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), war in der ZKL aktiv. Er zeigte sich erleichtert, dass trotz erheblicher Kontroversen doch noch eine Einigung im Sinne der Landwirtschaft und der Umwelt gefunden worden sei: „Es liegt jetzt in den Händen der nächsten Bundesregierung, die Empfehlungen der ZKL aufzugreifen und aus den Ergebnissen Lösungen für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft zu finden“, erklärte er. Folgende Punkte und Empfehlungen seien aus Sicht der Landwirtschaft wichtige Ergebnisse, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zukünftig zu stärken:
- Wichtige Klarstellung: „Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz des Agrar- und Ernährungssektors sind gleichberechtigte Kernaufgaben der künftigen Agrarpolitik.“
- Forderung nach Regulierungsabbau: „In der Landwirtschaft und im Gartenbau ist inzwischen eine Regelungsdichte erreicht, die Betriebe und Behörden gleichermaßen überfordert.“
- Kooperation als grundsätzliches Prinzip für Naturschutz, Anreizsysteme und Fördermaßnahmen anstelle pauschaler rechtlicher Vorgaben
- Verpflichtender Ausgleichsanspruch für Naturschutzauflagen oberhalb der Anforderungen der guten fachlichen Praxis
- Deutliche Verschlankung der Düngeregelungen und Entlastungen für Betriebe in den Roten Gebieten
- Gemeinsame Agrarpolitik im Sinne der Betriebe weiterentwickeln, vollständiger Abbau der Konditionalität
- Einzelbetriebliches Risikomanagement durch Risikorücklage stärken
- Agrardiesel auf europäischem Niveau besteuern
- Perspektiven für erneuerbare Kraftstoffe in der Landwirtschaft schaffen
- Umbau der Tierhaltung weiterentwickeln und substanziell finanzieren
- Baurecht und Immissionsrecht effizienter und einfacher gestalten
- Von Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft gemeinsam entwickelte Standards zukünftig stärker nutzen und nicht durch staatliches Handeln konterkarieren
Quelle. DBV
„Wichtige Blaupause für Zukunft der Agrarpolitik“
IVA-Präsident Michael Wagner hat ebenfalls als Mitglied der ZKL an den Empfehlungen mitgewirkt. Auch er sieht in dem Konsens-Papier einen Auftrag an die kommende Bundesregierung.: „Dass es nunmehr zum zweiten Mal gelungen ist, unter dem Dach der ZKL die Interessen sehr unterschiedlicher Anspruchsgruppen zur Zukunft der Landwirtschaft auszugleichen und in gemeinsame Empfehlungen münden zu lassen, ist ein riesiger Erfolg“, verdeutlichte er in seinem Statement. Obwohl sich die Rahmenbedingungen im Vergleich zum ersten ZKL-Bericht 2021 deutlich komplizierter dargestellt hätten, sei der Ausgleich zwischen Umwelt- und Klimaschutz und den ökonomischen Herausforderungen der Branche gelungen.
Er hob insbesondere das empfohlene Aktionsprogramm zur Förderung der Biodiversität in der Agrarlandschaft als beispielhaft für den „lösungsorientierten Spirit“ in der ZKL hervor. „Mit Ordnungsrecht allein lassen sich solch komplexe Herausforderungen wie die Förderung der Artenvielfalt nicht angehen. Die ZKL empfiehlt daher die Entwicklung und Umsetzung von Managementplänen für Schutzgebiete durch eine Kooperation der Akteure vor Ort. Außerdem auch einen finanziellen Ausgleich für landwirtschaftliche Betriebe, wenn unvermeidliche Auflagen in die Produktion eingreifen. Das umzusetzen wird eine Aufgabe für die kommende Bundesregierung sein“, so Wagner.
Quelle: Industrieverband Agrar e. V.
„Zukunft braucht Höfe“
Für die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kommentierte Bundegeschäftsführerin Xenia Brand, ebenfalls in der ZKL vertreten, die neuen Strategischen Leitlinien. Sie betonte, dass die Empfehlungen von 2021 nach wie vor vollumfänglich gültig seien und durch das vorliegende Papier weiter konkretisiert wurden. Geeint habe alle ZKL-Mitglieder der Wille, sich in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft auf agrarpolitische Empfehlungen zu einigen. Dies sei letztendlich gelungen. Die Ergebnisse müssten nun umgesetzt werden, damit wieder mehr junge Menschen in die Landwirtschaft einsteigen. Sie forderte deshalb die kommende Bundesregierung auf, ihre Agrarpolitik mutig an den ZKL-Leitlinien auszurichten. Xenia Brand lobte insbesondere, dass man sich erneut auf einen vollständigen Umbau der GAP-Zahlungen hin zu einkommenswirksamer Finanzierung von Umweltleistungen der Landwirte verständigt haben. Diesen Pfad gelte es nun konsequent umzusetzen, damit die Produzenten endlich ihre Gemeinwohlleistungen entlohnt bekämen.
Quelle: AbL
Die ZKL-Empfehlungen sind auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) abrufbar: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/zukunft-landwirtschaft-bericht-2024.html
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