Spätfröste in Polen: Es wird keine Rekorderträge geben!

Bundesfachgruppe Obstbau bewertet Fruchtansatz in Deutschland und Europa

Fachgruppe OBSTBAU
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Die Frostnächte im April und Mai haben in Polen an allen Arten von Obstgehölzen erhebliche Schäden verursacht. Am stärksten betroffen sind Süß- und Sauerkirschen. Die Schäden an Apfelbäumen variieren je nach Standort der Obstanlage und Sorte. Der Verband der Obstbauern der Republik Polen (Związek Sadowników RP) hat bereits eine erste Schadensanalyse durchgeführt und arbeitet derzeit an einer Ernteprognose für die einzelnen Kulturen.

Frostschäden an Kern- und Steinobst
Die Spätfröste haben den polnischen Obstbau hart getroffen und werden in unserem Nachbarland zu geringeren Erträgen als in der Saison 2024 führen. Wie stellt sich die aktuelle Lage in den Kern- und Steinobstanlagen dar?
„Die größten Schäden verzeichnen wir bei Süß- und Sauerkirschen, dicht gefolgt von Pflaumen. Schäden bei anderen Obstarten, insbesondere bei wirtschaftlich bedeutenden Kulturen wie Apfel und Birne, hängen stark vom Standort der Obstanlage und auch von der Sorte ab“, erklärte Mirosław Maliszewski, Vorsitzender des Verbands der Obstbauern der Republik Polen. Besonders stark betroffen sind diesmal laut Maliszewski verschiedene Regionen in der Woiwodschaft Masowien, aber auch Anbauflächen in Großpolen und Kujawien. Vergleichsweise geringere Schäden wurden in den Regionen Lublin und Heiligkreuz festgestellt - im vergangenen Jahr war die Situation übrigens noch umgekehrt.
Bezüglich der Apfelsorten sollen insbesondere die ‘Jonagold‘-Gruppe sowie ‘Idared‘ und ‘Mutsu‘ stark betroffen sein. Nach Einschätzung des polnischen Obstbauverbandes hat die Sorte ‘Gala‘ hingegen die Fröste relativ gut überstanden. In manchen Anlagen könnten die Schäden jedoch trotzdem beträchtlich sein. „Es gibt Betriebe, in denen der Ernteverlust bei 90 bis 100 % liegt. Für viele bedeutet die erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.“
Überraschend gut haben offensichtlich die Birnen den Frost überstanden. Dies gilt insbesondere für die auch in Polen wirtschaftlich bedeutende Sorte ‘Conference‘. Eine endgültige Einschätzung des zu erwartenden Ertrags wird allerdings erst nach dem Johanni-Fruchtfall möglich sein. „Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass geschädigte Fruchtansätze noch abfallen“, betonte Maliszewski.

Beerenobst: Ebenfalls keine Rekordernten zu erwarten
Erzeuger, die ihre Erdbeerkulturen in den Frostnächten mit Folie oder Vlies abgedeckt haben, konnten ihre Ernte sichern. Und auch Produzenten, die in Folientunneln arbeiten, sind mit den zu erwartenden Erträgen zufrieden. Ähnlich sieht es bei Himbeeren und Brombeeren aus. Heidelbeeren haben offensichtlich überwiegend geringere Schäden, was mit ihrer besonderen Blühbiologie zusammenhängt: sie blühen über einen längeren Zeitraum und gestaffelt.
Frostschäden bei Johannis- und Stachelbeeren hängen stark von der geografischen Lage der Betriebe ab. „Bei schwarzen Johannisbeeren beobachten wir derzeit verstärkt Fruchtfall, bei roten ist dieser Prozess bereits weitgehend abgeschlossen. Gleiches gilt für Stachelbeeren. Aber Rekorderträge sind auch bei diesen Kulturen nicht zu erwarten“, stellte Maliszewski klar.

Hilfe für betroffene Obstbauern gefordert
Der Verband der Obstbauern der Republik Polen hat bereits eine erste Analyse der Schäden vorgenommen und erstellt aktuell eine Ernteprognose für die verschiedenen Obstarten. „Wir werden diese Prognose in den nächsten Tagen veröffentlichen, sobald uns alle Informationen aus unseren Regionalstrukturen vorliegen. Bereits jetzt fordern wir die Einleitung des Verfahrens zur Einsetzung von Schadensbewertungskommissionen. Auf Basis ihrer Arbeit werden wir Anträge auf finanzielle Ausgleichsmaßnahmen stellen – so wie es auch im vergangenen Jahr der Fall war“, teilte Maliszewski mit.

Quelle: Vereinigte Hagelversicherung

 

Bundesfachgruppe Obstbau bewertet die aktuelle Situation:
Apfelernte in Europa wird durch frostbedingte Ertragsausfälle in Polen dezimiert
Polen ist der größte Apfel- und Kirschenproduzent Europas. Die Ernte dort hat maßgeblichen Einfluss auf die Gesamt-Erntemenge in der EU. Wie stellt sich also die Lage dort dar? Um sich ein möglichst genaues Bild zu machen, hat sich die Bundesfachgruppe Obstbau in die betroffenen Gebiete Polens aufgemacht, um sich direkt vorort zu informieren.
Die ersten Einschätzungen lassen in der Tat erhebliche Ertragseinbußen durch Frost erwarten, was die Aussagen von Polens Obstbauverbands-Vorsitzenden Mirosław Maliszewski bestätigt.
Eine Reihe von Nächten mit Temperaturen unter null Grad, mit dem Höhepunkt in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai 2025, haben insbesondere bei Äpfeln und auch bei Steinobst zu frostbedingten Ausfällen geführt. Die Äpfel befanden sich zu dieser Zeit im besonders empfindlichen Stadium BBCH 67 – BBCH 69, d.h. im Stadium Abgehende Blüte/Blüteende. In diesem Stadium sind die Organe besonders empfindlich und vertragen keine Minusgrade. Da in Polen maximal 10 % der Obstanlagen über die Möglichkeit einer Frostschutzberegnung verfügen, sind die Schäden in den betroffenen Regionen erheblich – und zwar sowohl in Tafel- als auch in Mostobst.
Im Obstbaugebiet nordöstlich von Posen ist Apfel die Hauptkultur. Hier werden in unberegneten Anlagen bis zu 100 % Schaden erwartet. Bei Süßkirschen sind die Hauptsorten ‘Regina‘ und ‘Kordia‘ stark betroffen, während Neben- und Befruchtersorten teils besser mit den niedrigen Temperaturen zurechtgekommen zu sein scheinen. Im Zwetschenanbau ist die Lage sehr unterschiedlich. Die Birnen sind mit dem Frost überraschend gut zurechtgekommen – wahrscheinlich, weil sie sich im betroffenen Zeitraum nicht in den sensiblen Fruchtstadien befunden haben.
In Masowien südwestlich von Warschau, dem größten Obstanbaugebiet Polens, sieht die Lage deutlich differenzierter aus. Während bei Süßkirschen hier erhebliche Schäden offensichtlich sind und auch in den Johannisbeer-Anlagen deutliche Schäden erkennbar sind, ist der Schädigungsgrad bei Äpfeln stark abhängig vom topographischen Standort und der Sorte. Somit können für Äpfel in diesem Anbaugebiet aktuell noch keine belastbaren Aussagen über mögliche quantitative Auswirkungen auf den Ertrag gemacht werden.

Ernteerwartung 2025
Die aktuelle Situation in Polen als größtem Obstproduzenten innerhalb der EU hat hinsichtlich der zu erwartenden europaweiten Erntemenge eine Schlüsselrolle. Auf Basis der aktuellen Informationen ist es ist daher kaum zu erwarten, dass die Ernte 2025 in Europa so groß ausfallen wird, wie es aufgrund der außergewöhnlich starken Blüte zu erwarten war. In Deutschland wird mit einer durchschnittlichen Ernte gerechnet, da es nur in Brandenburg zu größeren Blütenfrost-Schäden gekommen ist. Finale Zahlen wird es aber erst nach dem Prognosfruit-Kongress, der dieses Jahr vom 6. bis 8. August 2025 im französischen Angers stattfinden wird, geben.

Extremwetter häufen sich
Jens Stechmann, Vorsitzender Bundesfachgruppe Obstbau, weist darauf hin, dass die Situation in Polen betroffen macht und erneut aufzeigt, dass sich Extremwetterlagen wie Spätfrost und Hagelereignisse mittlerweile klimawandelbedingt häufen. Im letzten Jahr haben dies die deutschen Obstbauern, insbesondere in den neuen Bundesländern, schmerzhaft erfahren müssen. Umso wichtiger ist es, endlich ein funktionierendes Risikomanagementsystem für Obstbauern in ganz Europa zu etablieren.

Joerg Hilbers, Bundesfachgruppe Obstbau

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Vereinigte Hagelversicherung und Fachgruppe Obstbau, Fotos: © Joerg Hilbers, Fachgruppe Obstbau

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