Saisonstart Erdbeeren – Wie sind die Aussichten?
Die Erdbeersaison 2023 ist noch jung. Die Gedanken der Branche kreisen jedoch schon seit Monaten um sie.
Die Kosten für Betriebsmittel und Energie bleiben hoch, zudem schlägt der seit Oktober 2022 höhere Mindestlohn ab dieser Saison bei allen Betrieben ins Gewicht. Wie werden sich deutsche Erdbeeren auf dem Markt positionieren? Ist ein ähnliches Szenario wie 2022 zum Saisonstart wieder möglich, als deutsche Tunnel-Erdbeeren in direkter Konkurrenz zur südeuropäischen Importware und verspäteter Benelux-Ware standen?
Spanien: keine optimale Saison
Für Spanien verlief die bisherige Saison 2022/23 alles andere als reibungslos. Der spanische Verband Freshuelva hat Ende März eine Zwischenbilanz zur bisher gelaufenen Saison gezogen:
Seit Saisonstart im Winter 2022 bis Mitte März 2023 fiel die Produktionsmenge um 30 % niedriger aus als in der Saison 2021/22. Der Abstand ist demnach zu groß, um dies in den verbleibenden Wochen noch auszugleichen. Ohnehin brachte die Saison 2022/23 einige Unwägbarkeiten mit sich, angefangen beim starken Kostenanstieg für Betriebsmittel, neuen Pflanzenschutzbestimmungen und den Wetterkapriolen. So war es zum Zeitpunkt der Anpflanzungen im vergangenen Herbst zu heiß, dass 20 % der Kulturen neu gepflanzt werden mussten. Im Januar und Februar diesen Jahres war es wiederum zu kalt, als dass die Produktion an Fahrt hätte aufnehmen können. Im Gegenteil, der Markt war nur knapp mit spanischer Ware versorgt. Weiteres Sorgenkind ist der Wassermangel, der die komplette Obst- und Gemüsebranche im Süden Spaniens betrifft. Nach dem Hitzesommer 2022 und den ausbleibenden Niederschlägen im Winter sind die Pegel der Stauseen alarmierend niedrig. In diesem Zusammenhang kam es bereits zu Kürzungen der zugelassenen Wassermengen für die Bewässerung der Kulturen.
Griechenland: weiter auf Wachstumskurs
Bereits 2022 profitierte Griechenland von der Angebotsschwäche Spaniens. Und auch in den zurückliegenden Wochen war dies der Fall. Griechenland konnte seine Exporte nochmals ausbauen, obwohl auch auf dem Peleponnes die Wetterbedingungen in den zurückliegenden Wochen nicht immer optimal waren. Nichtsdestotrotz verzeichnet Griechenland ein Exportwachstum um knapp 28 %. Von Jahresbeginn bis Mitte April 2023 verließen 44.410 t Erdbeeren das Land – 2022 waren es im selben Zeitraum noch 34.800 t. Seit 2021 ist Griechenland hinter Spanien der zweitwichtigste Erdbeerexporteur innerhalb der EU. Noch ist der Abstand zu Spanien groß – er wird jedoch kleiner.
Benelux: Gewächshausanbau kaum rentabel
Blicken wir auf die direkten Nachbarn, die Niederlande und Belgien. Die Energiekrise hat die dort ansässigen Unterglasproduzenten genauso getroffen wie hierzulande. Mit der Vervielfachung des Gaspreises und der Energiekosten für die Beleuchtung ist die Produktion von Erdbeeren u. a. im Benelux-Raum in den Wintermonaten nicht rentabel. Rund die Hälfte der niederländischen Unterglas-Produzenten hatten glücklicherweise noch alte Gasverträge und konnten somit wie zuvor planen. In Belgien hingegen wurde in der Wintersaison 2022/23 die Produktion so weit runtergefahren, dass nur Bruchteile der sonstigen Mengen zur Verfügung standen. Seit Mitte April läuft dort die Produktion stärker an.
Deutschland: normaler Saisonstart
Die Frühjahre 2022 und 2023 hätten nicht unterschiedlicher sein können. Nach dem sehr frühzeitigen Jahr 2022 startet die Tunnelsaison 2023 in vielen Anbaugebieten Deutschlands zu einem normalen Zeitpunkt. Der Südwesten hat in der dritten Aprilwoche den Anfang gemacht, in der letzten Aprilwoche folgte das Rheinland und zum Monatswechsel auch der hohe Norden. Durch das trübe und kühle Wetter zog sich die Blüte in den Tunneln bundesweit in die Länge, was sich im Anschluss in einer langen und gleichmäßigen Ernte widerspiegeln könnte. Eine derart starke Überschneidung mit den südeuropäischen Erdbeeren wie im Frühjahr 2022 wird damit unwahrscheinlicher. Auch deutsche Tunnel- und Freiland-Erdbeeren dürften sich nicht stark in die Quere kommen. Zu sehr hat das kühle Frühjahr die Vegetation im Freiland ausgebremst.
2023 wird entscheidend sein
In der Vorbereitung auf die neue Saison haben die deutschen Erdbeerbetriebe in den vergangenen Monaten den Rotstift angesetzt. Arbeitsschritte wurden überdacht, um Kosten einzusparen. Direktvermarktende Betriebe zum Beispiel konzentrieren sich auch wegen des Personalmangels nur noch auf gut laufende Vermarktungsstandorte. Ebenso hat man sich von Produktionsverfahren teils verabschiedet. Mit der stärkeren Ausrichtung auf den Tunnelanbau hatte die folienverfrühte Freilandproduktion zuletzt schon das Nachsehen. Ebenso machen Spätkulturen in den Tunneln den remontierenden Sorten aus der Freilandproduktion das Leben schwer.
Hinsichtlich der Fläche sind in diesem Jahr keine gravierenden Änderungen in Sicht. Nach Schätzungen von Fachberatern dürfte regional die Freilandfläche maximal um 10 % zurückgehen. Angesichts der vielerorts enttäuschenden Saison 2022 gibt es bei der Tunnelfläche allerdings Stagnation oder eine nur minimale Ausweitung. Generell ist die Stimmung in der Branche abwartend. Die Saison 2023 wird somit richtungsweisend für die Zukunft der Branche sein.
News & Infos

Hintergrundpapier: Lösungsvorschläge für eine konstruktive öffentliche Kommunikation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft
Um dauerhaft und flächendeckend eine biodiversitätsfreundlichere Agrarlandschaft zu erreichen, ist die intensive und konstruktive Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren aus Landwirtschaft und Naturschutz (Verbände, Behörden, Praxis, Wissenschaft etc.) eine zentrale Voraussetzung.

Bewässerungsstrukturen: Versicherung für den zukünftigen Anbau und wesentlich artenfördernd!
Eine gesicherte Wasserversorgung wird in den kommenden Jahren mehr denn je zur Grundvoraussetzung für einen wirtschaftlich erfolgreichen Obstanbau in Deutschland werden. Gleichzeitig sind die Genehmigungsverfahren kompliziert, auch, weil viele Behörden den ökologischen Nutzen von Bewässerungsstrukturen – insbesondere in Trockengebieten, nach wie vor verkennen.

Glyphosat: Zukunft nach wie vor ungewiss Zeigen Sie Flagge!
Auch wenn die EU-Behörde Efsa nach den umfangreichsten Untersuchungen aller Zeiten den umstrittenen Wirkstoff Glyphosat für weitgehend unbedenklich erklärt hat, bedeutet dies per se nicht, dass Glyphosat in Deutschland eine Zukunft hat.

BOG: Lösungen statt Verbote - Wasserversorgung für Obstbaukulturen sichern
Der Bundesausschuss Obst und Gemüse (BOG) warnt vor falschen Schnellschüssen bei der Wasserversorgung von Obstkulturen in Deutschland. Die vom Niedersächsischen Umweltminister Meyer angestellten Überlegungen, den Anbau von Sonderkulturen wie Erdbeeren aufgrund ihres höheren Wasserbedarfs zu verbieten...

Regionale Lebensmittel und Wertschöpfung stärken: BMEL fördert Projektideen
Kurze Transportwege, saisonale Produkte und einen sichtbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten – der Einkauf regionaler Lebensmittel liegt im Trend.

Erste Prognose für 2023: 3% weniger Bioäpfel in Europa
Am 20. Juni 2023 fand in Österreich der Jahreskongress des Europäischen Bioobst-Forums (EBF) statt. Als Ergebnis wurde eine erste Ernteprognose 2023 für Bioäpfel herausgegeben. Prognostiziert wird ein Minus von 3% im Vergleich zum Vorjahr. Aber diese sehr frühe Prognose ist nur als Richtwert zu betrachten.

EFSA-Bewertung: Obstbau hofft nun auf offene Diskussion zu Glyphosat
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat keine Einwände gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union. In der Neubewertung des Wirkstoffs in Bezug auf das von ihm ausgehende Risiko für Mensch und Tier sowie für die Umwelt wurden keine kritischen Bereiche festgestellt, die Anlass zur Sorge geben.

Mindestlohnerhöhung im Fokus:
Die angekündigte Erhöhung des Mindestlohnes zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro pro Stunde stellt die deutschen Obst- und Gemüsebaubetriebe vor enorme Herausforderungen, denn die Lohnkosten für Saisonarbeitskräfte steigen damit weiter.

Engpass-Analyse zu Pflanzenschutzmitteln im Pflanzenschutz-Informationssystem „PS Info“
Gibt es zu viele oder zu wenige Pflanzenschutzmittel? Die neue Engpass-Analyse im Pflanzenschutz-Informationssystem „PS Info“ bietet einen kostenlosen Faktencheck zu aktuellen und historischen Zulassungen. Damit ist eine fachlich informierte Debatte möglich.

Farbintensive Sauerkirsche
Wer den Baum genauer betrachtet, erkennt sofort, dass Süß- und Sauerkirschen ganz unterschiedliche Arten sind.

Hagel Anfang Mai: 6.000 ha teils schwer geschädigt
Nach den Spätfrösten im April haben nun fast schon erwartungsgemäß Hagel, Sturm und Starkregen zugeschlagen. Ein Sturmtief wütete Ende am ersten Maiwochenende vor allem in einem Streifen von Ehingen (Donau) über Ulm und Augsburg bis nach München. Aber auch der Breisgau sowie Teile von Nordrhein-Westfalen und Nordhessen waren betroffen.

Modellvorhaben für funktionale Biodiversität im Obstbau gestartet
Mit der Überreichung der Förderurkunden durch die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Dr. Ophelia Nick wurde der offizielle Startschuss für das Modell- und Demonstrationsvorhaben "Maßnahmen zur Stärkung der funktionellen Biodiversität für eine nachhaltige Produktion im Obstanbau (FUBIOO)" gegeben.