Ruhiger Saisonauftakt bei Äpfeln

Helwig Schwartau
2383

Es wurden weniger Äpfel gekauft, außerdem blockierte alterntige Ware zusammen mit Beständen von der Südhalbkugel bis Anfang Oktober zahlreiche Regale im Einzelhandel. Die deutschen Erzeugerorganisationen blieben dennoch gelassen und die für den Herbst gewohnten Preisnachlässe hielten sich in Grenzen.

Vorräte kleiner als erwartet
Die Erzeugerbetriebe üben keinen Druck auf den Markt aus. Die Grundlage dafür stellen die übersichtlichen Lagervorräte zum 1. November dar. Trotz der bisher schwächeren Absatzkontinuität fallen diese nicht höher aus als in den beiden Vorjahren. Abgesehen vom Norden klagen die deutschen Anbauregionen über kleinere Fruchtgrößen – dies gilt besonders für die frühreifenden Sorten wie z. B. ‘Gala’. Nach vorläufigen Informationen lagern bei den deutschen Erzeugerorganisationen noch 385.000 t Äpfel. Damit gibt es zu den beiden Vorjahren zwar nur eine unerhebliche Abweichung, wohl aber regionsabhängige Verschiebungen:

• Der Norden kann auf ein zum Vorjahr vergleichbares Quantum zurückgreifen.
• Das Minus von knapp 20 % im Süden wird durch den Osten kompensiert.
• Für den Westen werden noch Nachmeldungen erwartet, die dann in Summe zumindest den Apfelbestand aus 2020 erreichen werden.

Norddeutschland auf Vorjahreskurs
Auf Norddeutschland mit dem Schwerpunkt Niederelbe entfallen 198.000 t –
eine zum Vorjahr vergleichbare Menge. Verschiebungen gibt es aber im Sortiment:

• Die Hauptsorte stellt jetzt ‘Red Jonaprince’ mit 58.000 t. Der Zuwachs von 8.000 t, der dazu führte, resultiert aus der Fläche, wird aber durch starke Rodungen von ‘Jonagored’ halbwegs kompensiert. Damit ergibt sich für die gesamte ‘Jonagold’-Gruppe nur ein Zuwachs von 5 % zum Vorjahr.
• Das bisher disziplinierte Angebotsverhalten bei ‘Elstar’ wird durch einen kleineren Bestand bestätigt. Mit einem Vorrat von 50.000 t fehlen gegenüber den beiden Vorjahren rund 4.000  t
(–7 %).
• Auch bei ‘Braeburn’ bleibt man gelassen und verfügt mit 25.000 t (–13 % zu 2019 und 2020) über ein marktgerechtes Angebot für die kommenden Monate.
• Bei ‘Boskoop’ verfügt die Region mit 11.000 t wieder über eine „normale“ Menge, die bei rückläufigem Konsum für diese Sorte aber eine Herausforderung darstellt.

Ostdeutschland wieder lieferfähig
Im Osten Deutschlands, mit Schwerpunkt Sachsen, lagern in diesem Jahr 70.600 t Äpfel. Damit steht nach den Ausfällen in den letzten Jahren (Hagel/Frühjahrsfröste) wieder eine halbwegs normale Menge zur Verfügung. Im Gegensatz zur „guten“ Ernte des Jahres 2018 hat sich das Sortiment allerdings deutlich verändert:

• Das Angebot bei ‘Gala’ hat sich innerhalb von drei Jahren von 9.500 t auf 16.000 t erhöht.
• Die ‘Jonagold’-Gruppe (aktuell 16.000 t) und ‘Idared‘ (2.800 t) wurden massiv gerodet und haben zusammen 14.000 t an Menge eingebüßt.

Defizit in Süddeutschland
Der Süden Deutschlands mit dem Schwerpunkt Bodensee meldet einen vorläufigen Bestand von 108.000 t Äpfeln und verfehlt damit die Ergebnisse aus den beiden Vorjahren um 19 % bzw. 22 %. Das Manko sind kleinere Fruchtgrößen.

• Dies gilt insbesondere für die frühreifenden Sorten wie ‘Gala’. Hier beträgt das Minus sogar 34 %.
• Auch bei ‘Braeburn’ fehlen 20–30 % zu den Vorjahren.
• Die ‘Jonagold’-Gruppe ist mit 10.000 t vertreten. Das sind rund 5.000 t weniger als in Normaljahren, bedeutet aber immerhin eine bessere Warenversorgung als im Frühjahr/Sommer 2021.

Was tut sich im übrigen Europa?
Stand Mitte November fehlen noch die Lagermeldungen aus Polen, Frankreich und Belgien. Der übrige Meldekreis verfügt über 2,52 Mio. t Äpfel, damit „nur“ 50.000 t mehr als im Vorjahr. Daraus ergibt sich eigentlich eine gute Ausgangsposition für die kommenden Monate. Es wäre allerdings wichtig, dass der Konsum im EU-Binnenmarkt an Fahrt aufnimmt und sich der Mehrbestand nicht vergrößert. Mit einem starken Inlandsmarkt im Rücken sind die deutschen Marktbeteiligten optimistisch gestimmt.

Im Gegensatz dazu stehen Exportnationen wie Italien, Frankreich und besonders Polen, die mehr als 50 % ihrer Tafeläpfel in andere Länder verkaufen, unter Druck. Denn im EU-Binnenmarkt spielt die Regionalität eine entscheidende Rolle und schränkt damit die EU-internen Warenströme ein.

Außerhalb von Europa belasten die durch die Corona-Pandemie massiven Transportverzögerungen bei gleichzeitig deutlich höheren Kosten. Die Hauptsorte im globalen Wettbewerb ist ‘Gala’ – und gerade hier lagern u. a. in Italien Rekordbestände. Man kann nur hoffen, dass diese dann nicht zum Frühjahr in den deutschen Markt drücken.

Polen völlig von der Rolle
Völlig desolat ist die Marktlage in Polen. Die vorgeschätzte Erntemenge von 4,2 Mio. t dürfte zu schwach angesetzt sein und sich eher auf 4,5 Mio. t belaufen. Für Tafeläpfel aus Polen gibt es aber nur begrenzt Exportmöglichkeiten. Dabei ist besonders problematisch, dass Belarus als Drehscheibe für Re-Exporte nach Russland mit einem Volumen von 120.000 t durch die angespannte politische Situation wohl zusätzlich wegfallen dürfte. Der Industrie stehen somit 3 Mio.  t Mostäpfel zur Verfügung, deren Erzeugerpreise im Herbst bis auf 4,50/5,00 7/100 kg abrutschten. Dies beeinflusste die Preisgestaltung in Europa und natürlich auch in Deutschland.

Über den Autor

Helwig Schwartau, AMI, Großmarkt Hamburg, Zimmer 137, 20097 Hamburg, Tel.: 040 6505595-0, E-Mail: Helwig.Schwartau@AMI-informiert.de

News & Infos

News & Infos

150.000 t mehr EU-Äpfel

Auch im Jahr 2022 beeinflussen Wetterkapriolen die europäische Kernobsternte. Frühjahrsfr.ste und Trockenheit dezimieren das Angebot auf der iberischen Halbinsel sowie in Südosteuropa.

Helwig Schwartau
0
News & Infos

Nur Aktion bringt Satisfaktion!

Bundesweite Apfelverteilaktion am 24. September 2022: Werden Sie zu Botschaftern des deutschen Obstbaus!

Ferdinand Völzgen
0
News & Infos

Jubiläumstreffen des AK Steinobst in Weinsberg

Dass der Arbeitskreis Steinobst der älteste Arbeitskreis der Bundesfachgruppe Obstbau ist, zeigt sich eindrucksvoll an der Zahl vor dem Jubiläum:

Dr. Annette Urbanietz
0
News & Infos

Johannisbeeren und Stachelbeeren

Die Vermarktungssaison lief besser als erwartet

Fachgruppe OBSTBAU
0
News & Infos

Öffentlichkeitsarbeit als Betriebsleiter oder Berater

Die Ernte ist die Arbeitsspitze im Apfelproduktionsjahr und als Berater ist man immer gefordert.

Fachgruppe OBSTBAU
2931
News & Infos

Superfrucht Kiwibeere

Die stachelbeergroße Kiwibeere schmeckt süß-fruchtig und muss nicht geschält werden.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
5292
News & Infos

„Bei dieser Kultur gibt es nur Vollgas oder gar nicht“

Kiwibeeren sind Exoten und brauchen es deshalb schön warm?

Theresa Petsch
3713
News & Infos

Kiwibeeren: Anbauerfahrungen an der LWG Veitshöchheim

Seit über 20 Jahren laufen an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim Anbau- und Sortenversuche mit Kiwibeeren oder „Mini-Kiwi“ (Actinidia arguta).

Alexander Zimmermann
4266
News & Infos

Green Deal: Vorschläge der EU-Kommission für eine neue Pflanzenschutzverordnung (SUD)

Die EU-Kommission hat am 22. Juni 2022 einen Vorschlag für eine neue Pflanzenschutzverordnung vorgelegt (SUD), s. auch Pressemitteilung der Europäischen Kommission im Anhang.

Fachgruppe OBSTBAU
3139
News & Infos

Sortenbewertung Kirschen und Zwetschgen.

Die Schweizer Forschungsstation hat eine neues Heft mit aktuellen Sortenbewertungen von Kirschen und Zwetschen herausgegeben.

Fachgruppe OBSTBAU
2273
News & Infos

Markt- und Preisbericht Obst und Gemüse

Die BLE veröffentlicht wöchentlich eine Marktbeobachtung von Obst und Gemüse mit Beiträgen von den Großmärkten Frankfurt a.M., Hamburg, Köln, München und Berlin.

Fachgruppe OBSTBAU
2409
News & Infos

Lieferkettengesetz: Betroffenheit für KMU droht

(ZVG) Mit großer Sorge hat der Zentralverband Gartenbau e. V. (ZVG) die heutige Abstimmung im Bundesrat zur EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen, dem sogenannten Lieferkettengesetz, verfolgt.

Fachgruppe OBSTBAU
2177
Anzeige