Obstbau-Digitalisierungsprojekt SAMSON
Förderbescheid auf der Internationalen Grünen Woche überreicht
Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte Forschungsprojekt »Smarte Automatisierungssysteme und -services für den Obstanbau an der Niederelbe« (=SAMSON) wurde nun offiziell gestartet. Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, überreichte am 24. Januar 2023 den Projektpartnern den Bescheid für den Zukunftsbetrieb »SAMSON«.
Die Projektpartner kommen aus dem regionalen Netzwerk für angewandte Forschung und Entwicklung im Umfeld der Obstanbauregion Niederelbe:
- das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (Fraunhofer IFAM) – Außenstelle Stade – Automatisierung und Produktionstechnik, als Leiter und Koordinator des Verbundprojekts
- die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) mit dem Department Informatik sowie mit dem Forschungs- und Transferzentrum Smart Systems (FTZ SMSY),
- die hochschule 21 – Fachbereich Technik, Buxtehude, sowie
- die Technische Universität Hamburg (TU Hamburg) mit dem Institut für Technische Logistik.
Auf der Basis von umfangreicher Datenerfassung, -auswertung und -bereitstellung ist es Ziel des Projektes, den Obstbaubetrieben bedarfsgerechte digitale Tools und Automatisierungslösungen zur Verfügung zu stellen, um den Pflanzenschutz und die Bewässerung zu optimieren, sowie einen umfassenden Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis zu etablieren.
Aktuelle Herausforderungen
Die erfolgreiche Bewirtschaftung der Baumobst-Flächen wiederum basiert vor allem auf dem Expertenwissen und der langjährigen Erfahrung der Obstanbauenden bezüglich Bodenpflege, Baumschnitt sowie Blühverlauf und Vorjahresertrag etc.
Der Klimawandel, der durch vermehrt auftretende Extremwetterereignisse, wie z.B. extreme Trockenheit, überdurchschnittliche Sonneneinstrahlung, Hagel und späte Fröste immer präsenter wird, stellt eine ernst zu nehmende Bedrohung für das empfindliche Ökosystem dar.
Die Komplexität dieser Gesamtzusammenhänge lässt sich in der Bewirtschaftung der einzelnen Flächen – sowohl im Einzelbetrieb als auch im gesamten Anbaugebiet – von den Erzeugern und Beratern im Detail zunehmend schwieriger überblicken.
Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis
Das BMEL beabsichtigt, mit der »Richtlinie über die Förderung der Einrichtung von Experimentierfeldern als Zukunftsbetriebe und Zukunftsregionen der Digitalisierung in der Landwirtschaft sowie in vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten«, Ideen und Handlungsansätze für landwirtschaftliche, klimaeffiziente Zukunftsbetriebe und ländliche Zukunftsregionen zu identifizieren. Ziel ist es, die nachhaltige digitale Transformation im Agrarbereich voranzutreiben und die landwirtschaftlich geprägten ländlichen Räume zu stärken. Im Fokus stehen dabei Möglichkeiten, die sich aus der Verfügbarkeit von leistungsstarken Mobilfunknetzen ergeben. Die zu fördernden Vorhaben orientieren sich an den Bedarfen der Praxis, erproben bereits entwickelte digitale Anwendungen und sorgen für einen Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis vor Ort.
Ziel: Ressourcen einsparen
Das Vorhaben SAMSON will eine nachhaltige Einsparung von Ressourcen durch die saisonübergreifende Sammlung von Anbaudaten (Wachstum, Alternanz, Ernteergebnis, Wassereinsatz, Behandlungsmaßnahmen etc.) erreichen, um daraus datengestützte Einzelempfehlungen bis hin zum individuellen Obstbaum abzuleiten. Ein Schwerpunkt hierbei ist der gezieltere Einsatz von Pflanzenschutzmitteln: Moderne Sprühsysteme für Pflanzenschutzbehandlungen können zwar individuell die Sprühmuster auf Basis von 3D-Sensorik der Baum- und Kronenstruktur anpassen, berücksichtigen dabei jedoch lediglich den Status quo. Die optimale Entscheidung, ob ein spezifischer Baum mit einem Pflanzenschutzmittel behandelt werden muss, basiert im erwerbsmäßigen Obstanbau jedoch nicht auf Momentaufnahmen. Vielmehr werden zahlreiche Einflussfaktoren, wie z.B. Wetterverhältnisse und Schwere des akuten Krankheitszustands des Baums, aus den Wochen, Monaten und Jahren vor der eigentlichen Behandlung mit einbezogen.
Digitalisierung als Vorteil nutzen
Smarte Automatisierungs- und Assistenzsysteme, wie sie im Projekt SAMSON entwickelt werden sollen, können dazu beitragen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Wasser, Energie und arbeitsintensiven manuellen Tätigkeiten nachhaltig zu reduzieren und damit nicht nur die Umwelt zu schonen und die Betriebskosten zu senken, sondern gleichzeitig auch noch Ertrag und Qualität zu optimieren. Als Ergebnis soll es zu einer Steigerung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit sowohl in einzelnen Betrieben als auch in der gesamten Agrarregion kommen.
Die zu entwickelnden Automatisierungssysteme erfassen saisonübergreifende Kennzahlen über den Ertrag, die Qualität, die Anbaudaten und Behandlungsmaßnahmen über einen langen Zeithorizont und werten diese aus. Die ermittelten Daten und Ergebnisse stehen den Obstbaubetrieben interaktiv auf mobilen Endgeräten zur Verfügung.
Attraktivität von Berufen im Obstbau steigern
Die Einführung von solchen smarten Assistenzsysteme kann nicht nur die Attraktivität für den Beruf des klassischen Obstanbauers steigern, sondern auch neue Tätigkeitsfelder erschließen. Damit sollen die Chancen, dringend benötigte Fachkräfte für die Branche zu gewinnen und den Erhalt der Betriebe zu sichern, gesteigert werden.
Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen des Projekts SAMSON beispielsweise auch die lokalen Obstbau-Meisterschülerinnen und -Meisterschüler aktiv in die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten (FuE-Arbeiten) involviert: Sie stellen die im Rahmen der FuE-Aktivitäten entwickelten Technologiebausteine in konkreten Zukunftsprojekten auf den eigenen Obsthöfen hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit auf die Probe und bewerten dies anschließend gemeinsam mit den Forschenden.
Erheblicher Beitrag zum Umweltschutz erwartet
Bei der Übergabe des Förderbescheids für das Projekt SAMSON betonte der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir: „Das Projekt leistet mit dem optimierten und gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht nur einen erheblichen Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch zur EU-Strategie »Farm to Fork«, die darauf abzielt, das europäische Lebensmittelsystem in verschiedenen Dimensionen nachhaltiger zu gestalten“ und ergänzte: „Vor diesem Hintergrund ist SAMSON ein sehr gutes und spannendes Projekt, dessen Ergebnisse nicht nur lokal und regional, sondern auch international von großem Interesse sind.“
Die Teilprojekte im Einzelnen:
- Digitalisierungsstrategien und mobile Datennetze für zukunftsfähige Obsthöfe im Alten Land (alle Projektpartner)
- Die Fruchtwand als Wegbereiter zum digitalen und automatisierten Anbau (Fraunhofer IFAM)
- Holistische Datenmodelle von Obsthöfen im Alten Land (HAW Hamburg)
- Smartes und interaktives Hofmanagementsystem (Fraunhofer IFAM)
Optimierung von Pflanzenschutz und Bewässerung
- Vernetzte Wetterstationen als Datenquellen der Umgebungsfaktoren (Fraunhofer IFAM)
- Automatisierte Erfassung und Katalogisierung der Anbauflächen und -daten (Fraunhofer IFAM)
- Sensorsysteme zur Erfassung und Klassifizierung von Schadeinflüssen (HAW Hamburg)
- Datenbasierte Vorhersagemodelle für den optimierten Pflanzenschutz (HAW Hamburg)
- Automatisierte Wassermanagement- und Frostschutzsysteme (Fraunhofer IFAM)
- Module zur individuellen Behandlung von Pflanzen und Flächen (hochschule 21)
- Prädiktion der Apfelqualität in Relation zu Pflanzenschutz- und Anbaumaßnahmen (TU Hamburg)
Wissenstransfer in die Praxis
- Workshops mit lokalen Anbaubetrieben zum Austausch über Digitalisierungsstrategien (alle Projektpartner)
- Projektbezogener Internetauftritt und digitaler Marktplatz (TU Hamburg, Fraunhofer IFAM)
- Technologiedemonstrationen für die Praxis auf dem Experimentierfeld (alle Projektpartner)
- Zukunftsprojekte an berufsbildenden Schulen im Rahmen der Obstbau-Meisterausbildung (Fraunhofer IFAM)
- Evaluierungskonzepte (TU Hamburg)
Der Auftraggeber
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Forschungsprojekt »Smarte Automatisierungssysteme und -services für den Obstanbau an der Niederelbe« (»SAMSON«). Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die Laufzeit des Projekts beträgt drei Jahre und endet im Dezember 2025.
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