Mehrwertsteuer als Hebel für nachhaltige Ernährung?

Fachgruppe OBSTBAU
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Die Ernährungssysteme in Deutschland und Europa sind weder gesund noch nachhaltig. Es werden zu viele tierische und zu wenige pflanzliche Produkte konsumiert. In einer umfassenden Folgenabschätzung haben Forscher nun ermittelt, dass eine entsprechende Anpassung der Mehrwertsteuern der Gesundheit, der Umwelt und der Ökonomie zugutekommen würde.

Keine Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse, dafür erhöhte Mehrwertsteuern auf Fleisch und Milch: Das würde sich positiv auf ernährungsbedingte Krankheiten, Umwelt, Konsum und Steuereinnahmen auswirken. Denn Lebensmittelpreise beeinflussen unser Kaufverhalten. Zu diesem Ergebnis kamen nun Wissenschaftler unter der Federführung von Dr. Marco Springmann, Universität Oxford, und Dr. Florian Freund, Thünen-Institut für Marktanalyse.

Angepasste Mehrwertsteuern wären nach Ansicht der Wissenschaftler der richtige Schritt in Richtung eines nachhaltigeren Ernährungssystems. Denn durch geringere Steuern auf pflanzliche Produkte würden sich vor allem die Ernährung und die Gesundheit der Bevölkerung verbessern. Die Umwelt und die Steuereinnahmen würden hingegen besonders von höher besteuerten tierischen Produkten profitieren. „Lässt sich eine stärker zielgerichtete Steuer wie die CO2-Steuer nicht durchsetzen, könnte die Reform der Mehrwertsteuer eine einfache Möglichkeit sein, dennoch Ernährungssysteme nachhaltiger zu gestalten “, erklärte Dr. Marco Springmann bei der Vorstellung.

Die projizierten Folgen einer solchen Mehrwertsteueranpassung für Europa im Überblick:

  • Die Umweltauswirkungen würden um 6 % sinken. Deutschland beispielsweise würde etwa 10 Mio. Tonnen weniger Kohlendioxid ausstoßen – was in ungefähr den jährlichen Emissionen Lettlands entspricht.
  • Es gäbe es 330 ernährungsbedingte Todesfälle weniger pro Million Menschen. In Deutschland wären dies 20.000 Todesfälle weniger.
  • Die Steuereinnahmen würden um 46 Mrd. US-Dollar steigen. Das wären für Deutschland etwa 7 Mrd. US-Dollar.
  • Die Kosten für die Gesellschaft durch Krankheiten und Klimaschäden würden um 37 Mrd. US-Dollar sinken. Deutschland würde das einer Reduzierung von etwa 6 Mrd. US-Dollar entsprechen.

„Um Zielkonflikte zwischen Ökonomie, Umwelt und Gesundheit zu minimieren, sollte nach Möglichkeit die Mehrwertsteuer auf beide Produktgruppen angepasst werden“, erläuterte Dr. Florian Freund das Konzept.

Innerhalb Europas gibt es aktuell große Unterschiede bei der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Im europäischen Durchschnitt liegt der Mehrwertsteuersatz für Fleisch und Milch bei 8 % und für Obst und Gemüse bei 9 %. Aber während in Großbritannien kaum Steuern auf Lebensmittel erhoben werden, sind es in Dänemark 25 %. Mehr als die Hälfte der betrachteten Länder haben ähnlich hohe Steuern auf tierische wie auf pflanzliche Produkte. Mehr als ein Drittel der Länder erheben sogar deutlich höhere Steuersätze für pflanzliche Produkte.
Auch in Deutschland ist die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Nahrung mit knapp 9 % höher als für tierische Nahrungsmittel, die mit 7 % besteuert werden. Eine Reform der Mehrwertsteuer wurde in Deutschland auf politischer Ebene bereits diskutiert, fand aber bisher keine Zustimmung.

Die Originalveröffentlichung:
Marco Springmann, Eugenia Dinivitzer, Florian Freund, Jørgen Dejgård Jensen und Clara G Bouyssou: A reform of value-added taxes on foods can have health, environmental and economic benefits in Europe.
Veröffentlicht in der Zeitschrift Nature Food, DOI: 10.1038/s43016-024-01097-5.
De Artikel kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.nature.com/articles/s43016-024-01097-5

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Quelle: Thünen-Institut

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