Klimawandel im Fokus
Info-Veranstaltung des Kreisobstbauvereins Öhringen e.V. und des Obstbau Beratungsdienstes Hohenlohe-Neckar e.V.
Info-Veranstaltung des Kreisobstbauvereins Öhringen e.V. und des Obstbau Beratungsdienstes Hohenlohe-Neckar e.V.
Der KOV Öhringen e.V. und der Obstbau Beratungsdienst Hohenlohe-Neckar e.V. luden am 27. Juni 2024 zu ihrer jährlichen Info-Veranstaltung auf den Obstbaubetrieb Bauer in Öhringen-Untermaßholderbach ein.
Prof. Dr. Roland Weber, ESTEBURG Obstbauzentrum Jork, war eingeladen worden, um über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Obstbau zu informieren.
Besonders erfreulich war, dass neben Mitgliedern der beiden Vereine auch Thilo Michler, Oberbürgermeister von Öhringen und seine Klimaschutzmanagerin Sophie Strecker, Joachim Scholz, Bürgermeister von Schöntal, sowie weitere Vertreter aus Kommunalpolitik, Landesverwaltung und von der Bürgerinitiative Öhringen-Klimaneutral Interesse zeigten und an der Veranstaltung teilnahmen.
Frostschutz wird immer wichtiger
Prof. Weber belegte den fortschreitenden Klimawandel anhand von Fakten und Zahlen. „Seit längerem wird beobachtet, dass der durch den Klimawandel verursachte Temperaturanstieg umso höher ist, je weiter man nach Norden kommt“, erklärte er. Die durchschnittliche Temperatur habe sich in den letzten 50 Jahren im Alten Land um etwa 2 °C erhöht. Dieser Temperaturanstieg hat u. a. zur Folge, dass sich im gleichen Zeitraum der Beginn der Obstblüte um ca. 27 Tage nach vorne verschoben hat. Ähnliches gelte auch in Hohenlohe, während in Südtirol die Apfelblüte nur zwölf Tage früher beginnt. Prof. Weber gab jedoch zu bedenken, dass der Termin der letzte Spätfröste diesem Trend nicht in gleichem Maße gefolgt ist. Deshalb werden Frostschutzmaßnahmen im Obstbau immer wichtiger.
Die Infektionsgefahr steigt
Was noch bedenklicher ist: Pilzkrankheiten wie z. B. Schorf, aber auch zahlreiche Schädlinge haben mit diesem Trend nicht nur Schritt gehalten, sondern diesen sogar überholt. Die Folgen zeigten sich in den vergangenen Jahren durch starke Infektionen zu ungewöhnlich frühen Zeitpunkten. Mehr als 50 % der gesamten Pflanzenschutzanwendungen sind mittlerweile notwendig, um Schorfbefall zu verhindern, mit immer früheren und intensiveren Bekämpfungseinsätzen.
Um den Apfelschorf in den Griff zu bekommen, setze man insbesondere im Ökologischen Anbau auf die Züchtung resistenter Sorten. Allerdings gab der Pflanzenschutzexperte zu bedenken, dass die dadurch mögliche Einsparung an Pflanzenschutzmittelanwendungen auch die Ausbreitung anderer Pilzkrankheiten wie beispielsweise der Regenfleckenkrankheit zur Folge haben könne.
Zu wenig Mittel verfügbar
Prof. Weber machte deutlich, dass die aufgrund des Klimawandels steigenden Temperaturen und extremeren Witterungsereignisse Grund dafür sind, dass auch die Bedeutung von Schadinsekten im Obstbau zunimmt – und zwar nicht nur der etablierten Arten, es wandern auch neue (invasive) Arten ein. Dies führe zu einer Destabilisierung von natürlichen Regulierungsmechanismen mit der Konsequenz, dass der Einsatz von Insektiziden zum Schutz der Kulturen zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen wird. Als Beispiel nannte er den Apfelwickler, der bislang im Norden nur eine Generation ausgebildet hat. Im Extremsommer 2018 jedoch konnte im Alten Land erstmals eine komplette zweite Generation nachgewiesen werden.
Als katastrophal bezeichnete er in diesem Fall die aktuelle Zulassungssituation, die genau in die andere Richtung tendiert. So gebe es beispielsweise keine Mittel, die gegen die invasive Marmorierte Baumwanze wirken – und doch werde die Freisetzung der Samuraiwespe (anders als in unseren Nachbarländern) zu ihrer Bekämpfung nicht erlaubt – obwohl dieser Nützling vom Bodensee bis nach Hessen bereits im Freiland nachgewiesen werden konnte.
Artenschutz
Doch wie steht es im Obstbau in Sachen Biodiversität? Forschungsergebnisse an der ESTEBURG zur Artenvielfalt ließen die Obstbauern aus Hohenlohe und dem Neckarraum aufhorchen. Am Beispiel Libellen und Singvögel konnten die Wissenschaftler im Alten Land belegen, dass die Artenvielfalt im Baumobstbau höher ist als in den meisten anderen Formen der Landbewirtschaftung. Zurückzuführen sei dies auf die obstbauliche Bewirtschaftung an sich, die eine hohe Vielfalt der Lebensräume für die Tier- und Pflanzenarten bietet. „Wenn ein Schutz der Artenvielfalt also gewollt ist, müssen auch die Obstanlagen geschützt werden“, forderte er und machte deutlich, dass es mittlerweile klar sei, dass Verbote wichtiger Pflanzenschutzmittel die Artenvielfalt nicht erhöhen werden, sondern vielmehr wichtige Ökosysteme zerstören – dann nämlich, wenn dadurch der Fortbestand des Obstbaus gefährdet werde.
Bei einem kleinen Imbiss und interessanten Gesprächen klang die Veranstaltung aus.
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