Fairness in der Lebensmittellieferkette weiter stärken
Verbot unlauterer Handelspraktiken zeigt erste Wirkung – weitere Maßnahmen nötig
Das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG), das für mehr Fairness gerade für kleinere Betriebe in der Lebensmittelkette sorgen soll, zeigt Wirkung. Das ist das Ergebnis der Evaluierung des Gesetzes, die kürzlich dem Bundestag vorgelegt wurde. Die Verhandlungsposition der Lieferanten wurde durch die Verbote unlauterer Handelspraktiken im Gesetz deutlich gestärkt.
Vor allem bei verspäteten Kaufpreiszahlungen gibt es Besserung für kleinere Betriebe: Während 50 % der Lieferanten in den drei Jahren vor Inkrafttreten des Gesetzes durch verspätete Zahlungen belastet waren, sind es aktuell noch 31 %. Dr. Ophelia Nick, Parl. Staatssekretärin im BMEL, verdeutlicht: „Die Betriebe sollen auskömmlich wirtschaften können und für ihre Leistungen anständig bezahlt werden. Sie haben jedoch oft weniger Verhandlungsmacht und damit häufig das Nachsehen. Genau hier setzt das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG) an – und es trägt bereits Früchte. Die Evaluierung zeigt, dass Verträge zugunsten kleiner Erzeuger angepasst wurden und unlautere Praktiken zurückgegangen sind. Wir dürfen uns aber nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Evaluierung hat auch gezeigt, dass wir weitere Hebel im Gesetz brauchen, um die Fairness in der Wertschöpfungskette weiter zu stärken.“
Weiterer Handlungsbedarf
Die Evaluierungsergebnisse machen deutlich, wo noch Handlungsbedarf besteht. So müssen Ausweichbewegungen besser verhindert werden, mit denen verbotene Praktiken umgangen werden sollen. Problematische Praktiken wie beispielsweise unfaire Vereinbarungen zu Vertragsstrafen würden nach wie vor angewendet. Weiter, so der Bericht, dürften etablierte Geschäftsmodelle nicht erschwert werden, die allgemein als fair angesehen werden.
Thema: Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten
Der Bericht zur Evaluierung des AgrarOLkG hat auch das Verbot eines Einkaufs unterhalb der Produktionskosten geprüft. Die Evaluierungsergebnisse zeigen, dass ein solches Verbot mit erheblichen rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Der Bericht zeigt außerdem, dass sich der Anwendungsbereich des Gesetzes für Lieferanten bestimmter Produkte (wie Milch, Obst und Gemüse) mit Umsatzgrößen zwischen 350 Mio. und 4 Mrd. Euro bewährt hat.
Der Anwendungsbereich ist bislang bis zum 1. Mai 2025 befristetet. Auf Grundlage des Berichtes kann im Deutschen Bundestag nun über eine Verlängerung dieser Befristung beraten werden sowie über die Frage, ob ein Verbot des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten realisierbar ist.
Optionen für fairere Lieferbeziehungen
Das BMEL hat verkündet, dass es auch über das AgrarOLkG hinaus weitere Instrumente zur Stärkung der landwirtschaftlichen Erzeuger in der Lebensmittelwertschöpfungskette aufgreifen und ausbauen möchte. Um die vertraglichen Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien ausgewogener zu gestalten, wird beispielsweise die Anwendung des Art. 148 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) auf den Weg gebracht. Zudem wird geprüft, wie die Marktbeobachtung als Informationsgrundlage für unternehmerische Entscheidungen noch besser genutzt werden kann. Und nicht zuletzt will das BMEL die Branchenmitglieder auf bestehende Handlungsoptionen für fairere Lieferbeziehungen verstärkt aufmerksam machen – u. a. will das Ministerium über Möglichkeiten der Angebotsbündelung informieren sowie über die neue, mit Artikel 210a GMO geschaffene weitreichende kartellrechtliche Privilegierung für Nachhaltigkeitsinitiativen.
Hintergrund
Zwei Jahre nach Inkrafttreten des AgrarOLkG wurde nun evaluiert, wie die Verbote unlauterer Handelspraktiken wirken. Um Erkenntnisse aus erster Hand zu gewinnen, wurden dabei auch diejenigen befragt, die tagtäglich Lieferbeziehungen verhandeln: Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Die Evaluierung des AgrarOLkG wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter Beteiligung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durchgeführt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) brachte sich ergänzend ein.
Weitere Informationen:
Der komplette Evaluierungsbericht sowie weitere Informationen zum AgrarOLkG finden Sie unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Internationales/aussenwirtschaftspolitik/evaluierungsbericht-agrarolkg.html
Umfrage: Nehmen sie teil!
Die EU-Kommission führt jährlich Umfragen über die Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der EU- Richtlinie 2019/633 über unlautere Handelspraktiken getroffenen Maßnahmen durch. Diese Umfrage der Gemeinsamen Forschungsstelle und der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission wird in allen Mitgliedstaaten durchgeführt. Bei der Zielgruppe handelt es sich um die unter diese Richtlinie fallenden Lieferanten der verschiedenen Stufen der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette.
Die Teilnahme an der Umfrage ist bis zum 15. März 2024 möglich.
Hier der Link zur Umfrage:
https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/4th_UTP_survey
Die Beantwortung ist auch in Deutsch möglich.
Sobald die Umfrage abgeschlossen ist, werden die anonymisierten Ergebnisse unter der folgenden URL veröffentlicht: https://datam.jrc.ec.europa.eu/datam/mashup/FOODCHAIN_UTP_4/
Die Ergebnisse der Vorjahre finden Sie hier: https://datam.jrc.ec.europa.eu/datam/topic/UTP/
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