EU-Kommissionspräsidentin befürwortet Gespräche mit der Grünen Branche
Ursula von der Leyen war die Festrednerin beim Neujahrsempfang der IHK Stade.
Stade liegt bekanntlich im Alten Land und so nutzte Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau die Gelegenheit, sie anzusprechen.
Die Frankfurter Rundschau tönte reißerisch:
„Im Zuge der Bauernproteste wollen Landwirte einen Besuch von Ursula von der Leyen stören. Auf Telegram machten Landwirte in der Region mobil, die Veranstaltung „zahlreich“ zu besuchen. Die Ansage in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Telegram-Gruppe lautete: Da schicken wir Bauern hin.“
Dabei war es eigentlich ein Zufall, dass der Neujahrsempfang, zu dem sie als Festrednerin geladen war, gerade in die Startphase der Protestwoche Anfang Januar fiel und die Zufahrt zum Veranstaltungsort Stadeum zeitweise mit Treckern komplett blockiert war. Die Obstbauern, Landfrauen und Landwirte nutzten jedenfalls die Chance und verteilten vor dem von der Bereitschaftspolizei gesicherten Parkplatz Äpfel, Info-Flyer und Karten zur Webseite „www.regional-klimaneutral.info“ an die 900 IHK-Gäste.
Fünf Minuten
Im Foyer des Stadeums hatte der EU-Abgeordnete und frühere niedersächsische Ministerpräsident David McAllister einer kleinen Obstbauern-Delegation sogar ein kurzes Treffen mit der EU-Kommissionspräsidentin im Vorfeld des Empfangs vermittelt. Fünf Minuten Zeit, in denen ihr der Bundesvorsitzende Jens Stechmann gemeinsam mit Karsten Palm und Jochen Feindt, Landesfachgruppe Obstbau, sowie Anna zum Felde, AJON, einen Korb mit Äpfeln überreichte und kurz und knapp die wichtigsten berufsständischen Belange ansprechen konnte.
Ursula von der Leyen bekräftigte die Kernbotschaft aus ihrer Grundsatzrede zur Lage der Europäischen Union vom 13. September 2023, in der sie einen „strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU“ für das Jahr 2024 angekündigt hatte. Und sie versicherte Jens Stechmann und den jungen Obstbauern von der Niederelbe, dass sie in der kommenden Legislaturperiode auf einen Dialog mit der Landwirtschaft – und auch mit den Obstbauern – setzen will, um gemeinsam eine Landwirtschaftspolitik zu entwickeln, die den Belangen der EU-Bürger ebenso gerecht wird wie denen der Produzenten.
Produktion „im Einklang mit der Natur“
Nachdem im EU-Parlament der Vorschlag der Kommission für eine EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) gescheitert ist, will Ursula von der Leyen mit ihrem Agrar-Dialog einen Neustart wagen. Mit Jens Stechmann war sie sich einig, dass allen Beteiligten mehr Dialog und weniger Polarisierung gut zu Gesicht stehen würden. Die Kommissionspräsidentin stellte im Gespräch klar, dass Naturschutz und Landwirtschaft für sie keine Gegensätze darstellen. Und dass der Obstbau einen wichtigen Beitrag leisten könne bei dem von ihr anvisierten Ziel „Ernährungssicherung im Einklang mit der Natur“. Denn nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sei klar, dass eine sichere Selbstversorgung mit Lebensmitteln nicht selbstverständlich, aber wünschenswert sei.
Wettbewerbsverzerrungen abbauen
Jens Stechmann stimmte ihr zu, dass der Obstbau einen wichtigen Beitrag im Rahmen dieser Neuausrichtung leisten könnte: Die Artenvielfalt in den Obstanlagen ist hoch – höher als in allen anderen landwirtschaftlichen Anbaustrukturen – und mit dem Verzehr heimischer Produkte können die Verbraucher ganz unkompliziert ihren ganz eigenen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Er erinnerte in dem Zusammenhang aber daran, dass eine heimische Produktion nur dann erhalten werden könne, wenn die aktuellen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU abgebaut werden, dies gelte z. B. für die Pflanzenschutzmittelzulassung, die Förderung einer Mehrgefahrenversicherung gegen Hagel, Sturm, Starkregen und Spätfrost, oder auch beim Festlegen des Mindestlohns.
Das Ziel: Konstruktiver Dialog
Auch in ihrer Festrede auf dem IHK-Empfang ging Ursula von der Leyen spontan auf die Bauernproteste ein und erinnerte daran, dass ja ein Drittel des EU-Gesamtetats in die Landwirtschaft fließt. Schon allein deshalb sei ein strategischer Dialog mit der Landwirtschaft notwendig, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Konstruktiver Dialog – auch mit den protestierenden Landwirten – sei „das Herz der Demokratie“, betonte sie und lobte die Landwirtschaft sogar als „die besten Botschafter für Naturschutz“.
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