Der Bundesrat stimmt neuem Düngegesetz nicht zu
Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 5. Juli 2024 dem zweiten Gesetz zur Änderung des Düngegesetzes die Zustimmung verweigert.
Das Gesetz sollte unter anderem die Grundlagen für die Nährstoffbilanzverordnung und die Monitoringverordnung bilden. Durch erstere sollte die Nährstoffbilanz landwirtschaftlicher Betriebe verbessert werden, indem diese ihre Nährstoffverwendung dokumentieren, um künftig nachhaltiger und effizienter zu düngen. Durch das Monitoring wollte die Bundesregierung überprüfen, wie wirksam die geltenden Düngeregeln sind. Ziel des Gesetzes war es auch, die hohe Nitratbelastung deutscher Gewässer zu senken, wie von der EU-Kommission und dem Europäischen Gerichtshof wiederholt gefordert. Zudem sollte durch Umsetzung der EU-Düngeprodukteverordnung gewährleistet werden, dass nur sichere und wirksame Dünger aus der EU auf den europäischen Markt gelangen.
Die Bundesregierung oder der Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über Kompromisse zum Düngegesetz zu verhandeln.
Gesetzesnovelle nicht praxistauglich
Der Bundesausschuss Obst und Gemüse (BOG) begrüßt die Entscheidung des Bundesrates und fordert nun darauf zu drängen, die Stoffstrombilanz ersatzlos zu streichen.
Auch der Zentralverband Gartenbau (ZVG) zeigt sich erleichtert über die Ablehnung der Novelle des Düngegesetztes im Bundesrat. Gemeinsam mit dem BOG hatte der Verband im Vorfeld wiederholt darauf hingewiesen, dass die Stoffstrombilanz in der derzeitigen Form den laufenden Strukturwandel weiter befeuern würde. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses biete nun die Chance, gemeinsam Lösungen für den Gewässerschutz und Gartenbau in Einklang zu bringen. Christian Ufen, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Gemüsebau, erinnerte daran, dass die nötigen Daten nicht per se in den Betrieben vorliegen, sondern erst aufwendig und kleinteilig erfasst werden müssten. Das hätte insbesondere die vielfältig aufgestellten Gemüsebaubetriebe niemals stemmen können. Eine Ablehnung der Gesetzesnovelle bedeute als nicht, dass sich die Branche dem Ansinnen des Umwelt- und Gewässerschutzes verschließe – aber die dort vorgesehenen Regelungen seien einfach nicht praxistauglich.
Mangelndes, bundesfachministerielles Fingerspitzengefühl
Dass die damit verbundene Bürokratiezunahme bei der Düngung vorerst gestoppt ist, darüber zeigte sich auch der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) erleichtert. Für RLV-Präsident Bernhard Conzen bleibe es derweil unverständlich, wieso das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beim Wirkungsmonitoring als auch bei der Stoffstrombilanz über die Vorgaben der EU-Kommission hinausgegangen sei. Dies zeige ein mangelndes, bundesfachministerielles Fingerspitzengefühl gegenüber dem Berufsstand. „Dieses Bürokratiemonster würde unsere Erzeuger weiter an die Schreibtische binden – ohne konkreten Mehrwert. Hier müssen konstruktive Lösungswege für betroffene Betriebe angeboten werden“, forderte er.
Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet
Auch der Industrieverband Agrar (IVA) wies in seiner Kommentierung darauf hin, dass die geplante Gesetzesnovelle deutlich über die Vorgaben der Europäischen Kommission hinausgegangen wäre, die im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens wegen Nicht-Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie gemacht wurden. Dr. Theresa Krato, Fachgebietsleiterin Pflanzenernährung im IVA, stellte klar, dass das vom BMEL erarbeitete neue Düngegesetz die großen Zukunftsfragen für eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Regulierung nicht beantworte. Denn ein modernes Düngerecht müsse auch regeln, wie in den sog. „roten Gebieten“ bedarfsgerecht gedüngt werden könne. Und es müsse Anreize setzen, um die Potenziale moderner Düngemittel und einer präziseren Ausbringungstechnik sinnvoll auszunutzen und gleichzeitig die ambitionierten Klimaziele einzuhalten.
Stärkung des Verursacherprinzips ausgebremst
Das Bundeslandwirtschaftsministerium ist sich indes keiner Schuld bewusst. Für die „Macher“ der Gesetzesnovelle bedeutet die Ablehnung im Bundesrat, dass der Weg zu einer Stärkung des Verursacherprinzips vorerst versperrt bleibe. Denn das neue Düngegesetz sei so konzipiert worden, dass vor allem die Betriebe in die Verantwortung genommen werden, die mit einer übermäßigen Düngung zu einer erhöhten Nitratbelastung des Grundwassers beitragen; dies gelte insbesondere für Regionen mit viel Tierhaltung oder viel Gemüseanbau.
Nach der Ablehnung müssten die Bundesländer nun auch so ehrlich sein, und der Landwirtschaft sagen, dass man kein Verursacherprinzip wolle. Mit der Neufassung des Düngegesetzes wolle das BMEL die Grundlage dafür schaffen, dass in Regionen mit hoher Nitratbelastung im Grundwasser alle landwirtschaftlichen Betriebe zusätzlich bestimmte Bedingungen einhalten und weniger düngen – das sollte allerdings auch für Betriebe gelten, die bereits nachhaltig und ressourcenschonend arbeiten.
Datengrundlagen fehlen
„Die Landwirtschaft braucht gute Rahmenbedingungen, mit denen sie gut wirtschaften kann. Wir werden die nächsten Schritte nun genau prüfen, damit unsere Landwirte trotzdem möglichst schnell verlässlich planen können“, verkündete Minister Özdemir. Er kritisierte, dass durch die Ablehnung des Düngegesetzes nun die von der EU-Kommission geforderten Datengrundlagen nicht zusammengetragen werden könnten. Es bestehe somit die Gefahr, dass die EU-Kommission erneut ein Vertragsverletzungsverfahren eröffne. Das BMEL wies außerdem darauf hin, dass die ebenfalls vom Bundesrat abgelehnte Umsetzung der EU-Düngeprodukteverordnung genauso zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen könne, da ohne Düngegesetz Verstöße gegen diese Verordnung nicht mit Bußgeldern geahndet werden können. Denn gemeinsam mit der Nährstoffbilanzverordnung wurde eine neue, bürokratiearme und verlässliche Bilanzierungsregeln erarbeitet, die auch den Betrieben beim eigenen Düngecontrolling helfen sollte.
Die Verordnungsermächtigungen zur Einführung einer Monitoringverordnung sollte eine Datengrundlage dafür schaffen, dass in Gebieten mit hoher Nitratbelastung, differenzierte Maßnahmen eingeführt werden könnten. Und mit der Ermächtigung zur Optimierung der Stoffstrom-/Nährstoffbilanzverordnung (StoffBilV) wollte das Ministerium eine weitere Datenquelle schaffen, um „im Sinne der Landwirtschaft erfolgreich mit der EU-Kommission verhandeln zu können“.
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