Aufstand der Agrarwirtschaft
Zusätzliche Belastungen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr haben das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht
Die Streichung der Agrardieselrückvergütung und der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Kfz belasten die grüne Branche und auch den Obstbau überproportional. Unter dem Motto "Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!" fand deshalb am 18.12.2023 eine Großdemonstration der deutschen Landwirtschaft vor dem Brandenburger Tor in Berlin statt. Zu der Demonstration hat der Bauernverband bundesweit auch über seine Landesbauernverbände aufgerufen. Mehr als 5.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland waren dem Aufruf nach Berlin gefolgt – darunter auch zahlreiche Obstbauern.
Die gesamte Agrarwirtschaft war aufgerufen, in Traktor-Korsos aus verschiedenen Richtungen nach Berlin zu fahren. Und so fuhren mehr als 1.500 Traktoren auf der Straße des 17. Juni in Richtung Brandenburger Tor und lösten erhebliche Verkehrsbehinderungen aus. Nicht alle Fahrzeuge schafften es bis zum Brandenburger Tor, wo Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied in einer fulminanten Rede Klartext redete: „Es reicht! Zu viel ist zu viel!“
Zusätzliche Belastungen von rund einer Milliarde Euro
Nachdrücklich aber sachlich wies er auf die enormen Kostensteigerungen hin, die in den letzten beiden Jahren die Nahrungsmittelproduktion in Deutschland massiv verteuert haben. Die Kürzungen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer bedeuten für die Bauern zusätzliche Belastungen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr - das habe das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Der DBV-Präsident machte deutlich, dass Deutschland noch nie so hohe Steuereinnahmen hatte wie aktuell – deshalb gebe es auch kein Problem mit den Einnahmen des Staates, wohl aber mit der Verteilung der Ausgaben. Joachim Rukwied stellte die Forderung auf, dass deutsches Steuergeld nicht weiterhin breitwürfig in andere Länder verschenkt werden dürfe sondern vielmehr dafür verwendet werden müsse, den Menschen, die hier leben, eine Zukunft zu bieten.
Kein Interesse an heimischer Produktion?
„Wir versorgen die Bevölkerung mit hochwertigen heimischen Lebensmitteln. Wird das ganz vergessen?“, erinnerte er. „Die Bundesregierung scheint gar kein Interesse an einer sicheren Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln zu haben – und ebenso wenig scheint sie an einer Zukunftssicherung der Betriebe interessiert.“ Deshalb forderte der DBV-Präsident eine politische Neuausrichtung hin zu einer Politik, die sich wieder den Menschen zuwendet, die im Land arbeiten und ihnen Perspektiven aufzeigt. „Es geht um die Zukunft unserer Kinder und Enkel“, mahnte er. „Wir müssen nach vorne blicken und unserer hoch motivierten und top ausgebildeten Jugend eine verlässliche Perspektive bieten - damit unsere Betriebe in die Zukunft investieren können.“
Der DBV-Präsident machte unmissverständlich klar: Die aktuelle Bunderegierung hat es bislang nicht geschafft, die wichtigen agrarstrukurellen Herausforderungen anzugehen und den deutschen Landwirten Produktionssicherheit zu bieten. Stattdessen steigen die Produktionskosten kontinuierlich und drängen immer mehr Produzenten in den wirtschaftlichen Ruin. Er erklärte: „Wenn unsere Forderungen nach einer Rücknahme der Beschlüsse nicht umgesetzt werden, wird die Bundesregierung ab dem 8. Januar 2024 einen heißen Winter erleben!
Will die Bundesregierung einen Heißen Winter?
Gerichtet an Cem Özdemir sprach er dem einzigen verantwortlichen Minister auf dieser Kundgebung seinen ausdrücklichen Respekt dafür aus, dass er sich den Bauern und Bäuerinnen persönlich stellt. Und er forderte von den Kundgebungsteilnehmern den gleichen Respekt ein. Joachim Rukwied stellte dabei klar, dass er wisse, dass Minister Özdemir sich im Kabinett gegen die geplanten Kürzungen ausgesprochen habe. Und er erwarte von einem Landwirtschaftsminister, dass er sich mit ganzer Kraft für die Bauernfamilien und den ländlichen Raum einsetze – und im Notfall auch sein Amt zur Verfügung stelle, wenn der Rest der Regierung ihm nicht zuhört.
Gemeinsam an Lösungen arbeiten
Cem Özdemir, der den Reden aufmerksam zugehört hatte, machte deutlich, dass er sehr viele gute Argumente für eine Beibehaltung von Agrardieselförderung und Kfz-Steuerbefreiung gehört habe. Und er verstehe, warum die Landwirtschaft so wütend auch auf die Bundesregierung sei. Er selber halte nichts von den geplanten Streichungen und habe das Kabinett vor den Folgen dieser Maßnahmen gewarnt. Er wisse, dass der Wegfall dieser Steuererleichterungen den Berufsstand viel stärker trifft als andere Branchen - klaffe doch die Wertschöpfung zwischen Land und Stadt immer weiter auseinander. Ziel müsse es nun sein, die anderen Kabinettsmitglieder zu überzeugen und gemeinsam eine gute Lösung finden.
Was er noch sagte bzw. sagen wollte, ging leider aufgrund der ständigen Zwischenrufe „Ampel weg“ unter. Joachim Rukwied versuchte vergeblich, diese lautstarken Kundgebungsteilnehmer dazu aufzufordern, Respekt zu zeigen und dem Minister zuzuhören. Aber offensichtlich wollten sie gar nicht hören, was er zu sagen hatte und ob er Lösungen anbieten konnte – zu aufgeheizt war die Stimmung.
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