Zunächst herzlichen Glückwunsch an Hubert Bernhard aus Kressbronn für das im Titelbild der Oktober-Ausgabe von OBSTBAU dargestellte kulturtechnische Ergebnis seiner Pflanzung aus dem Frühjahr 2024 mit Bäumen der Apfelsorte Rockit®. 18 Monate nach der Pflanzung einen solchen Ertrag zu erzielen, ist außergewöhnlich und gelingt nur mit bestem Pflanzmaterial, optimalen Standort- und Witterungsbedingungen sowie exzellenter Kulturführung. Interessant ist die Erziehungsform im Spalier als Fächer. Ziel ist eine Apfelertragsanlage mit maximaler Eignung zur Mechanisierung aller Kulturarbeiten.
Dieser Ansatz ist sicher zukunftsweisend. Mit einem sehr kritischen Kommentar einer erfahrenen und geschätzten Steuerberaterin aus dem Alten Land sind wir kürzlich darauf hingewiesen worden, dass uns das Zukunftsweisende häufiger fehlt und wir mehr Perspektiven aufzeigen sollten. Konkret sagte sie: „Ihr dürft euch nicht wundern, dass euch Betriebsnachfolger fehlen, wenn ihr am Küchentisch immer nur klagt…“. Da ist was dran. Wir haben schließlich einen der sinnvollsten, nachhaltigsten und schönsten Berufe überhaupt! Und bezüglich Boden, Klima, Infrastruktur, Qualifikation und Marktnähe wirtschaften wir auf einem Gunststandort, um den uns Mitbewerber beneiden.
Trotzdem fällt diese Zuversicht oft schwer. Im Vergleich zu den Mitbewerbern in unseren Nachbarländern haben wir deutlich höhere Lohnkosten und es stehen uns weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Aber: Die Älteren von uns haben, genau wie unsere Vorgängergenerationen, erlebt und bewiesen, dass Krisen und schwierige Bedingungen mit den richtigen betrieblichen Anpassungen und persönlichem Einsatz auch bewältigt werden können. Auf unseren Seminaren in Grünberg möchten wir dazu Impulse geben und eine Plattform für einen kollegialen Austausch bieten. Bitte schauen Sie sich unsere Programme für das Beerenobst-Seminar I und die Grünberger Obstbautage auf www.obstbau.org in der Rubrik Seminare einmal an! Speziell mit jungen Obstbauern wollen wir außerdem am 25. und 26. November in Grünberg Perspektiven für unseren tollen Beruf diskutieren.
Als Ihre berufsständische Vertretung ist es unsere Aufgabe, auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen einzuwirken. Für die nun vom Kabinett beschlossene Erhöhung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro und ab dem 1. Januar 2027 14,60 Euro je Zeitstunde fordern wir deshalb weiterhin eine Ausnahme für kurzfristig Beschäftigte, d. h. ein vorläufiges Einfrieren auf den aktuell gültigen Mindestlohn von 12,82 Euro. Außerdem brauchen wir dringend eine Rechtssicherheit bei der sozialversicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung, d. h. die Streichung der fehlenden Berufsmäßigkeit als Voraussetzung bei einer versicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung. Die laufende Apfelernte bestätigt die Erfahrungen vieler Erdbeerproduzenten bezüglich der Notwendigkeit, Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu gewinnen. Dafür benötigen wir die Entbürokratisierung und Erweiterung der kurzeitigen kontingentierten Beschäftigung nach §15d BschV auf Erntetätigkeiten.
Diese Forderungen stellen wir mit der Zuversicht, bei Politik und Behörden Gehör zu finden. Ihnen wünschen wir die gleiche Zuversicht bei der Leitung und Gestaltung Ihrer Betriebe!
Gestatten Sie uns den Hinweis: Zuversicht ist eine Einstellungssache und eine innere Überzeugung – die sich z. B. in der Bayernstube in Grünberg trainieren lässt – und die uns unsere Vorgänger erfolgreich vorgelebt haben. In Verantwortung für die kommenden Generationen gilt: Zuversicht ist Pflicht!
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
In diesen Tagen, Anfang Oktober 2022, entscheiden Apfelerzeuger, ob sie ihre Bäume weiter beernten oder die aufwendig produzierten Früchte einfach hängen lassen.
Auch wenn der Start der Weichobsternte mit den Erdbeeren insbesondere im Süden mehr als enttäuschend verlief, konnten im weiteren Verlauf der Erdbeer-, Kirsch- und auch der Heidelbeerernte die hervorragenden Mengen und Qualitäten etwas über die explodierenden Produktionskosten, die einbrechenden Preise und die Kaufzurückhaltung unserer Kunden hinweghelfen.
Mit gemischten Gefühlen sind wir beide am 12. Januar 2022 in die Schwerpunktveranstaltung der Delegiertentagung zur Vorstellung und Diskussion des Nachhaltigkeitsprojektes IP 2030 gegangen.
Die durch die neue Bundesregierung geplante erhebliche Erhöhung des Mindestlohns sowie die in den vergangenen Monaten zu verzeichnende massive Steigerung auch anderer Produktionskosten bleiben die beherrschenden Themen auf den Betrieben in diesem noch jungen Jahr 2022.