Wo Aggression und Resignation aufeinander treffen

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2876

Große Enttäuschung, aufkommende Verzweiflung und endloser Frust – dies sind Reaktionen vieler Kolleginnen und Kollegen auf die bürokratischen Anforderungen des Mindestlohngesetzes.

Wo immer es gerade Winterveranstaltungen, Sitzungen, Messen und Seminare gibt, ist der Mindestlohn Topthema. Und es kommt zu wüsten Schimpftiraden auf die Politik.

Der Mindestlohn wird zu tiefgreifenden Veränderungen in unserer Branche führen. Marktpotenziale gehen aufgrund des stärker werdenden Wettbewerbsdruck verloren und der Strukturwandel wird angeheizt. All dies wird dann Arbeitsplätze kosten und negative Auswirkungen auf die Entwicklungen der ländlichen Räume und auch der Kulturlandschaft haben.

Die praktische Umsetzung des Mindestlohngesetzes ist es, die uns am gesunden Menschenverstand der Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung zweifeln lässt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ignoriert die besonderen Belange der Saisonarbeit völlig und spielt durch die Erschaffung eines bürokratischen Monsters mit der Zukunft und der Vielfalt des deutschen Obstbaus. Denn je mehr der Gesetzgeber reguliert, desto mehr muss in den Betrieben dokumentiert und kontrolliert werden. So wächst nicht die Wirtschaft, sondern nur die Bürokratie.

Für die Umsetzung in der Praxis müssen umgehend weitreichende Erleichterungen geschaffen werden. Unsere Familienbetriebe können den geforderten Dokumentations- und Kontrollaufwand so nicht leisten. Der soziale Frieden in den Betrieben steht auf dem Spiel.

Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Folgende Korrekturen müssen umgehend erfolgen und nicht erst in einem halben Jahr, wie es die Politik in Aussicht stellt:

• Nach dem Mindestlohngesetz ist der Lohn spätestens am Ende des Folgemonats zu zahlen. Saisonarbeitskräfte wollen Ihren Lohn zumeist am Beschäftigungsende bekommen, weil sie keine Möglichkeit der sicheren Aufbewahrung haben. Deshalb muss der Zoll eine Auszahlung am Beschäftigungsende akzeptieren.

• Nach Auffassung des Bundesarbeitsministeriums unterliegen wir den Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und nicht dem Mindestlohngesetz, da ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Nach unserer Auffassung ist das Gegenteil richtig und dies würde zu deutlichen Erleichterungen führen.

• Durch die Anwendung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gelten besondere Aufzeichnungspflichten. Für alle Arbeitskräfte ist der Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit innerhalb von sieben Tagen zu dokumentieren. Bei Anwendung der Regelungen des Mindestlohngesetzes wären ausschließlich die geringfügig Beschäftigten betroffen. Grundsätzlich ist aber nicht akzeptabel, dass kurzfristig Beschäftigte auch von der Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz erfasst werden. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.

• Auch bei der Berücksichtigung von Kost und Logis ergeben sich durch die Anwendung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gegenüber dem Mindestlohngesetz unnötige und inakzeptable Verschärfungen. Bei der Anwendung des Mindestlohngesetzes ist für Saisonarbeitskräfte eine einfache Anrechnung von Kost und Logis auf den Mindestlohn möglich, bei Anwendung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ist nur eine bürokratisch aufwendigere Aufrechnung vorgesehen.

Wir erwarten ein Umdenken und schnelles Einlenken der Politik, denn wer einen Fehler begangen hat und ihn nicht korrigiert, begeht gleich einen weiteren Fehler.

Und vom Handel verlangen wir ein klares Bekenntnis zur deutschen Produktion. Deutsches Obst garantiert Qualität und Regionalität und obendrauf auch Sozialstandards und nun auch den Mindestlohn. Hiermit setzen wir uns deutlich vom Wettbewerb ab.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – Wie geht es nun weiter?

Über mehrere Jahre hinweg haben wir uns in zahlreichen Diskussionen und Stellungnahmen in die Ausgestaltung des NAP eingebracht. Am 10. April hat die Bundesregierung ihn nun endgültig verabschiedet.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2856
Editorials

Wie ist die Lage in Sachen Feuerbrand?

Trotz umfangreicher Forschungsaktivitäten haben wir bis heute keine durchgreifenden Bekämpfungsverfahren, die ohne antibiotikahaltige Mittel auskommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2815
Editorials

Sicherheit, Transparenz, Kontrolle und Qualität oder was hat Pferdefleisch mit dem Obstbau zu tun?

Das Jahr ist noch jung und schon erleben wir einen neuen Skandal um falsch ausgezeichnete Lebensmittel. Wegen des Pferdefleisch-Skandals wurden in Deutschland bereits mehrere Produkte aus dem Handel genommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2854
Editorials

Was erwartet uns in diesem Jahr?

Auf Bundesebene sind bereits alle Weichen in Richtung Bundestagswahl im September gestellt. Nach der Landtagswahl in Niedersachsen stehen in diesem Jahr noch die Wahlen in Bayern und Hessen an. In Niedersachsen kommt es zu einem Regierungswechsel, mit Folgen für die Bundespolitik.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2887
Editorials

Prosit Neujahr mit alten Themen und neuen Aufgaben

Ein anstrengendes Jahr 2012 liegt hinter uns. Obwohl wir in Gemeinsamkeit mit anderen Verbänden der grünen Branche viel erreichen konnten, erwarten uns in diesem Jahr noch viele nicht abgeschlossene Baustellen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2990
Editorials

Neue Versicherungssteuer - geht doch

Für uns völlig unverständlich plant die Bundesregierung die gesetzliche Festschreibung eines Versicherungssteuersatzes für Mehrgefahrenversicherungenvon 19 Prozent des Versicherungsbetrages.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2975
Editorials

Nachhaltige Produktion von gesundem Obst in Mitteleuropa gefährdet

Anlässlich der 21. Bundesarbeitstagung für Pflanzenschutzberaterin Grünberg

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3033
Editorials

Fachkräftemangel – ein Problem für den Obstbau?

Finden wir für unsere Betriebe noch genügend qualifiziertes Personal? Welche Ansprüche stellt der Obstbau heute und in Zukunft an Fachkräfte? Droht dem deutschen Obstbau der personelle Notstand? Oder reden wir nur von einem Mangel an günstigen und hochflexiblen Arbeitskräften?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3159
Anzeige