Wir müssen nicht groß drum herum reden…

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2751

…bringen wir es auf den Punkt: „Die derzeitigen und kurzfristig schon absehbaren Rahmenbedingungen für den deutschen Obstbau trüben unsere Stimmung.“

Und auch diese Formulierung ist lange nicht in der Schärfe gewählt, mit der aktuell diskutiert wird. Das Jahr 2014 wird uns allen wohl nicht in bester Erinnerung bleiben.

Schon im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2009 stand die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes ganz oben auf der Agenda, vor allem bei der SPD. Und nach dem Wahlergebnis 2013 im Bund war dann schnell klar, dass ein Mindestlohn kommen wird. Die dann im Koalitionsvertrag formulierte Absichtserklärung, die besonderen Belange der Saisonarbeit bei Einführung eines Mindestlohnes berücksichtigen zu wollen, verbuchten wir und alle anderen Verbände der Landwirtschaft und des Gartenbaus zunächst als Erfolg. Schließlich haben wir über Jahre hinweg auf die negativen Konsequenzen einer gesetzlichen Lohnfindung für Saisonarbeitskräfte hingewiesen. Bundesministerin Nahles hat das Mindestlohngesetz jedoch mit Rückendeckung der Parteivorsitzenden Merkel, Gabriel und Seehofer und ohne jede Berücksichtigung unserer Belange durchbringen können. Ja, es hat politische Mandatsträger gebeten, die uns ihre Unterstützung in den Diskussionen um die Einführung einer Ausnahmeregelung für die Saisonarbeit zugesichert haben. Und doch haben im Bundestag nur fünf Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf gestimmt – eine bittere Enttäuschung für uns. Es ist uns auch nicht gelungen, Allianzen mit den Gemüse- oder Weinbauern zu schmieden, so dass wir allein auf breiter Front agierten. Trotz unermüdlicher Arbeit haben wir nur wenig erreicht, denn die im politischen Raum als Erfolg für die Belange der Saisonarbeit verkauften Ausnahmeregelungen sind nur ein schlechter Witz und ein Schlag ins Gesicht eines jeden Obstbauern. Der Mindestlohn ist und bleibt ein Damoklesschwert und die Suche nach Entschärfungsmöglichkeiten wird eine der Kernaufgaben für uns in den nächsten Jahren sein.

Mit großer Sorge und zum Teil auch ängstlich beobachten wir die Kirschessigfliege. Wir kennen diesen Schädling seit 2011 und das Jahr 2014 kann als erstes „Kirschessigfliegen-Jahr“ in Deutschland bezeichnet werden. Betroffen waren Himbeeren, Brombeeren, Kirschen, Pflaumen, Holunder, remontierende Erdbeeren und auch der Weinbau. Um der Fliege Herr zu werden, brauchen wir eine umfassende Bekämpfungsstrategie, die sich nicht nur auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stützen kann. Auch auf unser Drängen hin hat Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hierzu einen Runden Tisch von BMEL, BVL, JKI, BfR, den Pflanzenschutzdiensten der Länder, der chemischen Industrie sowie Obstbau und Weinbau einberufen. Kurzfristig benötigen wir für 2015 die Zulassung unter anderem von Spinosad, zur Resistenzvermeidung sind aber auch weitere Wirkstoffe notwendig. Entsprechende Anträge auf Notfallzulassungen hat die Fachgruppe Obstbau bereits gestellt. Unser Landwirtschaftsministerium hat weitere Forschungsmittel zugesagt. Wir müssen nun aktiv daran mitwirken, dass die Gelder zielgerichtet eingesetzt werden.

Die Zulassungssituation für Pflanzenschutzmittel in Deutschland verschlechtert sich weiterhin. Die Industrie stellt weniger Anträge auf reguläre Zulassungen in den Sonderkulturen, dadurch werden mehr Zulassungserweiterungen erforderlich. Insbesondere Zulassungen von Insektiziden und Fungiziden werden in der Zukunft schwieriger. Eine vergleichbare Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln in der EU liegt nach wie vor in weiter Ferne. Es gibt vielfältige Anstrengungen, die auch von deutscher Seite auf europäischer Ebene unternommen werden, um die Verfahren zu beschleunigen. Doch konkrete Lösungen für eine beschleunigte und harmonisierte zonale Zulassung und die gegenseitige Anerkennung gibt es noch nicht. Bisher fehlen einheitliche Bewertungsgrundsätze und Risikomanagementmaßnahmen. Damit muss Schluss sein – deutsche Alleingänge zu Lasten der Obsterzeuger darf es nicht mehr geben.

Die Wirtschaftsbereiche Landwirtschaft und Gartenbau und insbesondere der Obstbau als Sonderkultur unterliegen in den letzten Jahrzehnten verstärkt dem Einfluss zunächst gesellschaftlich und dann politisch motivierter Strömungen. Die resultierenden Herausforderungen waren und sind enorm - und doch gibt es uns noch. Die Fachgruppe Obstbau wird alles daran setzen, dass dies so bleibt. 

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine ruhige, besinnliche Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest. 

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Editorial

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3224
Editorials

Den Wandel zu unseren Gunsten gestalten

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Fahrt mit dem Traktor? Vielleicht mit dem Opa oder dem Vater? Haben Sie noch das Bild vor Augen, wie der Familienbetrieb zu Ihren Kindergartenzeiten aussah?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3492
Editorials

Leitartikel Nr. 111 – und monatlich grüßt das Murmeltier

Mit dem monatlichen Redaktionsschluss sollte auch der Leitartikel für die kommende Ausgabe geschrieben sein.

Jörg Disselborg
2876
Editorials

Olympiade der Clubäpfel

Im Wettlauf um die Belegung der Regale im konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel sind mehr als 50 Clubäpfel bzw. Markenäpfel am Start.

Helwig Schwartau
3416
Editorials

Beratung und Versuchswesen sind wichtige Produktionsfaktoren

Unsere Arbeit steht weiter im Fokus der gesellschaftlichen und politischen Debatte.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3300
Editorials

Verfügbarkeit von Insektiziden und Weiterentwicklung der Kontrolliert Integrierten Produktion

Eine Delegiertentagung mit einer solchen Fülle weitreichender und richtungsweisender Entscheidungen hatte die Fachgruppe Obstbau schon lange nicht mehr.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2991
Editorials

„Es ist ein Tag des tiefen Nachdenkens, …

…wie es weitergeht in Deutschland.“ So hat die geschäftsführende Bundeskanzlerin Merkel das Scheitern der Sondierungsgespräche für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, den Grünen und der FDP kommentiert.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3077
Editorials

Erntedank

Im Kern soll das Erntedankfest doch zeigen, dass unser täglich Brot eben gar nicht so alltäglich ist, sondern hart erarbeitet werden muss.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3213
Editorials

Mit Klarheit, Respekt und Argumenten…

Zwei Tage nach der Wahl zum neuen Bundestag schreiben wir diesen Artikel.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3020
Editorials

Gehen Sie wählen!

Am 24. September wählen wir den 19. Deutschen Bundestag. Nur wer wählen geht, kann mitbestimmen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3371
Editorials

Es ist eine Frage der Geschlossenheit

Alterntige Ware ist noch auf Lager und die allerersten Frühsorten sind gerade geerntet.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3105
Editorials

Ein Fünkchen Hoffnung bleibt

Schon weit vor dem Ende der aktuellen Saison laufen bereits die Vorbereitungen für die vielen Tagungen, Versammlungen und Seminare des kommenden Winters.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3132
Anzeige