Wir halten immer noch nach

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2406

Achten Sie einmal auf Ihre Reaktionen, wenn Sie dieses Wort lesen: NACHHALTIGKEIT.

Was haben Sie empfunden? Einen erhöhten Puls, Abneigung, Abwehr oder Aggressivität? Vielleicht aber auch Gelassenheit, Freude, gutes Gewissen oder Stolz? Die Reaktionen auf diesen Begriff sind so vielfältig wie wir Menschen es sind und das ist auch richtig so. Seit einem Jahr beschäftigen wir uns nun intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und dem Schwerpunkt Biodiversität. Es gab kaum ein Editorial in den vergangenen Monaten ohne einen „nachhaltigen Bezug“. Nachhaltige Entwicklung heißt für uns, Umweltschutzgedanken gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet dann: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.

Trotz enormer Abnutzungsgefahr ist der Begriff Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen und dort auch fest verankert. Dabei ist es immer erstaunlich, dass nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln in den Köpfen von Politikern, Journalisten und Verbrauchern nicht in erster Linie mit Landwirtschaft und Gartenbau verknüpft wird. Hier finden diejenigen am ehesten Gehör, die am lautesten schreien. Auch die Unternehmen des Lebensmittelhandels suchen – besonders in krisengebeutelten Zeiten (EHEC, Pferdefleisch, Bio-Eier etc.) – nach Flankenschutz für die eigenen Unternehmensstrategien. Und Nachhaltigkeit ist eine hochmoderne Schutzmaßnahme, die natürlich nur funktionieren kann, wenn sie auf einer stabilen Grundlage basiert. Und diese Basis sind die Erzeuger und ihre Betriebe. Nun stellt sich für uns also die Frage, ob wir uns die Strategien des Handels aufdrücken lassen oder die Sache in die eigenen Hände nehmen. Die Fachgruppe Obstbau hat sich für den Weg der Aktivität entschieden. In seinem Artikel auf den Seiten 332 ff. beschreibt Dr. Gerd Palm den möglichen Weg vom Integrierten zum Nachhaltigen Obstbau. Wir erinnern uns: Auch bei der Einführung der kontrolliert Integrierten Produktion waren Protest und Kritik anfängliche Wegbegleiter. Die IP ist von Beginn an ein dynamisches System und wird stets an die aktuellen Ergebnisse und Erfahrungen aus Forschung, Entwicklung und Praxis angepasst. In dieser Dynamik wird die Fachgruppe Obstbau in den kommenden Monaten gemeinsam mit Dr. Gerd Palm die aktuellen Richtlinien des kontrolliert Integrierten Anbaus um alle wesentlichen und sinnvollen Aspekte der Nachhaltigkeit ergänzen. Auf dem Spielfeld der Nachhaltigkeit tummeln sich jedoch zeitgleich weitere Akteure: der Nationale Aktionsplan (NAP), die Leitlinien für einen integrierten Pflanzenschutz, unsere QS GmbH, sämtliche Verbraucher- und Umweltschutzverbände, der Lebensmitteleinzelhandel und noch viele Berufene und Unberufene mehr. Über die Spielberechtigung und Spielfähigkeiten der einzelnen Akteure können wir lange streiten. Das macht aber wenig Sinn, denn vom Platz stellen können wir niemanden. Aber zum Spielmacher müssen wir uns machen!

Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Rede zur Europapolitik postuliert, dass Europa keine Bedenkenträger, sondern Bannerträger braucht. Und damit hat er grundsätzlich recht. Doch sind Träger von Bedenken in einem konstruktiven und lösungsorientierten Diskussions- und Entwicklungsprozess unverzichtbar. Bedenkenträger sollten ihre Bedenken aber nur so lange äußern, bis diese durch Wissen und Akzeptanz ersetzt werden konnten. Es ist unser Anspruch, dass der gesamte Berufsstand des deutschen Obstbaus hinter einem neuen nachhaltigen Konzept der kontrolliert Integrierten Produktion steht. Deshalb wird der Entwurf neuer IP-Richtlinien durch den Vorstand der Fachgruppe Obstbau in die
Regionen getragen, um dort unter Berücksichtigung der lokalen Belange weiter diskutiert und entwickelt zu werden. Danach wartet eine weitere große Herausforderung auf uns: die Kommunikation. Denn wir müssen unsere Positionen und Leistungen für jeden verständlich in die Öffentlichkeit tragen.

Den Verbrauchern, dem Lebensmitteleinzelhandel und der Politik werden wir deutlich machen, dass nachhaltiges Handeln kein Flankenschutz, sondern das wesentliche Motiv der deutschen Obstbauern ist. Wir sind in Sachen Nachhaltigkeit schon sehr viel weiter als viele denken.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

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Gedanken zum Jahreswechsel

Gedanken zum Jahreswechsel sind stets ein Wechselspiel aus Rückblick und Vorblick.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2341
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Liebe Leserinnen und Leser

nach 10 Jahren als Vorsitzender des Bundesauschusses Obst und Gemüse (BOG) endete am 22. Oktober 2013 die Amtszeit von Gerhard Schulz.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Regionalität – eine messbare Größe oder nur ein Gefühl?

Verknappung steigert den Wert von Rohstoffen, Konsumgütern oder Lebensmittel und auch von Zeit.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2193
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Die Würfel sind gefallen – die Richtung ist noch unbestimmt

Es ist der Abend des 22. September – der große Wahlsonntag

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2333
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Damit die Wahl nicht zum Würfelspiel wird

Ist ein Würfelspiel besser als eine bewusste Wahlentscheidung?

Bleibt uns nichts weiter, als die Würfel so zu nehmen, wie sie fallen?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Kooperation statt Konfrontation – freiwilliges Engagement nicht bestrafen

Als Produzenten von gesunden und sicheren Nahrungsmitteln leisten Obstbaubetriebe auch einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft und des Landschaftsbildes.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2379
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Hochwasserhilfe 2013

Wir alle verfolgen die immer noch dramatischen Bilder des Hochwassergeschehens mit großer Betroffenheit.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2500
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Wir halten immer noch nach

Achten Sie einmal auf Ihre Reaktionen, wenn Sie dieses Wort lesen: NACHHALTIGKEIT.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2406
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Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – Wie geht es nun weiter?

Über mehrere Jahre hinweg haben wir uns in zahlreichen Diskussionen und Stellungnahmen in die Ausgestaltung des NAP eingebracht. Am 10. April hat die Bundesregierung ihn nun endgültig verabschiedet.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2400
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Wie ist die Lage in Sachen Feuerbrand?

Trotz umfangreicher Forschungsaktivitäten haben wir bis heute keine durchgreifenden Bekämpfungsverfahren, die ohne antibiotikahaltige Mittel auskommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2409
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Sicherheit, Transparenz, Kontrolle und Qualität oder was hat Pferdefleisch mit dem Obstbau zu tun?

Das Jahr ist noch jung und schon erleben wir einen neuen Skandal um falsch ausgezeichnete Lebensmittel. Wegen des Pferdefleisch-Skandals wurden in Deutschland bereits mehrere Produkte aus dem Handel genommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2432
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Was erwartet uns in diesem Jahr?

Auf Bundesebene sind bereits alle Weichen in Richtung Bundestagswahl im September gestellt. Nach der Landtagswahl in Niedersachsen stehen in diesem Jahr noch die Wahlen in Bayern und Hessen an. In Niedersachsen kommt es zu einem Regierungswechsel, mit Folgen für die Bundespolitik.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2490
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