Wir halten immer noch nach
Was haben Sie empfunden? Einen erhöhten Puls, Abneigung, Abwehr oder Aggressivität? Vielleicht aber auch Gelassenheit, Freude, gutes Gewissen oder Stolz? Die Reaktionen auf diesen Begriff sind so vielfältig wie wir Menschen es sind und das ist auch richtig so. Seit einem Jahr beschäftigen wir uns nun intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und dem Schwerpunkt Biodiversität. Es gab kaum ein Editorial in den vergangenen Monaten ohne einen „nachhaltigen Bezug“. Nachhaltige Entwicklung heißt für uns, Umweltschutzgedanken gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet dann: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.
Trotz enormer Abnutzungsgefahr ist der Begriff Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen und dort auch fest verankert. Dabei ist es immer erstaunlich, dass nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln in den Köpfen von Politikern, Journalisten und Verbrauchern nicht in erster Linie mit Landwirtschaft und Gartenbau verknüpft wird. Hier finden diejenigen am ehesten Gehör, die am lautesten schreien. Auch die Unternehmen des Lebensmittelhandels suchen – besonders in krisengebeutelten Zeiten (EHEC, Pferdefleisch, Bio-Eier etc.) – nach Flankenschutz für die eigenen Unternehmensstrategien. Und Nachhaltigkeit ist eine hochmoderne Schutzmaßnahme, die natürlich nur funktionieren kann, wenn sie auf einer stabilen Grundlage basiert. Und diese Basis sind die Erzeuger und ihre Betriebe. Nun stellt sich für uns also die Frage, ob wir uns die Strategien des Handels aufdrücken lassen oder die Sache in die eigenen Hände nehmen. Die Fachgruppe Obstbau hat sich für den Weg der Aktivität entschieden. In seinem Artikel auf den Seiten 332 ff. beschreibt Dr. Gerd Palm den möglichen Weg vom Integrierten zum Nachhaltigen Obstbau. Wir erinnern uns: Auch bei der Einführung der kontrolliert Integrierten Produktion waren Protest und Kritik anfängliche Wegbegleiter. Die IP ist von Beginn an ein dynamisches System und wird stets an die aktuellen Ergebnisse und Erfahrungen aus Forschung, Entwicklung und Praxis angepasst. In dieser Dynamik wird die Fachgruppe Obstbau in den kommenden Monaten gemeinsam mit Dr. Gerd Palm die aktuellen Richtlinien des kontrolliert Integrierten Anbaus um alle wesentlichen und sinnvollen Aspekte der Nachhaltigkeit ergänzen. Auf dem Spielfeld der Nachhaltigkeit tummeln sich jedoch zeitgleich weitere Akteure: der Nationale Aktionsplan (NAP), die Leitlinien für einen integrierten Pflanzenschutz, unsere QS GmbH, sämtliche Verbraucher- und Umweltschutzverbände, der Lebensmitteleinzelhandel und noch viele Berufene und Unberufene mehr. Über die Spielberechtigung und Spielfähigkeiten der einzelnen Akteure können wir lange streiten. Das macht aber wenig Sinn, denn vom Platz stellen können wir niemanden. Aber zum Spielmacher müssen wir uns machen!
Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Rede zur Europapolitik postuliert, dass Europa keine Bedenkenträger, sondern Bannerträger braucht. Und damit hat er grundsätzlich recht. Doch sind Träger von Bedenken in einem konstruktiven und lösungsorientierten Diskussions- und Entwicklungsprozess unverzichtbar. Bedenkenträger sollten ihre Bedenken aber nur so lange äußern, bis diese durch Wissen und Akzeptanz ersetzt werden konnten. Es ist unser Anspruch, dass der gesamte Berufsstand des deutschen Obstbaus hinter einem neuen nachhaltigen Konzept der kontrolliert Integrierten Produktion steht. Deshalb wird der Entwurf neuer IP-Richtlinien durch den Vorstand der Fachgruppe Obstbau in die
Regionen getragen, um dort unter Berücksichtigung der lokalen Belange weiter diskutiert und entwickelt zu werden. Danach wartet eine weitere große Herausforderung auf uns: die Kommunikation. Denn wir müssen unsere Positionen und Leistungen für jeden verständlich in die Öffentlichkeit tragen.
Den Verbrauchern, dem Lebensmitteleinzelhandel und der Politik werden wir deutlich machen, dass nachhaltiges Handeln kein Flankenschutz, sondern das wesentliche Motiv der deutschen Obstbauern ist. Wir sind in Sachen Nachhaltigkeit schon sehr viel weiter als viele denken.
Jens Stechmann Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender - - Geschäftsführer -
Editorials

Zuversicht ist Pflicht!
Mit einem sehr kritischen Kommentar einer erfahrenen und geschätzten Steuerberaterin aus dem Alten Land sind wir kürzlich darauf hingewiesen worden, dass uns das Zukunftsweisende häufiger fehlt und wir mehr Perspektiven aufzeigen sollten.

Hoffnung auf auskömmliche Preise und eine etwas verbesserte Stimmung
Zum zweiten Mal in Folge gibt es in Europa keine übermäßig große Apfelernte.

Vorerst keine Ausnahme beim Mindestlohn – was können wir tun?
Die von der gesamten grünen Branche geforderte Ausnahmeregelung beim Mindestlohn für die Sonderkulturen widerspricht laut Bundeslandwirtschaftsministerium dem Diskriminierungsverbot im Grundgesetz.

Bienenschutz-Paradox abgewendet: BVL ändert die Zulassung von Captan-Präparaten
Obstanlagen sind echte Hotspots für Wildbienen.

Vielversprechender Start der neuen Bundesregierung
Erst wenige Wochen ist die neue Bundesregierung im Amt.

Bisher wenig Frostschäden
Auch in diesem Frühjahr blühen bzw. fruchten unsere Obstkulturen früher als im Mittel der vergangenen Jahrzehnte.

Koalitionsverhandlungen: Gesetzliche Ausnahmeregelung zum Mindestlohn für den Obstbau notwendig
Am 8. März 2025 wurde das Sondierungspapier der voraussichtlich neuen Koalition von CDU/CSU und SPD veröffentlicht.

Geht’s jetzt richtig los?
Wir schreiben diesen Leitartikel heute, am 24. Februar 2025, dem Tag nach der spannenden Bundestagswahl.

Politikwechsel und Neustart?
Am 23. Februar 2025 wird eine neue Bundesregierung gewählt.

Mit Zuversicht und Unternehmergeist ins neue Jahr!
Mit dem Jahresbeginn jähren sich die Bauernproteste und Treckerdemos, die für die Fachgruppe Obstbau auch zu intensiveren Gesprächen mit der Bundespolitik geführt haben.

Liebe Obstbäuerinnen und Obstbauern, liebe Obstbauinteressierte
zum Ende eines aufregenden und durchwachsenen Obstjahres ziehen wir Bilanz.

Strukturveränderungen im LEH: Eine Chance für den Obstbau?
Seit Jahren verfügen die vier „Großen“ im Lebensmitteleinzelhandel, EDEKA/NETTO, REWE/PENNY, ALDI sowie die Schwarz-Gruppe mit LIDL und Kaufland, über einen stabilen Marktanteil von fast 80 %.