Unter dem Motto „Wir haben es satt“ sind am 18. Januar 2014 anlässlich der Grünen Woche rund 25.000 Demonstranten in Berlin zusammengekommen, um für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren.
Sie sind dem Ruf von 46 Organisationen aus dem Natur- und Tierschutz, aus der Landwirtschaft, von Kirchen sowie 77 weiteren Organisationen und Parteien gefolgt.
Es wäre das einfachste gewesen, einfach darüber hinweg zu sehen. Doch können wir die Meinung von 25.000 Menschen so einfach ignorieren? Nein, wir sollten zuhören und den Versuch unternehmen, zu verstehen. Deshalb haben wir auch einen Blick in die Demo-Zeitung von „Wir haben es satt“ geworfen. (Nachzulesen auf www.wir-haben-es-satt.de) Doch was hier unter dem Dach eines gemeinsamen Mottos zusammengeführt wurde, kann gegensätzlicher und uneinheitlicher kaum sein:
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft fordert eine Steigerung der Erzeugerpreise, um die bäuerlichen Strukturen zu erhalten. Dagegen erklärt die Arbeitslosen-Selbsthilfe Oldenburg, dass rund ein Drittel aller Haushalte in Deutschland für Lebensmittel nur 135 Euro im Monat für einen alleinstehenden Erwachsenen zur Verfügung habe. Das reiche nicht für eine ausgewogene Ernährung. Wie ist das miteinander vereinbar?
Auf der nächsten Seite wird verlangt, den Neuland-Standard als den Standard für alle landwirtschaftlichen Tierhalter zu verankern. Die Albert-Schweitzer-Stiftung spricht aber klar dagegen. Denn man müsse den Schritt zum bio-veganen Landbau gehen, also komplett auf jegliche Tierhaltung verzichten. Auf den zwei Dritteln der weltweit nutzbaren Fläche, die Grünland ist, sollen dann zum Beispiel Obstwiesen entstehen. Brot für die Welt fordert aber wiederum, das weltweite Recht auf Nahrung endlich umzusetzen. Wie ist das miteinander vereinbar?
Je lückenloser wir mit dem Rest der Welt vernetzt und verknüpft sind, desto mehr wächst in vielen Menschen eine Sehnsucht nach der „guten, alten Zeit“. Fernsehformate und Zeitschriften, die sich mit dem schönen Landleben befassen, erzielen gigantische Quoten und Auflagen. Und auch der Einkauf im Hofladen bedeutet für viele Konsumenten eine Art Kurzurlaub, einen kurzen Kontakt zur gefühlten Ursprünglichkeit. Ein schlichtes Unbehagen gegenüber der anonymen Lebensmittelversorgung bildet die Basis für die außerordentliche Wirkung des Demo-Mottos. Großunternehmen gelten eher als verantwortungslos im Handeln, Natürlichkeit erscheint grundsätzlich gut und Chemie in der Regel eher schlecht. Und eine regionale Landwirtschaft ist stets besser als eine industrielle Landwirtschaft, was auch immer darunter verstanden wird.
Oft steht der Wunsch nach landwirtschaftlichen Idealen in krassem Gegensatz zum tatsächlichen Handeln. Dem müssen wir entschieden entgegentreten. Wir müssen dem Verbraucher erklären, dass genau das, was gefühlsbasiert von uns erwartet wird, schon immer ein wesentlicher Teil unseres Handelns war. Die Artikel der Demo-Zeitung zeigen, dass sich die 120 guten Partner und Förderer der Demonstration vor allem in der Konzentration auf den Gegner einig sind. Aber wo ist dieser Gegner denn? Was ist denn nun unter der bösen Agrarindustrie zu verstehen? Und was ist das für ein Verantwortungsbewusstsein, wenn man gemeinsam mit Organisationen demonstriert, die jeder Lösung im Kampf gegen eine sichere und gesunde Nahrungsmittelversorgung im Wege stehen? Antworten fehlen!
Auf dem Weg zur Grünen Woche ging uns dann auch eine klare Ansage an die Demo durch den Kopf: Wir machen Euch satt! Auch Euch Demonstranten! Mit gesundem und sicherem Obst aus deutscher Produktion!
Mit Wirkung vom 7. August 2014 hat Russland die Einfuhr bestimmter Lebensmittel aus der Europäischen Union, darunter auch Obst und Gemüse, für ein Jahr gestoppt.
Unter dem Motto „Wir haben es satt“ sind am 18. Januar 2014 anlässlich der Grünen Woche rund 25.000 Demonstranten in Berlin zusammengekommen, um für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren.