Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes – Beratung ist der Schlüssel

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3185

Mit Einführung der ersten Richtlinie für die Kontrolliert Integrierte Produktion im Jahr 1990 haben wir deutschen Obst- und Gemüsebauern Maßstäbe gesetzt.

Das System ist flexibel und dynamisch, in allen Richtungen offen für Anpassungen und hat die wirtschaftliche Erzeugung von qualitativ hochwertigem Obst und Gemüse zum Ziel. Dies geschieht unter vorrangiger Berücksichtigung ökologisch abgesicherter Methoden und unter Beachtung aller ökonomischen Erfordernisse. Der integrierte Pflanzenschutz ist wesentlicher Teil der Gesamtstrategie und dann bereit für Weiterentwicklungen, wenn das Ziel nicht aus den Augen gelassen wird.

Die im letzten Editorial beschriebene Sitzung des Forums zum Nationalen Aktionsplan für einen nachhaltigen Pflanzenschutz (www.nap-pflanzenschutz.de) ist überstanden. Unter anderem wurde über mögliche Weiterentwicklungen des integrierten Pflanzenschutzes diskutiert. Wir haben hier klare Positionen bezogen:

• Der integrierte Ansatz hat sich in der Praxis bewährt, muss aber kontinuierlich weiterentwickelt werden.

• Den integrierten Pflanzenschutz per Rechtsverordnungen zu regeln, ist schon im Ansatz falsch. Die Variabilität der natürlichen Einflüsse auf unsere Produktion lässt sich nicht in einen starren Rahmen pressen – und schon gar nicht aus der Praxisferne.

• Das Potenzial sinnvoller integrierter und präventiver Ansätze im Pflanzenschutz kann zurzeit nicht voll ausgeschöpft werden. Denn der hohe Kostendruck und die teilweise schlechte Preissituation schränken die notwendige Risikobereitschaft unserer Betriebe ein. Die Restriktionen des Handels verhindern die Berücksichtigung der grundlegenden Prinzipien der Schadschwellen und des Resistenzmanagements.

• In den Sonderkulturen fehlen uns wichtige Pflanzenschutzmittel. Die Mittelverfügbarkeit ist katastrophal schlecht. Wir sind unmittelbar abhängig von Notfallzulassungen. Zudem fehlen konkurrenzfähige und ausreichend wirksame biologische und biotechnische Verfahren.

• Vorhandene Schadschwellen müssen angepasst werden. Für die Fülle neuer Schaderreger fehlen Schadschwellen, sie müssen entwickelt werden.

• Wenn wir im Sinne einer integrierten Produktion Netze, Folien und Tunnel in und über unsere Anlagen bringen, dann muss dies uneingeschränkt möglich sein und von allen Seiten akzeptiert werden. Hier fehlt ein grundlegendes und verlässliches Konzept der Bundesländer. 

Der Schlüssel zum Erfolg und der effektivste Schritt, integrierte Ansätze in der Praxis zu verankern, ist und bleibt die Beratung. Und die Beratung basiert auf einem qualifizierten und praxisorientiertem Versuchswesen. Haushaltsdefizite in den Bundesländern führen dazu, dass die Beratung und das Versuchswesen seit Jahren drastisch abgebaut werden. Wenn Bund und Länder den Nationalen Aktionsplan und die Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes tatsächlich ernst nehmen, dann darf nicht weiter abgebaut werden. Versuchswesen und Beratung müssen im Gegenteil sogar ausgebaut werden.

Auch die angewandte und praxisorientierte Forschung für den Obstbau findet seit Jahren mit sinkender Intensität statt. Möglichkeiten bei der Sortenzüchtung (einschließlich gentechnischer Verfahren), bei der Entwicklung von Prognosemodellen und Entscheidungshilfen, bei der Entwicklung neuer biologisch und biotechnischer Verfahren und bei der Entwicklung technischer Innovationen im Bereich der Applikationstechnik bleiben ungenutzt. Innovationen aus der Pflanzenschutzindustrie sind zunehmend seltener geworden.

Neue Maßnahmen und Methoden bringen den integrierten Pflanzenschutz nur weiter, wenn diese von der Praxis auch übernommen werden. Und dies wird nur funktionieren, wenn die Betriebe wirtschaftlich in einem sich stetig verändernden Umfeld langfristig stabil aufgestellt sind. Deshalb geht unser dringender Appell an die Politik auf Landes- und Bundesebene, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir die Integrierte Produktion sinnvoll und nachhaltig gemeinsam weiterentwickeln können. Angesprochene Defizite müssen konkret aus der Welt geschafft werden, damit ausreichend Spielraum und Handlungsfreiheit für die Praxis entsteht.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Argentinien hat einen Messi – wir haben ein Team

Deutschland ist Fußball-Weltmeister – was für ein Turnier.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2987
Editorials

Noch viele Fragen zum Mindestlohn!

In diesen Wochen dreht sich bei unserer Verbandsarbeit alles um den Mindestlohn.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3007
Editorials

Zukunft zulassen

In Medizin und Pharmazeutik wird Gentechnik selten hinterfragt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3175
Editorials

Mindestlohn und Europawahl

Wir sind enttäuscht und in Sorge darüber, was die Bundesregierung in großer Hektik beim Mindestlohn entschieden hat. 

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3069
Editorials

Wenn gute Pläne ihre eigene Umsetzung verhindern

Haben wir überhaupt noch Spielraum für eigene Entscheidungen?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2885
Editorials

Nettomindestlohn und Bruttomindestlohn – jetzt sind wir alle gefordert!

Der Mindestlohn war im Wahlkampf ein zentrales Thema für alle Parteien, um der gesamtgesellschaftlichen Situation Rechnung zu tragen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2995
Editorials

Wir haben die Agrarindustrie satt!

Unter dem Motto „Wir haben es satt“ sind am 18. Januar 2014 anlässlich der Grünen Woche rund 25.000 Demonstranten in Berlin zusammengekommen, um für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2919
Editorials

Gedanken zum Jahreswechsel

Gedanken zum Jahreswechsel sind stets ein Wechselspiel aus Rückblick und Vorblick.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3003
Editorials

Liebe Leserinnen und Leser

nach 10 Jahren als Vorsitzender des Bundesauschusses Obst und Gemüse (BOG) endete am 22. Oktober 2013 die Amtszeit von Gerhard Schulz.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3098
Editorials

Regionalität – eine messbare Größe oder nur ein Gefühl?

Verknappung steigert den Wert von Rohstoffen, Konsumgütern oder Lebensmittel und auch von Zeit.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2853
Editorials

Die Würfel sind gefallen – die Richtung ist noch unbestimmt

Es ist der Abend des 22. September – der große Wahlsonntag

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2989
Editorials

Damit die Wahl nicht zum Würfelspiel wird

Ist ein Würfelspiel besser als eine bewusste Wahlentscheidung?

Bleibt uns nichts weiter, als die Würfel so zu nehmen, wie sie fallen?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3025
Anzeige