Russischer Importstopp und die Konsequenzen

Lernen von der Nationalmannschaft

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2799

Mit Wirkung vom 7. August 2014 hat Russland die Einfuhr bestimmter Lebensmittel aus der Europäischen Union, darunter auch Obst und Gemüse, für ein Jahr gestoppt.

Deutschland exportierte im Jahr 2012 23.277 Tonnen und im Jahr 2013 9.404 Tonnen Obst nach Russland. Dabei waren Äpfel mit 23.002 Tonnen bzw. 9.263 Tonnen das einzige bedeutende Produkt.

Welche Auswirkungen wird der russische Importstopp für uns haben? Dass es schon jetzt einen zusätzlichen Druck auf die Preise gibt, ist offensichtlich. Doch alle Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Gänze zu überblicken. Klar ist, dass auch aus Deutschland nicht geliefert werden darf und dass für diese Ware andere Märkte gefunden werden müssen. Dies gilt natürlich auch für alle anderen EU-Länder, insbesondere natürlich für Polen, die Niederlande, Griechenland, Spanien und Italien. Aber auch global hat dieses Embargo Auswirkungen, denn Handelsströme werden sich verschieben. An Stelle der europäischen Lieferanten werden andere treten. Und die werden natürlich auch nach Ende des Embargos diesen Anteil nicht wieder abgeben wollen. Da gleichzeitig große Ernten in Europa heranwachsen, ist der reine Russlandeffekt auf den Markt aber zum Teil überlagert. So sind bereits vor Bekanntwerden des Importstopps die Mostobstpreise auf ein historisches Tief gesunken.

Noch in diesem Monat treten die ersten Maßnahmen zur Unterstützung des Marktes seitens der EU in Kraft. Da von anderen Mitgliedsstaaten Interventionsmaßnahmen und die Grün-Ernte bis hin zur Lagerkostenerstattung eingefordert werden, erfolgt dies auch von deutscher Seite. Das gesamte Instrumentarium der gemeinsamen Marktorganisation sollte zur Anwendung gebracht werden. Insbesondere, da das russische Embargo politisch motiviert ist. Entscheidend wird sein, Angebot und Nachfrage in der gesamten EU stabil auszugleichen. Egal wie die Kommission tätig wird, eins ist unabdingbar: Auch die Erzeuger, die nicht einer Erzeugerorganisation angehören, müssen entsprechenden Zugang zu den Maßnahmen haben. Gleichzeitig mit der möglichen Aktivierung von Instrumenten der Marktordnung aus Brüssel muss die Wirtschaft mit Unterstützung der Bundesregierung eine erweiterte Exportoffensive starten, um strategische Zukunftsmärkte verstärkt mit deutschem Obst beliefern zu können.

Viel wichtiger bleibt aber der Absatz im Inland. Diesen dürfen wir bei Betrachtung der internationalen Zusammenhänge nicht aus dem Auge verlieren. Den seit Jahren sinkenden Obstkonsum muss mit verstärkter Absatzförderung und Werbung entgegen gewirkt werden. Hier erwarten wir maßgebliche Unterstützung durch die Bundesregierung. In anderen EU-Staaten wie Polen, Österreich, Belgien oder den Niederlanden wird bereits verstärkt dazu aufgerufen, bevorzugt heimische Lebensmittel zu konsumieren bzw. anzubieten. Auch der deutsche Lebensmittelhandel ist hier gefordert und muss deutscher Ware den Vorzug geben. Alles Gerede, alle Aktivitäten um Regionalität, Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung usw. können gerade in dieser vermutlich schwierigen Zeit mit konkreten Taten untermauert werden.

Wenn andere Mitgliedsstaaten nach finanzieller Unterstützung durch die EU rufen, dann tun auch wir dies. Doch ist das auf lange Sicht der richtige Weg? Am Auslöser der Krise haben wir keinen Anteil, aber die Auswirkungen haben wir schon zu tragen. Auf eine schon länger stagnierende europäische Nachfrage nach Obst haben wir in der Form reagiert, dass mit dem Ziel der Kostenführerschaft größere Mengen produziert wurden. Schmerzlich wird uns doch aktuell bewusst, dass eine zu stark absatzorientierte Produktion auch sehr anfällig ist. Wäre eine Qualitätsführerschaft vielleicht die bessere Alternative?

Unsere Kernaufgabe wird es in den nächsten Monaten sein, die Auswirkungen des Embargos zu beobachten und alle Informationen an das Landwirtschaftsministerium weiterzuleiten. Eigene Ideen und konkrete Vorstellungen zur Krisenabwehr und Krisenbewältigung sind zu entwickeln, zu diskutieren und schnellstmöglich umzusetzen. Damit der von Russland beabsichtigte Effekt, die europäische Agrarwirtschaft zu schwächen, abgewendet und sogar ins Gegenteil gewandelt wird.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – Wie geht es nun weiter?

Über mehrere Jahre hinweg haben wir uns in zahlreichen Diskussionen und Stellungnahmen in die Ausgestaltung des NAP eingebracht. Am 10. April hat die Bundesregierung ihn nun endgültig verabschiedet.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2855
Editorials

Wie ist die Lage in Sachen Feuerbrand?

Trotz umfangreicher Forschungsaktivitäten haben wir bis heute keine durchgreifenden Bekämpfungsverfahren, die ohne antibiotikahaltige Mittel auskommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2814
Editorials

Sicherheit, Transparenz, Kontrolle und Qualität oder was hat Pferdefleisch mit dem Obstbau zu tun?

Das Jahr ist noch jung und schon erleben wir einen neuen Skandal um falsch ausgezeichnete Lebensmittel. Wegen des Pferdefleisch-Skandals wurden in Deutschland bereits mehrere Produkte aus dem Handel genommen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2854
Editorials

Was erwartet uns in diesem Jahr?

Auf Bundesebene sind bereits alle Weichen in Richtung Bundestagswahl im September gestellt. Nach der Landtagswahl in Niedersachsen stehen in diesem Jahr noch die Wahlen in Bayern und Hessen an. In Niedersachsen kommt es zu einem Regierungswechsel, mit Folgen für die Bundespolitik.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2886
Editorials

Prosit Neujahr mit alten Themen und neuen Aufgaben

Ein anstrengendes Jahr 2012 liegt hinter uns. Obwohl wir in Gemeinsamkeit mit anderen Verbänden der grünen Branche viel erreichen konnten, erwarten uns in diesem Jahr noch viele nicht abgeschlossene Baustellen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2987
Editorials

Neue Versicherungssteuer - geht doch

Für uns völlig unverständlich plant die Bundesregierung die gesetzliche Festschreibung eines Versicherungssteuersatzes für Mehrgefahrenversicherungenvon 19 Prozent des Versicherungsbetrages.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2972
Editorials

Nachhaltige Produktion von gesundem Obst in Mitteleuropa gefährdet

Anlässlich der 21. Bundesarbeitstagung für Pflanzenschutzberaterin Grünberg

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3032
Editorials

Fachkräftemangel – ein Problem für den Obstbau?

Finden wir für unsere Betriebe noch genügend qualifiziertes Personal? Welche Ansprüche stellt der Obstbau heute und in Zukunft an Fachkräfte? Droht dem deutschen Obstbau der personelle Notstand? Oder reden wir nur von einem Mangel an günstigen und hochflexiblen Arbeitskräften?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3159
Anzeige