Am 23. Februar 2025 wird eine neue Bundesregierung gewählt. Sicher auch vor diesem Hintergrund finden die großen Winterveranstaltungen unserer grünen Branche, wie z. B. die Internationale Grüne Woche (IGW), in diesem Jahr mit besonders prominenter politischer Beteiligung statt.
Naturgemäß bewerteten die „Noch-Regierungsparteien“ die aktuelle Situation in der Landwirtschaft bzw. im Obstbau anders als die derzeitige „Noch(?)-Opposition“. So verwies Bundesagrarminister Cem Özdemir in seiner Begrüßungsrede bei der IGW auf die Notwendigkeit von Kompromissen, die es trotz gegenläufiger Interessen für eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft brauche. Beispielhaft für die Gegenseite war die Aussage von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU): „Es gibt keine Bauerndemos dieses Jahr, aber die Probleme sind immer noch die gleichen.“ Offenkundiges und übergeordnetes Ziel seiner Partei sei es, im Falle einer Regierungsverantwortung möglichst schnell wieder ein Wirtschaftswachstum von mindestens zwei Prozent zu generieren, um die notwendigen staatlichen Investitionen zu finanzieren.
Für unsere verbandspolitische Vertretung bedeutet das, das Potenzial für sinnvolle und dringend notwendige Investitionen im deutschen Obstbau aufzuzeigen. Wir müssen nachdrücklich auf die sich verschlechternde Wettbewerbsfähigkeit im Obstbau hinweisen, insbesondere vor dem Hintergrund der wegbrechenden Pflanzenschutzmittelzulassungen und den drastischen Auswirkungen eines übermäßigen Anstiegs des Mindestlohns. Und wir müssen Lösungsansätze anbieten, wie der Branche schnell und nachhaltig geholfen werden kann.
Die anstehende Bundestagswahl ist eine Wahl der großen und grundsätzlichen Themen. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten Veränderungen ist sie richtungsweisend für den Fortbestand und die Stabilität unserer Demokratie. Ebenso ist sie aber auch eine Wahl, die über einen Politikwechsel oder gar einen Neustart in unserem Agrarsektor entscheidet.
Um Sie bei Ihrer Entscheidung am Wahltag zu unterstützen, haben wir die Parteien im Deutschen Bundestag angeschrieben und sie nach ihren Positionen zu den drängendsten Problemen im Obstbau befragt (s. S. 50 in diesem Heft). Offensichtlich haben sich die Generalsekretäre der Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU/CSU und Die Linke aber darauf geeinigt, angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf nur Fragen von einigen wenigen, vorab gemeinsam vereinbarten, „die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen“ zu beantworten – und da gehört der Obstbau leider nicht dazu. Daher bitten wir Sie dringend, die politischen Vertreter in Ihrer Region anzusprechen und ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit diese Fragen zu stellen.
Ein Zeichen der Hoffnung waren die Auftritte und Reden des neuen EU-Kommissars für Landwirtschaft, Christophe Hansen, auf der IGW. Der Landwirtsohn aus Luxemburg vermittelte überzeugend, dass er eine Idee davon hat, wie die europäische Agrarpolitik den steigenden Ansprüchen an Ernährungssicherung, Klimaschutz und Umweltmaßnahmen gerecht werden und gleichzeitig den Betrieben eine Perspektive bieten kann.
Mit der Stimmabgabe bei der Bundestagswahl haben wir das Recht und Privileg, über die zukünftige Bundespolitik zu entscheiden. Als überzeugte Demokraten nehmen wir es wahr!
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
Mit dem Jahresbeginn jähren sich die Bauernproteste und Treckerdemos, die für die Fachgruppe Obstbau auch zu intensiveren Gesprächen mit der Bundespolitik geführt haben.
Seit Jahren verfügen die vier „Großen“ im Lebensmitteleinzelhandel, EDEKA/NETTO, REWE/PENNY, ALDI sowie die Schwarz-Gruppe mit LIDL und Kaufland, über einen stabilen Marktanteil von fast 80 %.
Mit prognostizierten knapp 800.000 t erwartet Deutschland eine der schwächsten Apfelernten der letzten 20 Jahre und mit geschätzt 10,2 Mio. t Äpfeln wird auch die europäische Apfelernte deutlich unter den Ernten der vergangenen Jahre liegen.
Ca. 25 % der deutschen Apfel- und ca. 40 % der deutschen Kirschernte ist den Blütenfrösten Ende April und Anfang Mai zum Opfer gefallen – mit erheblichen regionalen Unterschieden.
Täglich nehmen etwa sechs Millionen Menschen die sogenannte Außer-Haus-Verpflegung (AHV) in Anspruch, essen also in Kitas, Mensen, Schulen, Seniorenheimen, Kantinen u.s.w.
Schon unmittelbar nach den Frostnächten vom 21. bis 23. April 2024 war bei der Klimawandel-bedingt extrem weit vorangeschrittenen Vegetation zu befürchten, dass die Schäden in den betroffenen Regionen sehr hoch sein würden.
Vollblüte und zum Teil auch schon Abblüte Mitte April in den meisten Baumobstanlagen Deutschlands – jährlich verzeichnen wir neue Rekorde, die Meteorologen auf den Klimawandel zurückführen.
… so titelt die Pressemitteilung des Zentralverbandes Gartenbau zum neuen Pflanzenschutzstrategiepapier der Bundesregierung – und trifft es damit auf den Kopf.
So schlimm, wie viele es befürchtet haben, ist es nicht gekommen. Im Gegenteil: Die Proteste der Landwirtschaft waren beeindruckend und nachdrücklich, aber wohlorganisiert, friedlich und demokratisch.