Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – Wie geht es nun weiter?
Sie können den gesamten Aktionsplan einsehen auf der Internetseite www.nap-pflanzenschutz.de. Der Plan soll gemäß EU-Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie „unter Berücksichtigung bereits getroffener Risikominderungsmaßnahmen quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen, Indikatoren und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf den Naturhaushalt“ beschreiben. Grundsätzlich hat die Bundesregierung mit dem nun vorgelegten NAP durchaus Augenmaß bewiesen, denn es hätte weitaus schlimmer ausgehen können. Das Ziel bleibt die Reduktion von Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können. Eine pauschale und ziellose Mengenreduktion, wie von anderen Seiten gefordert, wird es nicht geben. Mit Enttäuschung stellen wir aber fest, dass die ökonomischen und sozialen Leistungen des Schutzes unserer Pflanzen mit sicheren Pflanzenschutzmitteln zu wenig Berücksichtigung finden. Die Betrachtung des Nutzen von Pflanzenschutzmaßnahmen kommt unserer Meinung nach zu kurz. Einige Zielformulierungen sind aus unserer Perspektive unrealistisch, weil die besonderen Belange der Sonderkulturen nicht weitgehend genug beachtet wurden. Die im Plan aufgeführten Indikatoren und Messgrößen müssen einen unmittelbaren Bezug zu den Zielen und zum Pflanzenschutz haben. Deshalb sind alle Indikatoren überflüssig, die die Durchführung des Aktionsplanes in keiner Weise unterstützen, und davon gibt es einige.
Das federführende Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) fordert alle beteiligten Behörden des Bundes und der Länder, Kommunen, Universitäten, Hochschulen, Verbände, Unternehmen und den Handel auf, gemeinsam an der Umsetzung des NAP mitzuwirken. Die Fachgruppe Obstbau hat und wird ihren Teil dazu beitragen. Auf folgende Punkte richtet sich weiterhin unser Augenmerk:
• Zielsetzungen und Maßnahmefestlegungen müssen schnell und flexibel an neue Erkenntnisse angepasst werden. Der Aktionsplan und der Integrierte Pflanzenschutz sind dynamische Systeme. Dies gilt auch und in erster Linie für die „Leitlinien zum integrierten Pflanzenschutz“.
• Bezugsgrößen dürfen bei Zielformulierungen nicht geändert werden. Die Messung von Fortschritten wird ad absurdum geführt, wenn die Basis geändert wird. „Ja“ zu veränderbaren Zielen – „Nein“ zu veränderbaren Ausgangspunkten. Das bisher Erreichte darf nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden, bereits umgesetzte und im Zulassungsverfahren eingeforderte Risikominderungsmaßnahmen müssen berücksichtigt werden.
• Bund und Länder sind aufgefordert, ausreichend Mittel und Personal für Beratung und Forschung zur Verfügung zu stellen. Und es geht hier nicht um geschicktes Drehen des Personalkarussells, sondern um das Einstellen von mehr Fachpersonal. Bund und Länder stehen hier im Wort und wir werden sie daran messen.
• Eine ausreichend große Palette wirksamer Mittel und Wirkstoffe ist die eigentliche Grundlage für einen erfolgreichen NAP. Diese kann sichergestellt werden, wenn die Zulassung reibungslos und effizient abläuft. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, dies durch die Gleichberechtigung der Bewertungsbehörden zu gewährleisten. Auch hier müssen den vielen Worten endlich Taten folgen.
Natürlich haben auch unsere europäischen Nachbarn ihre nationalen Aktionspläne. Wir haben uns in diesem Zusammenhang vorgenommen, den Kontakt zu den Obstbauverbänden der Nachbarländer zu intensivieren. Wir müssen dringend in einen intensiveren Austausch einsteigen, um weitere Entwicklungen der EU-Pflanzenschutzpolitik besser begleiten zu können.
Ohne die Anwender hat ein „Aktionsplan“ nur den Wert des bedruckten Papiers. Deshalb wollen wir uns bis zur Überprüfung des NAP in fünf Jahren bemühen, die gegebenen Chancen zu analysieren und zu nutzen.
Jens Stechmann Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender - - Geschäftsführer -
Verwandte Artikel
Editorials
Integriertes Umweltprogramm 2030 – anmaßend und größenwahnsinnig
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat Anfang September ihr Integriertes Umweltprogramm 2030 präsentiert und damit umgehend einen Sturm der Kritik ausgelöst.
67.205 Euro – es ist zumindest ein Anfang
Als die Delegiertenversammlung 2015 beschloss, die Finanzierung der dringend notwendigen Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für den deutschen Beeren-, Kern- und Steinobstanbau aus der Solidargemeinschaft der deutschen Obstbaufamilien zu stemmen, war der Optimismus unter der Verbandsvertretern groß.
Der Mindestlohn steigt
Arbeitnehmer in Deutschland bekommen künftig einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenze steigt Anfang 2017 von derzeit 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Zwischen aktuellen Verbandsaufgaben und betrieblicher Realität
Seit Ende Mai haben schwere Unwetter mit Starkregen, Hagel und Orkanböen auch im Obstbau regional zu großen Schäden geführt.
Wenn Politiker sich für die besseren Wissenschaftler halten und wenn ein Herbizid zum Wahlkampfthema gemacht wird
Die öffentlichen Diskussionen um Glyphosat haben schon längst hysterische Züge angenommen.
Die Sache mit dem Pflanzenschutz
Strenge gesetzliche Regelungen für die Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stellen sicher, dass negative Auswirkungen für die Umwelt sowie die Anwender- und Lebensmittelsicherheit vermieden werden.
Trübe Aussichten oder Licht am Horizont?
Es ist Montag, der 21. März 2016, um 8.26 Uhr. Hier im Hotel Hafen Hamburg findet die Fachtagung Obst und Gemüse des Deutschen Raiffeisenverbandes statt.
Wenn wir nicht über uns sprechen, tun es andere!
Die Delegierten der Mitgliedsverbände der Fachgruppe Obstbau haben im Rahmen der letzten Versammlung intensiv über eine Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für den deutschen Obstbau diskutiert und folgende Feststellungen getroffen:
Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes – Beratung ist der Schlüssel
Mit Einführung der ersten Richtlinie für die Kontrolliert Integrierte Produktion im Jahr 1990 haben wir deutschen Obst- und Gemüsebauern Maßstäbe gesetzt.
Es steht viel auf dem Spiel
So wie schon seit Jahren zur guten Tradition geworden, wird auch das Jahr 2016 mit einer kräftezehrenden Veranstaltung beginnen.
Der Blick in die Zukunft – zuversichtlich oder hoffnungslos?
OBSTBAU und die Vereinigte Hagelversicherung haben in den vergangenen sechs Ausgaben die Zukunft des deutschen Obstbaus aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.
Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu
Die Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu – es beginnt die Saison der Messen, Tagungen und Seminare.