Wir sind enttäuscht und in Sorge darüber, was die Bundesregierung in großer Hektik beim Mindestlohn entschieden hat.
Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Mindestlohngesetzes trotz der enormen Einwände auch aus unserem Kreis beschlossen. Hiernach wird zum 1. Januar 2015 ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde eingeführt. Davon abweichende Regelungen eines Tarifvertrages gehen bis zum 31. Dezember 2016 diesem Mindestlohn nur dann vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer allgemeinverbindlich gemacht worden sind. Damit werden die derzeitigen regionalen Tarifregelungen für Lohnhöhen unter 8,50 Euro ab Januar 2015 außer Kraft gesetzt. Nur durch den Abschluss eines bundesweiten Mindestlohntarifvertrages und einer Allgemein-verbindlichkeitserklärung nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz können abweichend und für maximal zwei Jahre niedrigere Löhne gezahlt werden. Wir brauchen zumindest diesen Zeitraum, um entsprechende Anpassungen auf Betriebsebene in vernünftigen Schritten bewältigen zu können. Wir halten die Einführung eines Mindestlohns weiterhin für falsch. Das Mindestlohngesetz hebelt die Gesetze der Marktwirtschaft aus und die Tarifautonomie wird untergraben. Das Risiko ist groß, dass unsere arbeitsintensiven Produktionen in Deutschland eingestellt werden müssen. Die Aussagen im Koalitionsvertrag scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben. Im noch laufenden Gesetzgebungsverfahren müssen wir alles versuchen, die besondere Betroffenheit unseres Sektors deutlich zu machen und Nachbesserungen einzufordern. Hier ist EILE geboten, denn das Gesetz soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden.
Eine andere Baustelle: Am 25. Mai 2014 findet die achte, direkte Wahl des Europäischen Parlaments statt. Unsere aktuell große Enttäuschung über Aspekte der Bundespolitik sollte nicht zu politischem Verdruss führen. Die Europawahl als demokratischer Akt ist unser eigenes Instrument zur unmittelbaren Einflussnahme auf die Politik. Insgesamt 96 Abgeordnete des Europäischen Parlaments werden in der Bundesrepublik Deutschland für fünf Jahre gewählt.
Die deutschen Obstbauern stehen zu einer wirtschaftlich und politisch starken Europäischen Union. Gerade in dieser Zeit der Krise in der Ukraine brauchen wir ein starkes Europa!
Aus fester Überzeugung fordern wir vom Europaparlament eine verlässliche Politikgestaltung, die einer zunehmend globalen Marktorientierung Rechnung trägt. Die Europäische Union muss nach den Finanz- und Wirtschaftskrisen auf einen soliden Wachstumspfad zurückgeführt werden.
In vielen Bereichen hat sich die Europäische Union in den letzten Jahren verzettelt. Die europäischen Institutionen, allen voran die Kommission, müssen sich auf die Kernaufgaben konzentrieren. Dem besonders hohen Stellenwert der Land- und Ernährungswirtschaft muss das neue Europäische Parlament besser gerecht werden. Brüsseler Entscheidungen haben existentiellen Einfluss auf unsere Betriebe. Deshalb sind wir als Branche ganz besonders zur Stimmabgabe aufgefordert. Durch die Auswahl der Kandidaten und Parteien schaffen wir die Voraussetzungen, dass unsere Probleme in der Politik wahrgenommen und vertreten werden.
Die Interessenvertretung des deutschen Obstbaus fängt mit unserer eigenen Wahlentscheidung an und wird fortgesetzt mit der aktiven Begleitung politischer Diskussionen durch die Verbände. Wir kennen das Prinzip aus der obstbaulichen Praxis: Wir können nur ernten, was wir säen.
Im erfolgreichsten Volksbegehren der Geschichte Bayerns „Rettet die Bienen“ forderten Anfang des Jahres innerhalb von zwei Wochen fast 1,8 Millionen Menschen ein Gesetz für mehr Umwelt- und Naturschutz.
Die Wahl zum EU-Parlament ist auch für den Obstbau von besonderer Bedeutung, nicht nur aufgrund des Brexits und einer noch nicht geklärten Finanzplanung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020.
In dieser Ausgabe von OBSTBAU finden Sie einen Sonderdruck, der sich mit der Verfügbarkeit von Insektiziden für den Obstbau in Deutschland auseinandersetzt.
Der Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ in Bayern zeigt, dass sich Landwirte und Gärtner und der Rest der Bevölkerung noch fremder geworden sind.
„Am Ball bleiben“ bei laufenden Entwicklungen im Bereich der Anbautechnik, der EDV, bei rechtlichen Regelungen und in der Arbeitsorganisation – so muss die Devise lauten.
Die Fachgruppe Obstbau fordert die Behörden und die Industrie auf, dringend Maßnahmen für eine tragfähige Zukunft des Zwetschen- und Pflaumenanbaus in Deutschland zu ergreifen – und zwar gemeinsam mit dem Berufsstand.