Mit dem monatlichen Redaktionsschluss sollte auch der Leitartikel für die kommende Ausgabe geschrieben sein.
Dies gelingt eigentlich nie und so sitze ich auch heute – einen Tag vor der geplanten Druckfreigabe – grübelnd am Schreibtisch. Die Wettervorhersagen melden gebietsweise schon wieder Frost und ich hoffe, dass nicht viel passiert. Was mag den Kolleginnen und Kollegen da draußen auf den Betrieben und in ihren Anlagen gerade durch den Kopf gehen? Was brennt ihnen unter den Nägeln und wäre das einen Kommentar im Leitartikel wert?
Mit Erstaunen und Erschrecken stelle ich dabei fest, dass ich seit fast genau zehn Jahren im Dienst der Fachgruppe Obstbau stehe. Und dieser Leitartikel ist der 111. Text, den ich gemeinsam mit den Vorsitzenden Gerhard Kneib und Jens Stechmann geschrieben habe. Viele Themen haben eine enorm hohe Wiederholungsrate. Pflanzenschutz und Zulassungsfragen sind ein Dauerbrenner. Und wir denken viel über die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für den Obstbau nach.
Ich sitze also am Schreibtisch in Berlin und Sie schauen vielleicht gespannt auf die Wetterprognosen, bereiten alles für die Saison vor und stehen auch sonst schon voll unter Dampf. Jedes Jahr zu dieser Zeit die gleichen Aufgaben, Fragen und Gedanken. Die Begleitmusik in diesem Gedankenkonzert ist zudem geprägt durch eine Ungewissheit, was denn die neue Bundesregierung so alles auf der Agenda hat.
Wegen all den wiederkehrenden Herausforderungen können wir nun Frust schieben. Und auf die Frustration reagieren wir dann enttäuscht, verärgert, aggressiv, manchmal verbittert, demotiviert, deprimiert oder sogar depressiv. Das könnten wir!
Tatsächlich ist Frust ein ganz normales Gefühl. Aber wie wir damit umgehen, entscheidet über unseren Erfolg. Bemitleiden wir uns, dass es die Welt so schlecht mit uns meint, dann lähmen wir uns. Frustration kann auch eine starke Antriebsfeder sein!
Wenn wir nicht bekommen, was wir wollen, muss diese Unzufriedenheit uns anstacheln, nach Möglichkeiten zu suchen, doch zu einem positiven Schluss zu kommen. Und wenn unser Tun dann doch zum Scheitern verurteilt ist und kein Weg zum Erfolg führt, dann bleibt nur, das Unveränderbare zu akzeptieren und trotzdem weiter zu machen!
Zum Zehnjährigen habe ich drei bescheidene Wünsche: Ich wünsche uns allen mehr Selbstbewusstsein und Stolz, denn Obst ist cool, geil und charismatisch. Ich wünsche mir, dass unser Berufsstand aus eigener Kraft und voll Durchsetzungswillen neue Perspektiven für die Zukunft der Branche entwickelt. Und lassen Sie uns die Ernte 2018 nicht schlecht reden, bevor wir wirklich wissen, was wir einbringen und wie wir es verkaufen können.
Vielen Dank an alle, die unsere Fachgruppe Obstbau, unser Fachmagazin OBSTBAU und mich in den letzten zehn Jahren so großartig unterstützt haben.
Traditionell blicken wir an dieser Stelle auf das zu Ende gehende Jahr zurück und versuchen, mit Zuversicht Ideen und Ansätze für Konzepte notwendiger Entwicklungen im Obstbau aufzuzeigen.
In diesen Tagen, Anfang Oktober 2022, entscheiden Apfelerzeuger, ob sie ihre Bäume weiter beernten oder die aufwendig produzierten Früchte einfach hängen lassen.
Auch wenn der Start der Weichobsternte mit den Erdbeeren insbesondere im Süden mehr als enttäuschend verlief, konnten im weiteren Verlauf der Erdbeer-, Kirsch- und auch der Heidelbeerernte die hervorragenden Mengen und Qualitäten etwas über die explodierenden Produktionskosten, die einbrechenden Preise und die Kaufzurückhaltung unserer Kunden hinweghelfen.
Mit gemischten Gefühlen sind wir beide am 12. Januar 2022 in die Schwerpunktveranstaltung der Delegiertentagung zur Vorstellung und Diskussion des Nachhaltigkeitsprojektes IP 2030 gegangen.
Die durch die neue Bundesregierung geplante erhebliche Erhöhung des Mindestlohns sowie die in den vergangenen Monaten zu verzeichnende massive Steigerung auch anderer Produktionskosten bleiben die beherrschenden Themen auf den Betrieben in diesem noch jungen Jahr 2022.