„Können wir in diesen Zeiten unseren Kindern noch eine Ausbildung und Betriebsnachfolge im Obstbau empfehlen?“
So lautete die Frage einer Obstbäuerin auf der Mitgliederversammlung eines Landesverbandes vor einigen Wochen.
Die auch aus unserer Sicht angebrachte Antwort des Landesvorsitzenden war: „Nur weil unsere Eltern die teils sehr schweren Krisen der vergangenen Jahrzehnte gemeistert haben, können wir heute unsere Höfe bewirtschaften und grundsätzlich hat der Obstbau in Deutschland eine Zukunft!“
Vor dem Hintergrund der explodierenden Produktionskosten und Marktverwerfungen im vergangenen Jahr stellt sich aber natürlich für viele Obstbaufamilien die berechtigte Frage, wie (oder leider auch ob) sie ihren Betrieb durch die nächsten Jahre bringen können.
Wir müssen davon ausgehen, dass sich in diesem nun beginnenden Jahr die Löhne und Preise für Betriebsmittel nicht senken werden und in der Regel eine Reduktion der Produktionskosten über Ertragssteigerungen kurzfristig nicht realisierbar sein wird.
Für die Marktverwerfungen ist neben der krisenbedingten Kaufzurückhaltung der Konsumenten insbesondere beim Apfel das Überangebot auf dem europäischen Markt verantwortlich. Bei einem jährlichen Konsum von ca. 10 Millionen Tonnen in Europa ist eine Produktion von 14 Millionen Tonnen schlichtweg zu viel. Dass sich der absehbare und notwendige Konsolidierungsprozess nun so schnell und drastisch einstellt, ist der besonderen Situation des vergangenen Jahres geschuldet.
Im europäischen Wettbewerb produziert ein deutscher Obstbauer unter vergleichsweise extrem hohen und teuren Umwelt- und Sozialstandards. Vorteilhaft für die heimische Produktion ist ein durch den geringen Selbstversorgungsgrad aufnahmefähiger Markt mit einer gewissen Präferenz für Regionalität – um den uns die Kollegen aus den importierenden Nachbarländern beneiden. Langfristig vorteilhaft sind aber auch unsere klimatischen Standortbedingungen und die hochqualifizierten Betriebsleiter.
Ein Pauschalrezept zur Bewältigung der aktuellen Krise im Obstbau gibt es natürlich nicht, die Strukturen in den einzelnen Betrieben sind zu unterschiedlich. In vielen Bereichen ist aber sicherlich eine schnelle Reaktion erforderlich. Nach Jahren des stetigen Wachstums ist vielleicht für eine Reihe von Betrieben eine Verkleinerung und Konsolidierung der richtige Weg. Mit Anlagen weniger gefragter Sorten und nicht effizienten Produktionsbereichen legt man eventuell auch im neuen Jahr wieder Geld drauf?
Für den einzelnen Betrieb kommt es darauf an, die eigenen Stärken zu erkennen und eine dem Betrieb und dem jeweiligen Umfeld angepasste Strategie zu entwickeln. Um diese Krise zu durchstehen, bedarf es sicher auch Durchhaltekraft und einer gewissen Leidenschaft für unseren wunderbaren Beruf, die sich aber langfristig lohnen wird.
Mit unseren Seminaren in Grünberg wollen wir eine Plattform bieten, um Ihnen die für die anstehenden Entscheidungen notwendigen Informationen und Impulse zu geben.
Auch auf den vielen obstbaulichen Veranstaltungen der nächsten Wochen, wie den Bodensee-Obstbautagen im Rahmen der außerplanmäßigen Fruchtwelt, den Norddeutschen Obstbautagen, und den vielen weiteren Obstbautagen in den Regionen wird die Krise im Obstbau beherrschendes Thema sein. Wir werden seitens der Fachgruppe auch Termine wie die Fruitlogistica oder auch die Grüne Woche in Berlin nutzen, um mit den politisch Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen und unsere Forderungen zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen deutlich zu machen.
Verwandte Artikel
Editorials
67.205 Euro – es ist zumindest ein Anfang
Als die Delegiertenversammlung 2015 beschloss, die Finanzierung der dringend notwendigen Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für den deutschen Beeren-, Kern- und Steinobstanbau aus der Solidargemeinschaft der deutschen Obstbaufamilien zu stemmen, war der Optimismus unter der Verbandsvertretern groß.
Der Mindestlohn steigt
Arbeitnehmer in Deutschland bekommen künftig einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenze steigt Anfang 2017 von derzeit 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Zwischen aktuellen Verbandsaufgaben und betrieblicher Realität
Seit Ende Mai haben schwere Unwetter mit Starkregen, Hagel und Orkanböen auch im Obstbau regional zu großen Schäden geführt.
Wenn Politiker sich für die besseren Wissenschaftler halten und wenn ein Herbizid zum Wahlkampfthema gemacht wird
Die öffentlichen Diskussionen um Glyphosat haben schon längst hysterische Züge angenommen.
Die Sache mit dem Pflanzenschutz
Strenge gesetzliche Regelungen für die Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stellen sicher, dass negative Auswirkungen für die Umwelt sowie die Anwender- und Lebensmittelsicherheit vermieden werden.
Trübe Aussichten oder Licht am Horizont?
Es ist Montag, der 21. März 2016, um 8.26 Uhr. Hier im Hotel Hafen Hamburg findet die Fachtagung Obst und Gemüse des Deutschen Raiffeisenverbandes statt.
Wenn wir nicht über uns sprechen, tun es andere!
Die Delegierten der Mitgliedsverbände der Fachgruppe Obstbau haben im Rahmen der letzten Versammlung intensiv über eine Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für den deutschen Obstbau diskutiert und folgende Feststellungen getroffen:
Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes – Beratung ist der Schlüssel
Mit Einführung der ersten Richtlinie für die Kontrolliert Integrierte Produktion im Jahr 1990 haben wir deutschen Obst- und Gemüsebauern Maßstäbe gesetzt.
Es steht viel auf dem Spiel
So wie schon seit Jahren zur guten Tradition geworden, wird auch das Jahr 2016 mit einer kräftezehrenden Veranstaltung beginnen.
Der Blick in die Zukunft – zuversichtlich oder hoffnungslos?
OBSTBAU und die Vereinigte Hagelversicherung haben in den vergangenen sechs Ausgaben die Zukunft des deutschen Obstbaus aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.
Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu
Die Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu – es beginnt die Saison der Messen, Tagungen und Seminare.
Lässt sich Zukunft vorhersagen? Wissen ist die halbe Miete
Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.