Am 8. März 2025 wurde das Sondierungspapier der voraussichtlich neuen Koalition von CDU/CSU und SPD veröffentlicht.
Darin heißt es u. a.: „An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest. Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“
Die Berichterstattung vieler Medien am Folgetag ließ dann zunächst den Eindruck aufkommen, die Anhebung auf 15 Euro sei schon ausgemachte Sache. Verzweifelte Anrufe und Mails von Obstbäuerinnen und Obstbauern bei Vorstand und Geschäftsführung der Fachgruppe Obstbau waren die Folge. Stimmen unabhängiger Wirtschaftsinstitute, die vor einer unverhältnismäßigen Steigerung von in diesem Fall 17 % und einer Verdoppelung seit 2017 mit der Folge von immer mehr Arbeitsplatzverlusten warnten, gab es mit Verzögerung von ein bis zwei Tagen.
Vom 13. bis zum 24. März 2025 hatten anschließend 17 Arbeitsgruppen mit jeweils 16 Fachpolitikern der zukünftigen Regierungsparteien den Auftrag, Grundlagen für einen tragfähigen Koalitionsvertrag zu schaffen. Das Thema Mindestlohn wurde in den AG’s „Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt“ und „Arbeit und Soziales“ verhandelt. Natürlich haben wir über alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle und Netzwerke auch hier noch einmal die Betroffenheit des Obstbaus mit seiner besonders hohen Lohnquote im Mindestlohnbereich und der prekären Wettbewerbssituation dargestellt.
In absoluter Geschlossenheit mit allen Verbänden der grünen Branche lautet unsere Forderung:
Um ein weiteres Einbrechen der heimischen Produktion zu verhindern, muss es bei der weiteren Mindestlohnentwicklung eine gesetzliche Ausnahme für einfache Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau geben.
Noch liegen keine Ergebnisse aus den Verhandlungen vor, wir setzen jedoch auf die Verhandlungspartner. Jedem der Beteiligten sollte klar sein, unter welchem Druck die Landwirtschaft und der Gartenbau und hier insbesondere der Obstbau stehen. Die Themen Pflanzenschutzmittelzulassung, Risikoabsicherung, Ernergiekosten usw. sind ebenso wichtig für unsere Branche. Wir brauchen verlässliche und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen.
Die parteiinternen Abstimmungen über den Koalitionsvertrag und die Entscheidungen über die Besetzung der Ministerien sollen in der ersten Aprilhälfte erfolgen. Wir werden in den nächsten Wochen Kontakt zu den Abgeordneten des Agrarausschusses und den Entscheidungsträgern in den zuständigen Ministerien aufnehmen und auf ihre Verantwortung gegenüber unseren Familienbetrieben und der Ernährungssicherheit in Deutschland hinweisen.
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
Auch wenn sich nach zwei sehr schwierigen Jahren am Tafelapfelmarkt endlich eine etwas bessere Absatzsituation für die Erzeuger abzeichnet – die konzeptionelle Krise des deutschen Obstbaus bleibt bestehen und ist offensichtlich.
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Die deutschen Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer-, Kirsch- und Zwetschenkulturen sind in den meisten Regionen Deutschlands vergleichsweise gut durch die Phase der Blüte gekommen.
Die Äußerungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Osterwochenende sorgten bei Obstbauern für Entsetzen und führten bei nicht wenigen auch zu Verzweiflung.
Im Wettbewerb der europäischen Obstbauregionen sind die hohen und teuren Umwelt- und Sozialstandards für die deutschen Produzenten nachteilig bis ruinös.
Traditionell blicken wir an dieser Stelle auf das zu Ende gehende Jahr zurück und versuchen, mit Zuversicht Ideen und Ansätze für Konzepte notwendiger Entwicklungen im Obstbau aufzuzeigen.