Keiner von den befragten Betriebsleitern erwartet für die kommenden sechs Monate eine günstigere Geschäftslage – ein Rekordnegativwert der letzten Jahre. Innerhalb der Branche, in der alle gartenbaulichen Bereiche unter der Coronapandemie leiden, kommen nur die Gemüseproduzenten zu einer identisch pessimistischen Einschätzung. Auch hier bedroht der Mindestlohn Existenzen, auch hier erfahren heimische und gesunde Lebensmittel nicht die notwendige Wertschätzung, auch hier gibt es zu wenig gesellschaftliches Verständnis für Erzeuger.
Unerfreulicher Höhepunkt nach Quoten heischender und sachlich falscher medialer Berichterstattung der letzten Wochen war die Fernsehsendung „Was essen wir wirklich? – JENKE. Das Food-Experiment“. Gemeinsam mit dem ZVG und den Kollegen vom Gemüsebau haben uns um Richtigstellung bemüht, mit dem Gefühl des Kampfes gegen Windmühlen (s. S. 661).
Die extremen Preissteigerungen praktisch aller Betriebsmittel, das unsinnige, fachlich nicht zu begründende Glyphosatverbot in Wasserschutzgebieten und das Fehlen wichtiger Pflanzenschutzmittel tun das Übrige, um die Stimmung unter Obstbauern zu drücken.
Corona-bedingt und mit großem Bedauern mussten wir die Delegiertentagung absagen. Dabei ist ein persönlicher Austausch über die berufsständischen Strategien in der Verbandspolitik und Öffentlichkeitsarbeit dringend notwendig – und hoffentlich auch absehbar spätestens im Frühjahr wieder möglich. Bis dahin werden wir mit konstruktiven Gesprächsangeboten und Vorschlägen auf die Ampelkoalitionäre zugehen, mit dem Ziel, die aus unserer Sicht dringend notwendigen Ausnahmeregelungen für Sonderkulturen im Bereich Saisonarbeitskräfte und Pflanzenschutz zu erreichen.
Unter 2G+-Bedingungen konnten wir Anfang November mit 75 Betriebsleitern das viertägige Beerenobst I-Seminar in Grünberg durchführen. Hochaktuell war natürlich auch hier das Thema Mindestlohn und Betriebskosten mit dem passenden und guten Vortrag von Bernd Niehues von der Landwirtschaftskammer NRW. Die nüchterne Betrachtung der Fakten und die dann folgende offene und konstruktive Diskussion unter gleichermaßen Betroffenen brachte Klarheit über die notwendigen betrieblichen Veränderungen. Krisen machen Veränderungen notwendig, sich dabei auszutauschen und Impulse aufzunehmen, hilft!
Wir können diese Krisen in der Regel nicht vermeiden, wir können Sie aber nutzen, um daraus zu lernen und Veränderungen vornehmen. Die kommenden vorweihnachtlichen Wochen bieten vielleicht auch Ihnen die Gelegenheit, mit Ruhe und ein wenig Distanz zum häufig hektischen Tagesgeschäft die notwendigen Anpassungen für Ihren Betrieb zu erkennen. Und sich sogar mit etwas Stolz auch an dem bisher Erreichten zu freuen?
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihren Familien eine ruhige, entspannte und gesunde Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr 2022!
Auch wenn sich nach zwei sehr schwierigen Jahren am Tafelapfelmarkt endlich eine etwas bessere Absatzsituation für die Erzeuger abzeichnet – die konzeptionelle Krise des deutschen Obstbaus bleibt bestehen und ist offensichtlich.
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Die deutschen Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer-, Kirsch- und Zwetschenkulturen sind in den meisten Regionen Deutschlands vergleichsweise gut durch die Phase der Blüte gekommen.
Die Äußerungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Osterwochenende sorgten bei Obstbauern für Entsetzen und führten bei nicht wenigen auch zu Verzweiflung.
Im Wettbewerb der europäischen Obstbauregionen sind die hohen und teuren Umwelt- und Sozialstandards für die deutschen Produzenten nachteilig bis ruinös.
Traditionell blicken wir an dieser Stelle auf das zu Ende gehende Jahr zurück und versuchen, mit Zuversicht Ideen und Ansätze für Konzepte notwendiger Entwicklungen im Obstbau aufzuzeigen.