„Gemischte Gefühle…“ oder auch „Licht und Schatten…“
Mit den drei verschiedenen Titelbildern möchten wir die aktuell so unterschiedliche Situation auf den Obstbaubetrieben darstellen:
Während im Alten Land und besonders am Bodensee eine gute und außergewöhnlich frühe Apfelernte schon zu Ende geht, fand diese auf vielen Betrieben im Osten und auch bei einigen Obstbauern im Westen so gut wie gar nicht statt. Für die betroffenen Betriebe eine enorme Herausforderung auf vielen Ebenen, die ohne die zu erwartenden Ad-Hoc-Hilfen der (ostdeutschen) Bundesländer und von der EU kaum zu stemmen ist.
Licht und Schatten gibt es auch bei den jüngsten politischen Entwicklungen und Entscheidungen für den Obstbau in Deutschland und Europa. Um dem Verdacht entgegenzuwirken, an dieser Stelle nur Kritik zu üben, fangen wir mit dem Positiven an:
Das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz des BMEL wurde uns am 4. September 2024 von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Staatssekretärin Sylvia Bender vorstellt. Im Vergleich zu dem von uns massiv kritisierten Entwurf aus dem Frühjahr diesen Jahres, wurde es nun aus Sicht des Obstbaus deutlich praxistauglicher gestaltet. Es enthält keine geplanten Verbote mehr, die angestrebte Reduktion von 50 % der Pflanzenschutzmittel ist mit dem gewählten Bezugszeitraum eher zu erreichen, der gewünschte Bio-Anteil von 30 % soll über „Nachfrage-induziertes Wachstum“ gelingen und die angedachte Steuer für Pflanzenschutzmittel ist vom Tisch. Die Notwendigkeit der Verfügbarkeit wirksamer Pflanzenschutzmittel, auch und besonders in der Sonderkultur Obstbau, wurde u. a. mit der von uns geforderten und nun vorgesehenen Stärkung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Lückenindikation dokumentiert.
Unabhängig davon geht ein Dank an dieser Stelle an das BVL, das BMEL und die beteiligten Behörden, für die außerordentlich zügige Bearbeitung und Genehmigung unseres Eilantrags auf Notfallzulassung gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit § 29 des Pflanzenschutzgesetzes für den Einsatz von Folpan 80 WDG in Apfel in drei Landkreisen am Bodensee.
Weitab von jeder Euphorie gibt es noch mehr Positives zu berichten: Mit einer einstimmigen (!) Beschlusslage auf der Herbst-Agrarministerkonferenz haben sich Bund und Länder auf die Aussetzung der auch von uns massiv kritisierten Stoffstrombilanz verständigt. Damit ist ein für den Obstbau völlig überflüssiges Bürokratiemonster zur doppelten Dokumentation unserer sparsamen und nachhaltigen Düngung verhindert worden.
In Teilen positiv bewerten wir auch die Ergebnisse des Anfang September vorgelegten Abschlussberichts zum Strategie-Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in Europa (wir berichteten in unserem Newsletter). In diesem ist das pauschale Reduktionsziel von minus 50 % beim Pflanzenschutz vom Tisch.
Der Strategiendialog insgesamt schafft vielleicht eine taugliche Basis für den Arbeitsbeginn des neuen designierten EU-Agrarkommissars Christophe Hansen. Der Landwirtssohn aus Luxemburg soll nach Wunsch von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in seinen ersten 100 Amtstagen eine Strategie für die EU-Landwirtschaft vorlegen. Wir erhoffen und erwarten eine ausreichende Beachtung des Obstbaus.
Abschließen müssen wir nun aber doch mit einer sehr betrüblichen Nachricht: Trotz unserer Einwände sieht der von der Bundesregierung eingebrachte Jahressteuergesetzentwurf weiterhin vor, den Vorsteuersatz für pauschalierende Obstbauern und Landwirte von derzeit 9,0 % in zwei Schritten auf 7,8 % drücken. Direkt nach Inkrafttreten des Gesetzes soll der Satz zunächst auf 8,4 % fallen, am 1. 1. 2025 dann weiter auf 7,8 %. Nachdem vor einigen Jahren die Umsatzgrenze für die Pauschalierung auf 600.000 € pro Betrieb gesenkt wurde, wird sich durch diese weitere Hürde die Pauschalierung kaum noch lohnen. Wieder gehen notwendige Einnahmen vieler, insbesondere kleiner Betriebe verloren.
Verwandte Artikel
Editorials
Die Hängepartie geht weiter – Keine Mehrheit im EU-Ausschuss für neue Glyphosat-Zulassung
Die Europäische Kommission hat zunächst keine ausreichende Zustimmung der EU-Länder für eine erneute Zulassung von Glyphosat bekommen.
Das Thünen-Gutachten: Eine Chance für den Obstbau?
Auch wenn sich nach zwei sehr schwierigen Jahren am Tafelapfelmarkt endlich eine etwas bessere Absatzsituation für die Erzeuger abzeichnet – die konzeptionelle Krise des deutschen Obstbaus bleibt bestehen und ist offensichtlich.
Bemühungen des Berufsstandes erfolgreich – EU-Krisenbeihilfe soll den Obstbau kurzfristig unterstützen
Die schwierige bis dramatische Situation vieler Obstbaubetriebe ist von der Politik erkannt worden.
Glyphosat: Wichtig für den Obstbau und laut Wissenschaft ohne Risiko! Und jetzt?
In der EU ist Glyphosat bis zum 15. Dezember 2023 zugelassen.
Die Glaubwürdigkeit der Medien
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Freude am Blühen und Wachsen, Sorgen um die Rahmenbedingungen der Produktion…
Die deutschen Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer-, Kirsch- und Zwetschenkulturen sind in den meisten Regionen Deutschlands vergleichsweise gut durch die Phase der Blüte gekommen.
Diskussion um Apfelbaum-Rodeprämie
Die Äußerungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Osterwochenende sorgten bei Obstbauern für Entsetzen und führten bei nicht wenigen auch zu Verzweiflung.
Ideologie statt Fakten …
Seit im Juni 2022 die EU-Kommission den Entwurf einer neuen Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) vorgestellt hat ...
Weiter voneinander lernen, weiter aufeinander zugehen…
Der Obstbaubranche geht es nicht gut.
Ansätze zur finanziellen Förderung des deutschen Obstbaus
Im Wettbewerb der europäischen Obstbauregionen sind die hohen und teuren Umwelt- und Sozialstandards für die deutschen Produzenten nachteilig bis ruinös.
„Können wir in diesen Zeiten unseren Kindern noch eine Ausbildung und Betriebsnachfolge im Obstbau empfehlen?“
So lautete die Frage einer Obstbäuerin auf der Mitgliederversammlung eines Landesverbandes vor einigen Wochen.
Ruinöse Erzeugerpreise – was kann der Berufsstand tun?
Traditionell blicken wir an dieser Stelle auf das zu Ende gehende Jahr zurück und versuchen, mit Zuversicht Ideen und Ansätze für Konzepte notwendiger Entwicklungen im Obstbau aufzuzeigen.