Gegen die Wand gefahren…
Diesen Eindruck müssen wir Obstbauern gewinnen, wenn wir die Aktivitäten nach der Aufkündigung der Zusammenarbeit im Rahmen des KoGa-Projektes in Klein-Altendorf resümieren. Als Begründung wurde uns immer wieder ein Rechnungshofbericht vorgehalten, der zu dem gleichermaßen anmaßenden wie falschen Urteil kam, dass die dortigen Obstbauversuche die Obstbauern angeblich nicht interessieren würden.
Um es klarzustellen: Für uns Obstbauern aus dem Südwesten und Westen Deutschlands sind die Versuchstandorte Köln-Auweiler (Beerenobst), Klein-Altendorf (Kernobst) und Oppenheim (Steinobst) einschließlich der angeschlossenen Beratung unverzichtbar! Die außerordentlich gute Arbeit in diesen Versuchsstationen ermöglichten uns den erfolgreichen Anbau neuer Kulturen und Sorten, die zielgerichtete Aufnahme neuer Kulturverfahren und -systeme und die Weiterentwicklung des umweltschonenden und ökologischen Anbaus.
Kurz gesagt: Der Obstbau als Kultur im ländlichen Raum wird nicht zuletzt wegen dieser wertvollen Arbeit erhalten, die Wertschöpfung vieler Betriebe wurde sichergestellt, oft sogar erhöht. Dementsprechend werden in den Betrieben Menschen beschäftigt und Steuern entrichtet. Diese positive Entwicklung ist nun durch nicht nachvollziehbare Entscheidungen – nicht nur in politischen Hinterzimmern – in Frage gestellt.
Prestigeobjekte statt basisgestützte Facharbeit
Gegen die Interessen der Praxis und ohne deren Wissen wurde seitens des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministeriums Planungen in Angriff genommen, die den Ausbau des Standortes Neustadt zum gartenbaulichen Hochschulstandort vorsehen (Bericht Radio SWR 1 vom 9. 5. 2018). Gegenüber einem solchen Prestigeobjekt besitzt die basisorientierte Dienstleistung an und für Obstbauern, d. h. das Versuchswesen und die Beratung, auf den ersten Blick nur eine geringe Strahlkraft. Da aber mehr oder weniger alle gartenbaulichen Hochschulstandorte um Studenten und damit um ihr Überleben kämpfen, beantwortet sich von selbst die Frage, ob der Gartenbau/Obstbau einen neuen zusätzlichen Hochschulstandort benötigt. Öffentlichkeitswirksame Neugründungen sind kontraproduktiv, denn sie erweisen unseren renommierten Fach- und Hochschulstandorten Weihenstephan, Geisenheim, Osnabrück, Bonn, Hannover und Stuttgart einen Bärendienst.
Die Verantwortlichen der rheinland-pfälzischen Agrarverwaltung, so scheint es, sind gegen eine einzelbetriebliche Beratung. Es wird immer argumentiert, dass sich die Vermittlung von Informationen im Zeitalter der Digitalisierung kostengünstiger und effizienter lösen lasse. Aber für uns Obstbauern wird es auch zukünftig existenziell wichtig sein, auch in Gruppen, vor Ort, fit für die Zukunft gemacht zu werden!
Wir Obstbauern sind durchaus bereit, für eine gute unabhängige Beratung einen finanziellen Beitrag zu leisten. Von Seiten der Landwirtschaftskammer NRW wurde dies längst umgesetzt. In den zurückliegenden Jahren wurde mit Erfolg eine anteilig kostenpflichtige Beratung eingeführt. Aber nicht nur eine Beratung via Internet, oder Smartphone, sondern auch ein Angebot für regel-mäßig einzelbetriebliche Beratungen und/oder Gruppenberatungen besteht, dass sehr gut angenommen wird. In Folge dessen wurde die Beratung seit Einführung der Kostenbeteiligung nicht weniger, sondern mehr nachgefragt, was Neueinstellungen notwendig machte!
Im direkten Kontakt mit den Obstbauern in der Obstanlage muss der Berater seine handwerklichen Kompetenzen unter Beweis stellen, sich Fragen und Problemen stellen. Aber gleichzeitig bekommt er dafür jede Menge wichtiger Informationen für seine weitere Arbeit. Gute Beratung besteht letztendlich eben doch in der gesunden Mischung persönlicher und, wenn man so will, auch digitaler Kontakte.
Miteinander anstatt Gegeneinander ist in allen Bereichen des privaten oder öffentlichen Lebens das Erfolgsrezept Nummer eins. Das würde sich der obstbauliche Berufstand vor allem von den leitenden Vertretern der Agrarverwaltung in Rheinland-Pfalz wünschen. Mein dringender Appell lautet:
• Legt eure überholten hierarchischen Denkstrukturen ab!
• Stellt endlich die Sachprobleme in den Vordergrund!
• Löst die anstehenden Fachfragen und Anforderungen zusammen mit denen, die sich auskennen!
Ziel muss es sein, die anstehenden Fragen und Probleme gemeinsam zu lösen. Damit meinen wir ausdrücklich auch gemeinsam mit den führenden Mitarbeitern aus Versuchswesen und Beratung.
Miteinander bedeutet vor allem, dort wo es gilt, Probleme rechtzeitig und mutig anzusprechen und auszudiskutieren. Die Obstbauern beider Bundesländer haben ein existenzielles Recht darauf, dass zeitnah ein brauchbares Zukunftskonzept zum Erhalt eines länderübergreifenden effizienten Versuchswesens und einer leistungsfähigen Anbauberatung gemeinsam mit Ihnen erarbeitet wird.
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