Es ist eine Frage der Geschlossenheit

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3525

Alterntige Ware ist noch auf Lager und die allerersten Frühsorten sind gerade geerntet.

Allerorts wird schon längst über die Preispolitik der kommenden Saison diskutiert und spekuliert. Das Niveau dieser Diskussionen lässt dabei so manches Mal Sachverstand und Feingefühl vermissen. Vor allem vor dem Hintergrund der Frostschäden, unter denen viele Kolleginnen und Kollegen
leiden, sind Kommentare wie „Mit 60 Cent muss ein Erzeuger doch klarkommen“ oder „Wir können mit 10 Cent weniger als die Konkurrenz in den Markt einsteigen“ sowohl taktlos als auch kurzsichtig.

 

Nach drei mageren Jahren für die Apfelerzeuger präsentiert sich die Marktlage in Deutschland so heterogen, widersprüchlich und unübersichtlich wie schon lange nicht mehr. Gnadenloser Preisdruck seitens des Handels bei gleichzeitiger Unterversorgung des Marktes sind ein Phänomen der besonderen Art. Klar ist nur eines: Deutsche Äpfel bleiben gefragt. Die Frostnächte im April werden die gesamtdeutsche Ernte um einen wesentlichen Teil reduzieren. In der logischen Konsequenz könnte sich dies zu einer Unterversorgung auswachsen. Für die betroffenen Erzeuger wird es schwierig und der Markt und die Preise werden auf das knappe Angebot reagieren. Davon profitieren muss in erster Linie der Erzeuger – es zählt jeder Cent.

 

Die Diskussionen um die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels sind weiter ein Dauerthema. Aber die Situation ist komplex und nicht immer sind die Discounter für Dumpingpreise verantwortlich. Die deutsche, zersplitterte Anbieterstruktur verstärkt den Druck auf den Absatz, denn der geringe Marktanteil des einzelnen Anbieters ist eine Schwäche. Es entsteht ein überzogener und oft völlig überflüssiger Wettbewerbsmarkt.

 

Internationale Gegebenheiten und Wetterkapriolen können wir nicht beeinflussen. Unser eigenes Produktions- und Marktverhalten und die Reaktionen auf Veränderungen am Markt können wir aber besser organisieren. Als Erzeuger haben wir es in der Hand, den Preiswettbewerb hin zu einem Qualitätswettbewerb zu führen. Instabile und schlechte Qualitäten, die schnell und billig verkauft werden müssen, sind dabei keine Hilfe. Das Verhalten der Vermarkter sollte nicht mehr von der Angst vor einer Auslistung geprägt sein. Standhaftigkeit ist das Gebot der Stunde.

 

Aussagen wie oben beschrieben, sind auch ein Ergebnis der falschen Sichtweise auf die Gesamtsituation. Auch wir von der Erzeugerseite müssen anfangen, die Betrachtungsweise vom Einzelbetrieb hin zu einer kooperativen Vermarktungsstrategie und einem einheitlichen Marktauftritt zu ändern.

 

Wir können nach vorsichtiger Einschätzung von einem weitestgehend robusten Markt 2017/2018 ausgehen. Wir erwarten von den Erzeugerorganisationen, Händlern und Bündlern ein diszipliniertes Marktverhalten – die jüngst entstandenen Chancen für einen stabilen Marktverlauf müssen genutzt werden. Und zwar deutlich zum Vorteil des Erzeugers! Aber der Fingerzeig auf andere reicht nicht. Auch auf Ebene der Erzeuger ist Selbstdisziplin gefragt. Wir haben es in der Hand, nicht untereinander ausgespielt zu werden. Insbesondere die Berufskollegen, die Positionen in den Entscheidungsgremien der Vermarktung besetzen, sind zu einem verantwortungsvollen Handeln aufgerufen.

 

Ob nun 60, 70 oder 80 Cent am Ende für den Erzeuger gut und ausreichend sind, ist nicht die Kernfrage. Ob durch einen geschlossenen Marktauftritt am Ende möglicherweise fünf Cent pro Kilo mehr drin gewesen wären, das ist die entscheidende Frage. Allen muss klar sein, dass die Betriebe am Limit sind. Die größte Last liegt auf dem Erzeuger und damit verbunden auch das komplette Risiko. Lagern bis zur neuen Ernte, MCP-Anwendungen, immer höhere Qualitätsansprüche und dass alles ohne entsprechende Wertschätzung der Kette. Wenn die Ware dann vom Erzeuger in andere Hände übergeht, findet der Preiskampf nur noch auf unserem Rücken statt.

 

 

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Russischer Importstopp und die Konsequenzen

Mit Wirkung vom 7. August 2014 hat Russland die Einfuhr bestimmter Lebensmittel aus der Europäischen Union, darunter auch Obst und Gemüse, für ein Jahr gestoppt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3205
Editorials

Argentinien hat einen Messi – wir haben ein Team

Deutschland ist Fußball-Weltmeister – was für ein Turnier.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3156
Editorials

Noch viele Fragen zum Mindestlohn!

In diesen Wochen dreht sich bei unserer Verbandsarbeit alles um den Mindestlohn.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3156
Editorials

Zukunft zulassen

In Medizin und Pharmazeutik wird Gentechnik selten hinterfragt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3317
Editorials

Mindestlohn und Europawahl

Wir sind enttäuscht und in Sorge darüber, was die Bundesregierung in großer Hektik beim Mindestlohn entschieden hat. 

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3218
Editorials

Wenn gute Pläne ihre eigene Umsetzung verhindern

Haben wir überhaupt noch Spielraum für eigene Entscheidungen?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3036
Editorials

Nettomindestlohn und Bruttomindestlohn – jetzt sind wir alle gefordert!

Der Mindestlohn war im Wahlkampf ein zentrales Thema für alle Parteien, um der gesamtgesellschaftlichen Situation Rechnung zu tragen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3148
Editorials

Wir haben die Agrarindustrie satt!

Unter dem Motto „Wir haben es satt“ sind am 18. Januar 2014 anlässlich der Grünen Woche rund 25.000 Demonstranten in Berlin zusammengekommen, um für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3059
Editorials

Gedanken zum Jahreswechsel

Gedanken zum Jahreswechsel sind stets ein Wechselspiel aus Rückblick und Vorblick.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3133
Editorials

Liebe Leserinnen und Leser

nach 10 Jahren als Vorsitzender des Bundesauschusses Obst und Gemüse (BOG) endete am 22. Oktober 2013 die Amtszeit von Gerhard Schulz.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3237
Editorials

Regionalität – eine messbare Größe oder nur ein Gefühl?

Verknappung steigert den Wert von Rohstoffen, Konsumgütern oder Lebensmittel und auch von Zeit.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2997
Editorials

Die Würfel sind gefallen – die Richtung ist noch unbestimmt

Es ist der Abend des 22. September – der große Wahlsonntag

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3123
Anzeige