Ein Kernpunkt dabei ist die Erhöhung des Mindestlohns auf 12,00 EUR pro Stunde. Diese von uns befürchtete pauschale Anhebung im Rahmen einer möglicherweise schon ab dem kommenden Jahr geltende Regelung bedeutet eine massive Steigerung der Kosten wichtiger obstbaulicher Arbeiten wie z. B. der Erntearbeiten um ca. 25 %.
Arbeitsintensive Kulturen wie Himbeere und Heidelbeere verteuern sich damit in der Produktion sprunghaft um ca. 60 ct/kg. Bei den Erdbeeren sind es ca. 30 ct/kg. Beispielrechnungen in einem Beerenobstbetrieb lassen dort einen Einbruch der Umsatzrendite von 13,4 % auf 6 % erwarten. Aber auch die Auswirkungen auf Kern- und Steinobstbetriebe sind extrem und für einige sicher auch existenzbedrohend, denn auch hier werden viele Arbeiten von Saisonarbeitskräften und festen Mitarbeitern auf Mindestlohnniveau ausgeführt. Um qualifizierte, erfahrene und besonders engagierte Mitarbeiter halten zu können, muss auch der Lohnabstand gewahrt bleiben, sodass sich auch hier die Kosten erhöhen.
Im harten internationalen Wettbewerb wird es damit für den deutschen Obstbau noch einmal deutlich schwieriger, sich zu behaupten. Dass trotz eines deutlich gestiegenen Konsums von Himbeeren die Produktion selbst im geschützten Anbau zurückgeht, zeigt, in welche Richtung sich unser Anbau zu entwickeln droht.
Selbst wenn viele Kunden die Vorteile regionaler bzw. deutscher Produktion für den Klima- und Insektenschutz kennen, ist die vielbeschworene Präferenz unserer Früchte oft nur ein Lippenbekenntnis. Die notwendigen Preiserhöhungen im Handel sind kaum – und wenn, dann nur zeitverzögert – durchsetzbar. Auch in der Direktvermarktung sind die Preisgrenzen in den vergangenen Jahren deutlich geworden.
Wie können die Betriebe reagieren? Wieder einmal muss jedes innerbetriebliche Optimierungspotenzial genutzt werden. Alle Kulturen, alle Anlagen und Bestände, alle Arbeitsabläufe müssen auf den Prüfstand. Eine immer höhere Bewirtschaftungsintensität wird notwendig. Dies steht aber in völligem Gegensatz zu den Umweltzielen, die von der gleichen Parteiengruppe angestrebt werden. Hier sind eher Extensivierung und der Bio-Anbau in klein- bis mittelständischen Familienbetrieben das Ideal und Intention vieler neuer Auflagen. Den Betrieben wird damit ein nahezu unmöglicher Spagat auferlegt – zumal im Gegenzug der Import der Früchte aus Produktionsländern mit deutlich niedrigeren Standards zu vom Verbraucher gewünschten Preisen so einfach ist.
Diesen Widerspruch mit allem Nachdruck darzustellen, ist Aufgabe berufsständischer Arbeit.
Festzuhalten und einzugestehen ist aber auch, dass wir in der augenblicklichen politischen Großwetterlage keine Chance haben, etwas an der Grundsatzentscheidung der Ampelkoalitionspartner zum Mindestlohn zu ändern. Ziel muss es daher sein, dass man für Saisonarbeitskräfte Sonderregelungen zulässt. Suchen Sie doch den Kontakt zu Ihren regionalen Abgeordneten, um auf die Auswirkungen für unsere Branche hinzuweisen!
Wir sind gespannt, wie sich die Politik in der neuen Legislaturperiode entwickeln wird
Im erfolgreichsten Volksbegehren der Geschichte Bayerns „Rettet die Bienen“ forderten Anfang des Jahres innerhalb von zwei Wochen fast 1,8 Millionen Menschen ein Gesetz für mehr Umwelt- und Naturschutz.
Die Wahl zum EU-Parlament ist auch für den Obstbau von besonderer Bedeutung, nicht nur aufgrund des Brexits und einer noch nicht geklärten Finanzplanung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020.
In dieser Ausgabe von OBSTBAU finden Sie einen Sonderdruck, der sich mit der Verfügbarkeit von Insektiziden für den Obstbau in Deutschland auseinandersetzt.
Der Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ in Bayern zeigt, dass sich Landwirte und Gärtner und der Rest der Bevölkerung noch fremder geworden sind.
„Am Ball bleiben“ bei laufenden Entwicklungen im Bereich der Anbautechnik, der EDV, bei rechtlichen Regelungen und in der Arbeitsorganisation – so muss die Devise lauten.
Die Fachgruppe Obstbau fordert die Behörden und die Industrie auf, dringend Maßnahmen für eine tragfähige Zukunft des Zwetschen- und Pflaumenanbaus in Deutschland zu ergreifen – und zwar gemeinsam mit dem Berufsstand.