Entscheidungen in Coronazeiten
Auch die Empfehlung der Mindestlohnkommission steht im Zeichen der für die nächsten ein bis zwei Jahre vorhergesagten wirtschaftlichen Krise. So soll die Steigerung zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro pro Stunde entsprechend moderat ausfallen. Doch die für Juli 2022 empfohlene Erhöhung auf dann 10,45 Euro bedeutet eine Lohnsteigerung von 12 %. In unseren arbeitsintensiven obstbaulichen Kulturen ist eine solche Erhöhung der Lohnkosten gleichzusetzen mit einer entsprechenden Steigerung der Produktionskosten.
Unsere immer wieder vorgebrachten Argumente, dass unsere Saisonarbeitskräfte in ihren Herkunftsländern deutlich geringere Lebenshaltungskosten haben, oder dass wir massive Schwierigkeiten bekommen werden aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit mit dem Lohn unserer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeiter, finden in diesen Zeiten kaum Gehör. Die offensichtlichen Missstände im fleischverarbeitenden Gewerbe sind aus unserer Sicht maßgeblich dafür verantwortlich, dass eine sachliche Diskussion mit den politischen Entscheidungsträgern um eine für uns tragbare und für unsere Arbeitnehmer faire Lösung derzeit kaum möglich ist. Die Umsetzung der Empfehlung der Mindestlohnkommission führt zu einer Beschleunigung des Strukturwandels, der von uns und nach eigenem Bekenntnis auch von der Politik und von der Gesellschaft nicht gewollt ist.
Auch die Fachgruppe Obstbau muss Corona bedingt Entscheidungen treffen. So haben wir uns mit großem Bedauern dazu entschieden, die Grünberger Seminare für die Saison 2020/2021 abzusagen. Betroffen sind die beiden Beerenobstseminare, das Azubiseminar, die Grünberger Obstbautage sowie das Seminar „Die Obstbaumanagerin“.
Zwar bietet das Hygienekonzept der Bildungsstätte Gartenbau die Möglichkeit, unter Auflagen Seminare durchzuführen. Nach intensiver Diskussion mit erfahrenen Teilnehmern und Organisatoren gehen wir jedoch davon aus, dass wir die berechtigt hohen Ansprüche an die Seminare bezüglich des persönlichen Miteinanders, des Austauschens und des Vernetzens derzeit nicht erfüllen können. Wir hoffen, dass wir nach einjähriger Pause im Winterhalbjahr 2021/22 wieder Seminare anbieten können, die den „Grünberger Geist“ aufleben lassen.
Auch die für unsere Anliegen wichtige Öffentlichkeitsarbeit ist in Zeiten der Pandemie nur sehr eingeschränkt möglich. Die geplante Apfelverteilaktion mit dem Slogan „Regional – klimaneutral“ ist auch im kommenden Herbst noch nicht durchführbar. Stattdessen müssen wir andere Wege finden um aufzuzeigen, wie vielfältig, artenreich und bewahrenswert der Obstbau in Deutschland ist. Schauen Sie doch nur in den Biodiversitätskalender, der dieser Ausgabe von OBSTBAU beigelegt ist! Er zeigt Bilder und Informationen aus dem laufenden Projekt „Potenziale und Praxisprogramm zur Erhöhung der ökologischen Vielfalt in Erwerbsobstanlagen und Streuobstwiesen“ (Den Kalender dürfen Sie gerne bestellen und Ihren Kunden mitgeben).
Zum Schluss ein Appell an den Lebensmitteleinzelhandel: Wenn man mit Regionalität wirbt und überzeugt ist, dass Regionalität verkaufsfördernd ist, warum bietet man dann solche Produkte nicht auch an? Warum liegen in den Supermarktregalen billige türkische Kirschen oder andere im Ausland produzierte Früchte anstelle der (beworbenen) deutschen Qualitätsware? Wir lernen: Der Preis scheint letztlich den Händlern wie auch den Verbrauchern doch wichtiger zu sein als die Herkunft und die von allen eingeforderten Umwelt- und Sozialstandards.
Jens Stechmann Joerg Hilbers
- Bundesvorsitzender - - Geschäftsführer -
Editorials

Dialog ist notwendig
Die notwendige gesellschaftliche Debatte zu Klimawandel, Umwelt- und Naturschutz wird leider auf vielen Ebenen unmittelbar und unsachlich mit unserer Obstproduktion verknüpft und stellt die Betriebe vor weitere enorme Herausforderungen.

Zum Seminar nach Grünberg?
„Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen.“

Den Widerspruch aufklären
Im erfolgreichsten Volksbegehren der Geschichte Bayerns „Rettet die Bienen“ forderten Anfang des Jahres innerhalb von zwei Wochen fast 1,8 Millionen Menschen ein Gesetz für mehr Umwelt- und Naturschutz.

Drastische Unterschiede
Anfang August ist im Obstbau eine erste Vorabeinschätzung für den Erfolg oder Misserfolg des laufenden Wirtschaftsjahres möglich.

Hallo, liebe Obstbäuerinnen und Obstbauern!
Als neuer Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obst grüße ich Sie erstmals herzlich.

Für ein starkes Europa
Die Wahl zum EU-Parlament ist auch für den Obstbau von besonderer Bedeutung, nicht nur aufgrund des Brexits und einer noch nicht geklärten Finanzplanung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020.

Zukünftige Verfügbarkeit von Insektiziden im deutschen Obstbau
In dieser Ausgabe von OBSTBAU finden Sie einen Sonderdruck, der sich mit der Verfügbarkeit von Insektiziden für den Obstbau in Deutschland auseinandersetzt.

Artenvielfalt per Volksbegehren
Der Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ in Bayern zeigt, dass sich Landwirte und Gärtner und der Rest der Bevölkerung noch fremder geworden sind.

Alle Kosten im Griff?
Einmal im Monat nehmen auch deutsche Obstbaubetriebe an der Erfassung des Geschäftsklimaindex Gartenbau teil (siehe OBSTBAU Seite 74, Heft 2/2018).

Gedanken zum Jahreswechsel
Ein Jahreswechsel ist auch immer Anlass, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und einen Blick nach vorne zu werfen.

Vielfalt schaffen, nutzen und erhalten
„Vielfalt statt Einfalt“, so heißt die neue Reihe, die Sie ab diesem Heft regelmäßig in unserer Fachzeitschrift OBSTBAU lesen können.

Wer bei Bildung spart, kann sich die Zukunft sparen
„Am Ball bleiben“ bei laufenden Entwicklungen im Bereich der Anbautechnik, der EDV, bei rechtlichen Regelungen und in der Arbeitsorganisation – so muss die Devise lauten.