Mit prognostizierten knapp 800.000 t erwartet Deutschland eine der schwächsten Apfelernten der letzten 20 Jahre und mit geschätzt 10,2 Mio. t Äpfeln wird auch die europäische Apfelernte deutlich unter den Ernten der vergangenen Jahre liegen.
Alle weiteren Rahmenbedingungen sprechen ebenfalls für einen ordentlichen Abverkauf und für Erzeugerpreise, die trotz massiv gestiegener Produktionskosten endlich einmal auskömmlich sein sollten. Lesen Sie dazu auf den Seiten 410 bis 413 auch den jährlich mit Spannung erwarteten Bericht vom Prognosfruit Kongress, der vielleicht letztmalig vom geschätzten Marktexperten Helwig Schwartau (AMI) verfasst wurde. Er geht im Herbst in den wohlverdienten Ruhestand und hinterlässt erst einmal eine große Lücke.
So erfreulich die Aussichten für die kommende Apfelvermarktungssaison auch sind, so betrüblich ist der Hintergrund. Nur durch die frostbedingten Totalausfälle in vielen Betrieben Ost- und, mit ca. 800 Hektar, auch Westdeutschlands sowie in Polen, Tschechien und Österreich, ist ein ausgeglichener Markt zu erwarten.
Im Rahmen der Sommertagung der Fachgruppe Obstbau vom 14. bis 16. August 2024 haben uns die Kollegen in Sachsen-Anhalt ihre zum Teil komplett leeren Anlagen gezeigt. Ein solches Bild hatten auch unsere erfahrensten Teilnehmer noch nicht gesehen. Aufgrund von Blütenfrost wirklich gar keine Ernte zu haben – das ist kaum vorstellbar. Für die betroffenen Betriebe selbst bedeutet es eine in vielerlei Hinsicht riesige Herausforderung, bis hin zur existenziellen Bedrohung. Entsprechend groß war (und ist) die Hochachtung vor den sachsen-anhaltinischen Betriebsleitern, die trotz dieser schrecklichen Situation die im Sommer vergangenen Jahres ausgesprochene Einladung aufrechterhalten und uns drei Tage lang mit großer Gastfreundschaft empfangen haben.
Ein Höhepunkt unserer Tagung war die agrarpolitische Diskussion unter dem Dach des Umweltbundesamtes in Dessau. Politische Gäste waren Sven Schulze, Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, sowie Abgeordnete des EU-Parlaments, des Bundes- und des Landtags (s. Foto).
Sachsen-Anhalt wartet nicht auf die EU Sachsen-Anhalt hat, wie Sachsen, Brandenburg und Thüringen auch, Mittel für die Unterstützung geschädigter Obstbauern bereitgestellt. Minister Schulze erklärte, dass geschädigte Betriebe in Sachsen-Anhalt auf einen Kreditbetrag von bis zu 7.000 Euro je Hektar geschädigter Anbaufläche 20 % des Kreditbetrages als Unterstützungsleistung vom Land bekommen können. Die Befürchtungen der an unserer Veranstaltung teilnehmenden Betroffenen, dass die beantragten EU-Mittel für die Frosthilfe die Auszahlung der dringend benötigten Landesmittel verzögern oder gar verhindern könnten, entkräftete der Landwirtschaftsminister. Sein Ministerium würde den Obstbauern seines Bundeslandes keine Hängepartie bis ins nächste Jahr mit ungewissem Ausgang zumuten. Ab voraussichtlich Ende August können die Ad-Hoc-Hilfen beantragt werden, die Auszahlung soll noch in diesem Jahr erfolgen.
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
„Am Ball bleiben“ bei laufenden Entwicklungen im Bereich der Anbautechnik, der EDV, bei rechtlichen Regelungen und in der Arbeitsorganisation – so muss die Devise lauten.
Die Fachgruppe Obstbau fordert die Behörden und die Industrie auf, dringend Maßnahmen für eine tragfähige Zukunft des Zwetschen- und Pflaumenanbaus in Deutschland zu ergreifen – und zwar gemeinsam mit dem Berufsstand.
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Fahrt mit dem Traktor? Vielleicht mit dem Opa oder dem Vater? Haben Sie noch das Bild vor Augen, wie der Familienbetrieb zu Ihren Kindergartenzeiten aussah?
Eine Delegiertentagung mit einer solchen Fülle weitreichender und richtungsweisender Entscheidungen hatte die Fachgruppe Obstbau schon lange nicht mehr.