Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten

Ein Gastkommentar von Helwig Schwartau, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI), zur aktuellen Marktsituation bei Äpfeln

Helwig Schwartau
2457

12 Mio. Tonnen Äpfel, einschließlich einer Spitzenernte in Deutschland, Altlasten aus der Ernte 2013, ein Überhang an Überseeäpfeln und letztendlich das russische Embargo erschweren massiv den Start der Apfelsaison 2014/15. 

12 Mio. Tonnen Äpfel, einschließlich einer Spitzenernte in Deutschland, Altlasten aus der Ernte 2013, ein Überhang an Überseeäpfeln und letztendlich das russische Embargo erschweren massiv den Start der Apfelsaison 2014/15.

Aus Mangel an Lagerkapazitäten und Erntekisten möchten die Produzenten natürlich verkaufen, werden aber mit extrem niedrigen Auszahlungspreisen und zusätzlichen Marktregularien konfrontiert. Zu kleine Kaliber, Übergrößen oder schwer verkäufliche Sorten werden im Süden von der Lagerung und späterer Vermarktung ausgeschlossen werden. Im Norden bauen die Vermarkter und Vertreter der Erzeugerorganisationen auf das unternehmerische Denken und damit auf die Nichternte von schwachen Sorten und Qualitäten. Allerdings diskutieren die Erzeugerorganisationen jetzt auch über eine Ausgrenzung von Äpfeln mit zu geringer Druckfestigung. In beiden Fälle raten die Vermarkter indirekt zu einer Marktentlastung über die Industrie bzw. zu einer Nichternte.

Trotz der Maßnahmen, ob diskutiert oder schon umgesetzt, ist die Stimmung unter den Produzenten extrem angespannt, z. T. sogar explosiv. Verständlich, da die Auszahlungspreise sich mit 15,–/35,– EUR/100kg in einem nicht kostendeckenden Bereich bewegen. Die Misere wird durch die schwachen Preise für Mostäpfel komplettiert.

Es hilft kein Jammern, sondern der Blick muss nach vorne gerichtet werden. Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten und auch eine Apfelsaison erstreckt sich über mehrere Monate, in denen sich die Situation deutlich verändern kann. Im negativen Sinne musste man das in 2013/14 erkennen.

Für die Saison 2014/15 basiert die Hoffnung auf einer sehr guten Qualität der Äpfel, die den Konsumenten schon jetzt zu Nachkäufen animiert. Nach einer AMI-Analyse auf Grundlage der Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) kauften die deutschen Verbraucher 10% mehr Äpfel als im September des Vorjahres. Ähnlich positive Tendenzen melden die übrigen EU-Länder. Einmal auf ein Produkt fixiert, zeigt der Konsument wenig Neigung auf andere Obstarten auszuweichen, auch wenn sich die Ladenverkaufspreise wieder „normalisieren“. Die gute Qualität, inkl. der Haltbarkeit, lässt auch einen längeren Vermarktungszeitraum zu Lasten der Überseeäpfel zu. Nach dem Desaster in der letzten Saison dürfte die Südhalbkugel ohnehin weniger Äpfel für Europa verladen. Sollte Russland weiterhin den Import von EU-Äpfeln blockieren, wird insbesondere Südamerika mehr Ware in den Osten schicken und damit die Märkte in Westeuropa entlasten. Die Unbekannte für die kommende Saison stellt Polen dar. Hier hofft man, dass die umfangreichen EU-Stützungsmaßnahmen Wirkung zeigen.

Rekordernte hin oder her, der Begrenzungsfaktor für die Warenverfügbarkeit in der zweiten Saisonhälfte stellen die Lagerkapazitäten dar. Die Vorräte werden sicherlich etwas höher ausfallen, sind aber durchaus beherrschbar. Jedenfalls können die deutschen Vermarkter innerhalb der EU-Grenzen auf den größten Binnenmarkt mit 80 Mio. potenziellen Kunden zurückgreifen und sind nicht wie das europäische Umfeld auf Exporte angewiesen. Der Ball ist rund und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Editorials

Editorials

Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes – Beratung ist der Schlüssel

Mit Einführung der ersten Richtlinie für die Kontrolliert Integrierte Produktion im Jahr 1990 haben wir deutschen Obst- und Gemüsebauern Maßstäbe gesetzt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2516
Editorials

Es steht viel auf dem Spiel

So wie schon seit Jahren zur guten Tradition geworden, wird auch das Jahr 2016 mit einer kräftezehrenden Veranstaltung beginnen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2587
Editorials

Der Blick in die Zukunft – zuversichtlich oder hoffnungslos?

OBSTBAU und die Vereinigte Hagelversicherung haben in den vergangenen sechs Ausgaben die Zukunft des deutschen Obstbaus aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2483
Editorials

Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu

Die Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu – es beginnt die Saison der Messen, Tagungen und Seminare.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2494
Editorials

Lässt sich Zukunft vorhersagen? Wissen ist die halbe Miete

Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2540
Editorials

Der Marktmacht ausgeliefert?

Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2526
Editorials

Wieder einmal Greenpeace… und Bündnis 90/Die Grünen können es auch nicht besser

Fünf Jahre sind seit der letzten Attacke von Greenpeace auf den Obstbau vergangen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2852
Editorials

Unser Obstbau im Wandel

Wir setzen die gemeinsame Artikelserie mit der Vereinigten Hagelversicherung in dieser Ausgabe fort.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2865
Editorials

Früher war alles besser. Sogar die Zukunft.

Schon Karl Valentin machte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gedanken über die Sehnsucht der Menschen nach einem besseren Morgen.

Dr. Rainer Langner, Jens Stechmann
2990
Editorials

Dem Problem ein Gesicht geben

In den unzähligen Gesprächen mit Politikern, Behördenvertretern, der Industrie und mit Pressevertretern wird in diesen Wochen immer auch nach den Aussichten für die Obstsaison 2015 gefragt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2556
Editorials

Aus dem Vorstand der Fachgruppe Obstbau

Am 17. März 2015 kam der Vorstand der Fachgruppe Obstbau in Berlin zur Frühjahrssitzung zusammen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2529
Editorials

Wo Aggression und Resignation aufeinander treffen

Große Enttäuschung, aufkommende Verzweiflung und endloser Frust – dies sind Reaktionen vieler Kolleginnen und Kollegen auf die bürokratischen Anforderungen des Mindestlohngesetzes.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2544
Anzeige