Die Sache mit dem Pflanzenschutz
Deshalb ist es umso unerträglicher, dass wissenschaftliche Risikobewertungen und der Nutzen in der öffentlichen und medialen Diskussion scheinbar keine Rolle mehr spielen. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird pauschal und grundsätzlich in Frage gestellt. Uns Anwendern wird unterstellt, entweder aus Profitgier oder Unwissenheit Produkte und Verbraucher zu gefährden. Das macht uns wütend und wir sind sehr besorgt, denn grundsätzlich unterstützen wir strenge Maßstäbe für Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Wir erwarten aber, dass diese wissenschaftlich fundiert und nicht von absurden Ängsten manipuliert werden. Politik und Medien haben eine große Verantwortung, eine sachliche Diskussion über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sowie deren Nutzen und mögliche Alternativen zu führen. Doch getan wird das Gegenteil. Die weitere Verunsicherung der Verbraucher ist das Mittel der Wahl, politische Interessen durchzusetzen oder die Auflagen zu erhöhen. Wir sind es leid, immer wieder als „Vergifter der Nation“ an den Pranger gestellt zu werden.
Wir fordern deshalb:
Die Zulassung darf nur nach wissenschaftlichen Maßstäben erfolgen.
Die Kriterien für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und deren Wirkstoffe sind in der EU-Zulassungsverordnung geregelt. Schluss mit populistischen Äußerungen, die die Neutralität der Bewertungsbehörden in Zweifel ziehen. Bewertung und Zulassung muss auch in Zukunft nach wissenschaftlichen Standards erfolgen. Auch die ökonomischen und sozialen Aspekte des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln müssen in einen Abwägungsprozess integriert werden. Es ist absurd und unverantwortlich, die Zulassung von gefühlten Risiken oder politischen Motiven abhängig zu machen.
Die Zulassung darf nicht für agrarpolitische Ziele missbraucht werden.
Unter anderem wird auch mit Abstandsauflagen sichergestellt, dass die Anwendung keine direkten Auswirkungen auf Gewässer, Biotope, Nachbarflächen, Anwender und Verbraucher hat. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln darf nicht mit agrar- oder umweltpolitischen Zielsetzungen vermischt werden. Es kann doch nicht Aufgabe der Zulassung sein, ökologische Vorrangflächen zu schaffen. Nicht nachvollziehbar und völlig am Thema vorbei sind daher Forderungen des Umweltbundesamtes, mit der Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel die Auflage zu verbinden, innerhalb des Betriebes an anderer Stelle Ausgleichsflächen unbehandelt zu lassen. Das Umweltbundesamt hat weder Mandat noch Auftrag, im Rahmen des Zulassungsverfahrens so zu agieren. Politik und Landwirtschaftsministerium dürfen sich dieses Gebaren nicht gefallen lassen. Es ist nicht Aufgabe einer Behörde, Politik zu machen – sie hat den Auftrag der Beratung und der Umsetzung.
Die Harmonisierung der Zulassung muss endlich umgesetzt werden.
Sieben Jahre gibt es die EU-Zulassungsverordnung schon. Bis heute sind weder die Kriterien für die Zulassung europaweit festgelegt noch ist die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln harmonisiert. Die Bundesregierung muss auf allen Ebenen die Anstrengungen zur europäischen Harmonisierung intensivieren. Für nationale Sonderwege gibt es keinen Platz mehr. Entscheidungen und Bewertungen von Zulassungsbehörden anderer europäischer Mitgliedsstaaten, die stellvertretend für eine gesamte Zone Europas die Prüfung eines Pflanzenschutzmittels vorgenommen haben, müssen anerkannt werden. Wenn die Harmonisierung nicht zu der angestrebten Verbesserung der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln führt, werden Anbau und Qualität vieler Kulturen in Deutschland gefährdet und die Abhängigkeit von Importen weiter gesteigert.
Das notwendige Maß muss das Maß der Dinge bleiben.
Wichtiger Bestandteil unserer IP ist und bleibt die Beschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß. Wir stehen zu dem Prinzip der Risikominimierung, wir lehnen aber Forderungen nach einer pauschalen Mengenreduzierung oder einer Abkehr vom notwendigen Maß beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln strikt ab. Unser Leitmotiv bleibt bestehen: So viel wie nötig und so wenig wie möglich.
Zusammen mit Uwe Harzer haben wir uns in einem sehr ausführlichen Artikel in dieser Ausgabe der Frage gewidmet, wohin die Reise bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gehen wird und/oder kann. Bei Herrn Harzer bedanken wir uns an dieser Stelle für das großartige Engagement.
Wir versichern Ihnen, dass wir keine Diskussionen scheuen und für den unverzichtbaren Schutz unserer Produktion kämpfen werden.
Jens Stechmann Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender - - Geschäftsführer -
Verwandte Artikel
Editorials
5 vor 12 für deutsche Zwetschen und Pflaumen
Die Fachgruppe Obstbau fordert die Behörden und die Industrie auf, dringend Maßnahmen für eine tragfähige Zukunft des Zwetschen- und Pflaumenanbaus in Deutschland zu ergreifen – und zwar gemeinsam mit dem Berufsstand.
Die Alten sind ausverkauft und die Neuen schon am Start
Es wird eine gute Apfelernte in Europa und eine ordentliche Ernte für deutsche Erzeuger.
Gegen die Wand gefahren…
…wird scheinbar derzeit das obstbauliche Versuchswesen in Rheinland-Pfalz.
Minister Heil, kommen Sie zur Sache!
Ohne anderen zu schaden, könnte Bundesarbeitsminister Heil viel Gutes für uns tun.
Den Wandel zu unseren Gunsten gestalten
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Fahrt mit dem Traktor? Vielleicht mit dem Opa oder dem Vater? Haben Sie noch das Bild vor Augen, wie der Familienbetrieb zu Ihren Kindergartenzeiten aussah?
Leitartikel Nr. 111 – und monatlich grüßt das Murmeltier
Mit dem monatlichen Redaktionsschluss sollte auch der Leitartikel für die kommende Ausgabe geschrieben sein.
Olympiade der Clubäpfel
Im Wettlauf um die Belegung der Regale im konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel sind mehr als 50 Clubäpfel bzw. Markenäpfel am Start.
Beratung und Versuchswesen sind wichtige Produktionsfaktoren
Unsere Arbeit steht weiter im Fokus der gesellschaftlichen und politischen Debatte.
Verfügbarkeit von Insektiziden und Weiterentwicklung der Kontrolliert Integrierten Produktion
Eine Delegiertentagung mit einer solchen Fülle weitreichender und richtungsweisender Entscheidungen hatte die Fachgruppe Obstbau schon lange nicht mehr.
„Es ist ein Tag des tiefen Nachdenkens, …
…wie es weitergeht in Deutschland.“ So hat die geschäftsführende Bundeskanzlerin Merkel das Scheitern der Sondierungsgespräche für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, den Grünen und der FDP kommentiert.
Erntedank
Im Kern soll das Erntedankfest doch zeigen, dass unser täglich Brot eben gar nicht so alltäglich ist, sondern hart erarbeitet werden muss.