Die Glaubwürdigkeit der Medien
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Grundlage der Berichte war eine sogenannte „Studie“, in der die spendenfinanzierte Organisation Oxfam Saisonarbeitskräfte in vier (bereits als auffällig bekannten) Betrieben befragt hatte.
Wirklich unabhängige und repräsentative Auswertungen über die Arbeits- und Unterbringungszustände von Saisonarbeitskräften wurden in keinem Bericht erwähnt. So haben z. B. die Ämter für Arbeitsschutz der Bezirksregierungen in NRW im Jahr 2020 mehr als 250 Betriebskontrollen in landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betrieben durchgeführt. Bei diesen dokumentierten Kontrollen wurden in drei Betrieben gravierende Mängel festgestellt. Im darauf folgenden Jahr wurden bei mehr als 200 Betriebskontrollen gravierende Mängel in nur zwei Betrieben dokumentiert.
Mit einem irrwitzigen Titelbild, einer in Deutschland undenkbaren Pflanzenschutzbehandlung von Pfirsichen, setzte der Spiegel ca. eine Woche später den Startschuss zu einem weiteren Obstbauern-Bashing. Unter der Überschrift „Studien zu Risiken von Pflanzenschutzmitteln – Sicherheitslücken für Konsumenten…bei Erdbeeren“ wurde über vermeintlich zurückgehaltene Studien zu Abamectin (Vertimec Pro) berichtet. Die relativierende Einschätzung der bewertenden Zulassungsbehörden mit der deutlichen Aussage, dass keine Gefahr für Konsumenten besteht, wurde leider nur von wenigen Zeitungen aufgenommen.
Wieder eine Woche später, am 5. Juni, nun zum Höhepunkt der Erdbeersaison, platzierte der BUND seine Pressemeldung zu Rückstandsuntersuchungen in Erdbeeren. Unter der Überschrift „Giftige Verlockung im Körbchen“ verbreitete diese spendenfinanzierte (und damit nicht unabhängige) Organisation ihre Meldung, die mit Tagesschau, Deutschlandfunk und WDR leider auch von öffentlich-rechtlichen Teilen der Medienlandschaft aufgegriffen wurde, verbunden mit Warnungen vor dem Verzehr von Erdbeeren. Dass die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen eigentlich belegen, dass in der deutschen Erdbeerproduktion mit großer Verantwortung auch im Bereich Pflanzenschutz gearbeitet wird und die gesunden deutschen Erdbeeren unbedenklich genossen werden können, wurde nach heftigstem Protest der Verbände von einigen Zeitungen Tage später anerkannt.
Wir erleben diese skandalisierende und tendenziöse Berichterstattung zu den Themen Saisonarbeit und Pflanzenschutz seit Jahren immer häufiger. Sie werden vorzugsweise zu Beginn der Erdbeer- und Apfelernte und häufig in den großen, für die Information in Ballungsgebieten wichtigen Medien lanciert. Eine unabhängige Experteneinschätzung, zum Beispiel durch das Bundesamt für Risikoeinschätzung (BfR), spielt dabei praktisch keine Rolle.
Politische Akteure mit großer Medienpräsenz, wie die EU-Politikerin Sarah Wiener, nutzen diesen Mainstream aus und schüren ihn geschickt. Berichte regionaler Zeitungen hingegen sind in der Regel sachlicher und informativer, offensichtlich haben deren Redakteure Einblick in die Praxis und schreiben ohne ideologische Prägung.
Zunehmend verzweifelt fragen wir uns, wie denn Verbraucher, die keinen Bezug zur obstbaulichen Produktion haben, unsere Anstrengungen zur Nachhaltigkeit und unsere hohen Umwelt- und Sozialstandards erkennen können, um diese dann auch zu honorieren.
„Verleger, Herausgeber und Journalisten müssen sich bei ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und ihrer Verpflichtung für das Ansehen der Presse bewusst sein“, lautet die Präambel des deutschen Pressekodexes. Die deutschen Obsterzeuger spüren von der Verantwortung und Glaubwürdigkeit der Medien in den großen Zeitungen und Sendern wenig.
Umso wichtiger ist Ihre Beteiligung an unseren Aktionen „Zeit der deutschen Erdbeeren“ (s. Titelbild), „Zeit der deutschen Heidelbeeren“ und „Zeit der deutschen Äpfel“, verbunden mit einem entsprechenden Kontakt zu den Redaktionen in Ihrem Umfeld.
Verwandte Artikel
Editorials
Das Thünen-Gutachten: Eine Chance für den Obstbau?
Auch wenn sich nach zwei sehr schwierigen Jahren am Tafelapfelmarkt endlich eine etwas bessere Absatzsituation für die Erzeuger abzeichnet – die konzeptionelle Krise des deutschen Obstbaus bleibt bestehen und ist offensichtlich.
Bemühungen des Berufsstandes erfolgreich – EU-Krisenbeihilfe soll den Obstbau kurzfristig unterstützen
Die schwierige bis dramatische Situation vieler Obstbaubetriebe ist von der Politik erkannt worden.
Glyphosat: Wichtig für den Obstbau und laut Wissenschaft ohne Risiko! Und jetzt?
In der EU ist Glyphosat bis zum 15. Dezember 2023 zugelassen.
Die Glaubwürdigkeit der Medien
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Freude am Blühen und Wachsen, Sorgen um die Rahmenbedingungen der Produktion…
Die deutschen Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer-, Kirsch- und Zwetschenkulturen sind in den meisten Regionen Deutschlands vergleichsweise gut durch die Phase der Blüte gekommen.
Diskussion um Apfelbaum-Rodeprämie
Die Äußerungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Osterwochenende sorgten bei Obstbauern für Entsetzen und führten bei nicht wenigen auch zu Verzweiflung.
Ideologie statt Fakten …
Seit im Juni 2022 die EU-Kommission den Entwurf einer neuen Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) vorgestellt hat ...
Weiter voneinander lernen, weiter aufeinander zugehen…
Der Obstbaubranche geht es nicht gut.
Ansätze zur finanziellen Förderung des deutschen Obstbaus
Im Wettbewerb der europäischen Obstbauregionen sind die hohen und teuren Umwelt- und Sozialstandards für die deutschen Produzenten nachteilig bis ruinös.
„Können wir in diesen Zeiten unseren Kindern noch eine Ausbildung und Betriebsnachfolge im Obstbau empfehlen?“
So lautete die Frage einer Obstbäuerin auf der Mitgliederversammlung eines Landesverbandes vor einigen Wochen.
Ruinöse Erzeugerpreise – was kann der Berufsstand tun?
Traditionell blicken wir an dieser Stelle auf das zu Ende gehende Jahr zurück und versuchen, mit Zuversicht Ideen und Ansätze für Konzepte notwendiger Entwicklungen im Obstbau aufzuzeigen.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat den Obstbau besucht
Nach mehrmaligem Einladen war es am 15. Oktober 2022 soweit.