Etwa, als sich vor ca. einem Jahr der Nabu-Deutschland-Chef Jörg Andreas Krüger in der Süddeutschen Zeitung kritisch zum Glyphosatverbot äußerte und anmerkte, dass die Alternativen oft deutlich problematischer seien. Oder als vor einigen Tagen Urs Niggli als einer der wissenschaftlichen Vordenker des Bioanbaus in einem Interview mit der FAZ erklärte, dass der Ökoanbau nicht als Blaupause allen Anbauformen, Gesellschaften und Systemen übergestülpt werden könne und die Genschere CPRISPR/CAS für die Lösung der absehbaren Ernährungskrise und den notwendigen Umbau der Landwirtschaft benötigt werde.
Solche aus dieser Richtung zunächst überraschenden Feststellungen erinnern uns an die schöne Parabel mit den neuen Kleidern des Kaisers. Haben unpopuläre, aber zutreffende Einschätzungen doch eine Chance gegen den politisch-opportunen Mainstream der Ökoszene und dürfen geäußert werden?
Zu häufig wird bisher verkannt, dass auch der Öko-Anbau nicht ohne Pflanzenschutzmittel auskommt und dass Pflanzenschutzmaßnahmen zur erwerbsmäßigen obstbaulichen Produktion aller Produktionsformen einfach erforderlich sind.
Die Entscheidung für den Integrierten Anbau treffen Obstbauern in dem Wissen, dass sie nachhaltig produzieren und ihr Anbau gut für das Klima und die Artenvielfalt ist. Immer mehr Wissenschaftler widersprechen der offensichtlich politisch opportunen Auffassung, dass Öko-Anbau auch zur Bekämpfung des Klimawandels beiträgt. Sie verweisen auf den höheren Landverbrauch und auf den höheren CO2-Ausstoß pro Lebensmitteleinheit. Die Untersuchungen zur Artenvielfalt in integriert und ökologisch bewirtschafteten Obstanlagen haben einen großen Einfluss durch die Umgebung und die Gestaltung der Obstanlage ergeben – und weniger durch die Bewirtschaftungsform.
Der Auftakt der neuen und nun verantwortlichen grünen Landwirtschaftspolitik stimmt uns aber eher betrüblich. Freundlicherweise haben uns unsere Kollegen der FÖKO (Fördergemeinschaft ökologischer Obstbau) zu ihrer digitalen Mitgliederversammlung eingeladen – danke dafür auch an dieser Stelle. Diese wurde sehr prominent mit einem Grußwort der neuen Parlamentarischen Staatssekretärin im BMEL, Dr. Manuela Rottmann, eröffnet. Sie bezeichnete darin unter anderem „Öko“ als das neue Leitbild.
Aus den eben genannten Gründen und auch aus der Verantwortung für unseren Berufsstand heraus weisen wir darauf hin, dass selbst bei einem angestrebten Anteil von 30 % Bioproduktion im Jahr 2030 die verbleibenden 70 % der Betriebe weiterhin nach den Grundsätzen des Integrierten Anbaus produzieren. Wir plädieren deshalb für ein sich gegenseitig inspirierendes und wertschätzendes Miteinander der beiden Produktionsrichtungen.
Aber, so das Zitat eines erfolgreichen Fußballtrainers aus der Bundesliga, man muss im Leben mit allem rechnen – auch mit dem Guten.
Und gut ist aus unserer Sicht die Entscheidung der Landesregierung in Rheinland-Pfalz für eine Ausnahmegenehmigung zum Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in Obstanlagen der Naturschutzgebiete. In der zeitlich unbefristeten Begründung heißt es: „Es ist im Interesse der Landesregierung und im Sinne des Gemeinwohls, dass diese Obstanlagen aufgrund ihrer Bedeutung für die Artenvielfalt und für das charakteristische Landschaftsbild weiter bewirtschaftet werden.“
Auch die derzeit im Entwurf vorliegende Bund-Länder-Regelung zum Erschwernisausgleich für Einschränkungen der Sonderkulturbetriebe in Schutzgebieten durch das Insektenschutzprogramm von 1.527 € pro Hektar und Jahr geht in die richtige Richtung.
In diesen beiden Fällen waren die wissenschaftlichen Ergebnisse zur Bedeutung des (integrierten und biologischen) Obstanbaus für den Artenschutz und die nachdrücklichen Forderungen des Berufsstandes, Sonderkulturen bei entsprechenden politischen Entscheidungen auch gesondert zu berücksichtigen, erfolgreich.
„Wie geht’s dem Obstbau denn heute so?“ Eine häufig gestellte Frage im Vorbeigehen, die in der Vergangenheit ebenso im Vorbeigehen beantwortet wurde mit „Es geht so – schwierig, aber wir lassen uns nicht unterkriegen!“
Mit Wirkung vom 7. August 2014 hat Russland die Einfuhr bestimmter Lebensmittel aus der Europäischen Union, darunter auch Obst und Gemüse, für ein Jahr gestoppt.
Unter dem Motto „Wir haben es satt“ sind am 18. Januar 2014 anlässlich der Grünen Woche rund 25.000 Demonstranten in Berlin zusammengekommen, um für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren.