Der Mindestlohn steigt

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2896

Arbeitnehmer in Deutschland bekommen künftig einen höheren gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenze steigt Anfang 2017 von derzeit 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde.

Diese Anpassung legte die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern vor wenigen Wochen fest. Die Kommission habe sich bei der Höhe der Anpassung an der aktuellen Tarifentwicklung orientiert. Zudem gibt es noch den gesetzlichen Auftrag an diese Kommission, laufend die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung im Zusammenhang mit bestimmten Branchen und Regionen zu bewerten. Die Ergebnisse stellt die Kommission der Bundesregierung in einem Bericht zur Verfügung. So oder mit ähnlich leidenschaftsloser Formulierung wird die Aufgabe dieses Gremiums auf den Internetseiten des Arbeitsministeriums beschrieben. Aber wird unser Berufsstand im Ministerium oder in der Kommission auch wahrgenommen?

Die volle Härte des Mindestlohnes trifft uns in der Landwirtschaft und im Gartenbau spätestens ab dem 1. Januar 2018. Bis dahin erlaubt uns der Mindestentgelt-Tarifvertrag zwar noch geringfügige Abweichungen. Aber schon jetzt hat die gesetzlich bzw. tariflich vorgeschriebene Lohnuntergrenze großen Einfluss auf die Entwicklung und Zukunftsperspektiven unseres gesamten Berufsstandes. Eine vom Thünen-Institut durchgeführte Studie zum Mindestlohn in Gartenbau und Landwirtschaft bestätigt unsere Befürchtungen, dass der Mindestlohn erhebliche Auswirkungen auf den Anbau arbeitsintensiver Kulturen hat und mit einem Rückgang des Anbaus in Deutschland zu rechnen ist. Die Befragung der Betriebe belegt zudem die groben handwerklichen Fehler des Arbeitszeitgesetzes in Bezug auf die Erntearbeiten im Sonderkulturanbau. Die unflexiblen Arbeitszeitregelungen ignorieren die Realitäten unserer Betriebe. Gerade in der Erntesaison ist die Ruhezeitregelung in der Praxis oftmals nicht durchführbar. Es ist keinem Erntehelfer zuzumuten, während der Mittagshitze der Sommermonate auf dem Feld zu arbeiten, nur um die nächtliche Ruhezeiten einzuhalten. Auch hinsichtlich der Produktqualität wird bevorzugt in den Morgen- und Abendstunden geerntet. Erforderliche Ruhezeiten und Pausen wurden in der Vergangenheit schon einvernehmlich mit den Mitarbeitern geregelt und benötigen auch in Zukunft keiner staatlichen Kontrolle.

Die Fachgruppe Obstbau hatte die Politik in der Vergangenheit immer wieder auf die praxisfernen bürokratischen Anforderungen und eine drohende Veränderung im Anbauspektrum so wie die Verschiebung arbeitsintensiver Kulturen in andere europäische Länder hingewiesen. Vielen politisch Verantwortlichen ist es wohl egal, ob der lohnintensive Sonderkulturanbau in seiner Form erhalten bleibt. Scheinbar ist für sie auch egal, woher ihr Obst kommt.

Die Befragung des Thünen-Institutes bekräftigt und stützt unseren Ansatz, auch weiterhin Anpassungen für unseren Wirtschaftszweig einzufordern. Die Studie, die im April an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt übergeben wurde, kann auf der Homepage des Thünen-Instituts heruntergeladen werden (www.thuenen.de). Lesen Sie dazu auch den Bericht ab Seite 386 in dieser Ausgabe. Unser Dank gilt allen, die sich an der Umfrage beteiligt haben.

Der Mindestlohn wird uns weiter stark fordern. Steigende Produktionskosten bei preiswerten Lebensmitteln gerade bei Obst und Gemüse sind eine Gratwanderung. Der Wert von heimischem Obst- und Gemüse in bester Qualität aus der Region für die Region muss sich auch beim Preis wiederfinden.

Die Einführung des Mindestlohns soll auch die Wertschätzung des Faktors Arbeit erhöhen. Die Arbeit der Obstbäuerinnen und Obstbauern und unser produziertes Obst haben eine hohe Wertschätzung allemal verdient.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

Editorials

Editorials

Artenvielfalt per Volksbegehren

Der Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ in Bayern zeigt, dass sich Landwirte und Gärtner und der Rest der Bevölkerung noch fremder geworden sind.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2842
Editorials

Alle Kosten im Griff?

Einmal im Monat nehmen auch deutsche Obstbaubetriebe an der Erfassung des Geschäftsklimaindex Gartenbau teil (siehe OBSTBAU Seite 74, Heft 2/2018).

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2852
Editorials

Gedanken zum Jahreswechsel

Ein Jahreswechsel ist auch immer Anlass, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und einen Blick nach vorne zu werfen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2697
Editorials

Vielfalt schaffen, nutzen und erhalten

„Vielfalt statt Einfalt“, so heißt die neue Reihe, die Sie ab diesem Heft regelmäßig in unserer Fachzeitschrift OBSTBAU lesen können.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2705
Editorials

Wer bei Bildung spart, kann sich die Zukunft sparen

„Am Ball bleiben“ bei laufenden Entwicklungen im Bereich der Anbautechnik, der EDV, bei rechtlichen Regelungen und in der Arbeitsorganisation – so muss die Devise lauten.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2618
Editorials

5 vor 12 für deutsche Zwetschen und Pflaumen

Die Fachgruppe Obstbau fordert die Behörden und die Industrie auf, dringend Maßnahmen für eine tragfähige Zukunft des Zwetschen- und Pflaumenanbaus in Deutschland zu ergreifen – und zwar gemeinsam mit dem Berufsstand.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2697
Editorials

Die Alten sind ausverkauft und die Neuen schon am Start

Es wird eine gute Apfelernte in Europa und eine ordentliche Ernte für deutsche Erzeuger.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2564
Editorials

Gegen die Wand gefahren…

…wird scheinbar derzeit das obstbauliche Versuchswesen in Rheinland-Pfalz.

Georg Boekels
2828
Editorials

Minister Heil, kommen Sie zur Sache!

Ohne anderen zu schaden, könnte Bundesarbeitsminister Heil viel Gutes für uns tun.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
3204
Editorials

Editorial

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2864
Editorials

Den Wandel zu unseren Gunsten gestalten

Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Fahrt mit dem Traktor? Vielleicht mit dem Opa oder dem Vater? Haben Sie noch das Bild vor Augen, wie der Familienbetrieb zu Ihren Kindergartenzeiten aussah?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
2993
Editorials

Leitartikel Nr. 111 – und monatlich grüßt das Murmeltier

Mit dem monatlichen Redaktionsschluss sollte auch der Leitartikel für die kommende Ausgabe geschrieben sein.

Jörg Disselborg
2558
Anzeige