Der Marktmacht ausgeliefert?

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.

Außerdem berichten wir vom Prognosfruit-Kongress in Meran und der europäischen Kernobstschätzung für die nächste Saison. Auch die Kirschessigfliege, deren Fangzahlen aktuell explodieren, wird thematisiert. Und als ob uns Klimawandel, Kernobstmarkt und Kirschessigfliege nicht ausreichend Kopfschmerzen bereiten würden, besorgt uns eine aktuelle Marktstudie zur Konsolidierungswelle im europäischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH). In einer aktuellen Branchenstudie prognostiziert die Unternehmensberatung Oliver Wymann grundlegende Strukturveränderungen im europäischen LEH. Eine Folge dieses Prozesses wird die weiter zunehmende Marktmacht gegenüber Lebensmittelherstellern und Produzenten. Das bereitet uns große Sorgen, denn der wachsende Druck auf die Erzeugerpreise wird durch die drohenden Preiskriege weiter zunehmen. 25 große Handelshäuser machen europaweit jeweils einen jährlichen Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro. Wymann geht davon aus, dass sich die Zahl der Anbieter bis zum Jahr 2025 halbieren wird und als Folge die Überlebenden deutlich wachsen. Zudem seien nur die Unternehmen des LEH zukunftsfähig, die sich einem länderübergreifenden Wachstumsprogramm bei absoluter Kostenführerschaft verschrieben haben. Neue Preissenkungsrunden stehen vor der Tür.

Wir Obstbauern produzieren Obst – gesundes Obst! Ohne einen direkten Ausgleich und auf eigene Rechnung leisten und garantieren wir durch unser Handeln noch sehr viel mehr:

• Wir bekennen uns zur integrierten Produktion.

• Unsere Dauerkulturflächen bieten nicht per se, sondern ausschließlich durch die Art der Bewirtschaftung wichtige Lebens- und Überlebensräume für Flora und Fauna.

• Wir gestalten durch unser Handeln attraktive und vielfältige Kulturlandschaften.

• Wir garantieren gesundes und sicheres Obst und zudem faire Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter. Wer deutsches Obst kauft, sichert auch Arbeitsplätze in Deutschland.

• Wir dokumentieren heutzutage nahezu jeden Schritt der Produktion und die Qualitätssicherungssysteme, wie unser QS System, gewährleisten eine schnelle Rückverfolgbarkeit.

Wir bemängeln zu Recht die fehlende Anerkennung für diese Leistungen. Das Image der Land- und Ernährungswirtschaft wird zunehmend schlechter, notwendige Akzeptanz geht verloren. Die genannten Vor- und Nebenleistungen gehören schon lange zu unserem Berufsbild und prägen das Selbstverständnis eines deutschen Obstbaubetriebes. In barer Münze wird uns dieses Engagement wohl nie komplett erstattet, aber wir verlangen eine Anerkennung in Form von Wertschätzung unserer Produkte und ein Bekenntnis zur deutschen Produktion – und auch einen höheren Preis.

Sonderstützungsmaßnahmen der EU können nur im Krisenfall helfen. Die Erlöse für die Erzeuger müssen steigen und dauerhaft auf einem Niveau bleiben, das auch Möglichkeiten für Innovation durch Investition und Wachstumschancen bietet. In anderen Wirtschaftszweigen, z. B. in der Automobilindustrie, sind solche Aspekte selbstverständlich. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender Betriebskosten, aktuell vor allem für Beregnung und Löhne, ist die Preissituation existenzgefährdend. Wenn in anderen Ländern Unterstützungszahlungen für Nichternte oder Vernichtung von Obst im Vordergrund stehen, haben wir Verständnis für Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, der gerade dies nicht will. Es kann aber nicht sein, dass Marktentlastungsmaßnahmen nur in den anderen EU-Ländern umgesetzt werden. Wir fordern deshalb eine vom Bundeslandwirtschaftsministerium finanziell getragene Absatzförderung und auch eine konsequente Öffnung neuer Drittlandmärkte in Asien und Südamerika als wichtiges Marktventil.

All diesen Herausforderungen zu begegnen erfordert viel Kraft, Zeit und geschlossenes Handeln. Auf die Konsolidierung des LEH am einen Ende der Wertschöpfungskette müssen wir uns am anderen Ende auch konsolidieren. Dies gilt für unsere Vermarktungseinrichtungen und für die Verbände. Wir verzichten auf so manchen Euro, weil wir strategisch nicht optimal aufgestellt sind und oft eben nicht gemeinsam agieren.

Nur eine starke Gemeinschaft hat die wirkliche Chance, von der Gesellschaft gehört und ernst genommen zu werden. Wer Einzelinteressen in den Vordergrund stellt, gießt nur Öl in das Feuer der gut organisierten Gegner. Dafür müssen wir auch vor der eigenen Verbandshaustür Veränderungsprozesse auf Landes- und Bundesebene anstoßen.

Jens Stechmann                            Jörg Disselborg
- Bundesvorsitzender -                 - Geschäftsführer - 

 

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Trübe Aussichten oder Licht am Horizont?

Es ist Montag, der 21. März 2016, um 8.26 Uhr. Hier im Hotel Hafen Hamburg findet die Fachtagung Obst und Gemüse des Deutschen Raiffeisenverbandes statt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Wenn wir nicht über uns sprechen, tun es andere!

Die Delegierten der Mitgliedsverbände der Fachgruppe Obstbau haben im Rahmen der letzten Versammlung intensiv über eine Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für den deutschen Obstbau diskutiert und folgende Feststellungen getroffen:

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes – Beratung ist der Schlüssel

Mit Einführung der ersten Richtlinie für die Kontrolliert Integrierte Produktion im Jahr 1990 haben wir deutschen Obst- und Gemüsebauern Maßstäbe gesetzt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Es steht viel auf dem Spiel

So wie schon seit Jahren zur guten Tradition geworden, wird auch das Jahr 2016 mit einer kräftezehrenden Veranstaltung beginnen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Der Blick in die Zukunft – zuversichtlich oder hoffnungslos?

OBSTBAU und die Vereinigte Hagelversicherung haben in den vergangenen sechs Ausgaben die Zukunft des deutschen Obstbaus aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

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Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu

Die Erntesaison 2015 neigt sich dem Ende zu – es beginnt die Saison der Messen, Tagungen und Seminare.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
4268
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Lässt sich Zukunft vorhersagen? Wissen ist die halbe Miete

Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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Der Marktmacht ausgeliefert?

Auch in dieser Ausgabe von OBSTBAU werfen wir in unserer Artikelserie einen Blick in die Zukunft, Schwerpunkt ist das Klima.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
4365
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Wieder einmal Greenpeace… und Bündnis 90/Die Grünen können es auch nicht besser

Fünf Jahre sind seit der letzten Attacke von Greenpeace auf den Obstbau vergangen.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
4776
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Unser Obstbau im Wandel

Wir setzen die gemeinsame Artikelserie mit der Vereinigten Hagelversicherung in dieser Ausgabe fort.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
4725
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Früher war alles besser. Sogar die Zukunft.

Schon Karl Valentin machte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gedanken über die Sehnsucht der Menschen nach einem besseren Morgen.

Dr. Rainer Langner, Jens Stechmann
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Dem Problem ein Gesicht geben

In den unzähligen Gesprächen mit Politikern, Behördenvertretern, der Industrie und mit Pressevertretern wird in diesen Wochen immer auch nach den Aussichten für die Obstsaison 2015 gefragt.

Jens Stechmann, Jörg Disselborg
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