Obstanlagen sind echte Hotspots für Wildbienen. Über 100 verschiedene Wildbienenarten wurden von Biologen in Integriert bewirtschafteten und damit Captan-behandelten Apfelplantagen am Bodensee und in Sachsen-Anhalt gefunden. Viele von ihnen sind selten oder sogar vom Aussterben bedroht. Durch die B1-Auflage von Captan hatte sich nun die Bedrohungslage für Obstbauern und Wildbienen gleichermaßen ganz unnötig zugespitzt.
Warum fühlen sich Wildbienen im Obstbau so wohl? Weil sie dort alles finden: Nahrung ebenso wie Nistplätze. Wichtig sind dabei nicht nur die Blüten der Obstbäume, sondern auch die blühenden Pflanzen in den Fahrgassen oder auch an den Rändern. Diese liefern Nektar und Pollen, besonders wenn die Obstbäume nicht blühen, Obstbauern wissen, wie wichtig Wildbienen auch für die Befruchtung unserer Kulturen sind und tun vieles, um sie zu unterstützen: z. B. mit einem guten Mulchmanagement, dem Anlegen von Blühstreifen oder dem Setzen von Ankerpflanzen.
Mit der Verlängerung der EU-Zulassung für den Einsatz von Captan bis 2039 im vergangenen Herbst war jedoch eine B1-Auflage (Anwendungsverbot in blühenden Kulturen) für alle Captan-Präparate verbunden; Hintergrund waren fehlende Wildbienenstudien. Eine völlig paradoxe Situation, die der Wildbienenpopulation in Obstanlagen mehr Schaden zufügen würde als ihr zu nutzen: Denn letztlich fallen mehr als 50 % aller Behandlungen – sowohl im ökologischen als auch im Integrierten Anbau – allein auf die Bekämpfung des Apfelschorfes. Und weil in der Integrierten Produktion der Einsatz von Captan dafür unverzichtbar ist, würden vor jedem Einsatz die Flächen blütenfrei gemulcht werden müssen, was den Wildbienen die Nahrungsgrundlage nehmen würde.
Mit der Anpassung für die Zulassung von Captan-Präparaten vom 17. Juni 2025 hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) dieses Paradox nun aufgehoben, sodass die Anwendung von Captan in Kernobstanlagen auch ohne diese bienenschädigende Maßnahme wieder möglich ist.
Vorangegangen waren nachdrückliche Einwände des Berufsstandes und, daraus folgend, ein Gespräch mit den Spitzen des BVL im Bundestag, initiiert und moderiert von Hermann Färber, dem alten und neuen Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat. Die von den beteiligten Obstbauern und Pflanzenschutzexperten vorgelegten Studien und Berichte haben die Behördenvertreter schließlich davon überzeugt, eine entsprechende Zulassungsänderung zu erarbeiten.
Dieser Vorgang hat gezeigt, dass Pflanzenschutz und Naturschutz nicht per se einen Widerspruch darstellen und dass mit unbürokratischem Handeln und fachlicher Expertise intelligente Lösungen möglich sind.
Herzlichen Dank an alle Beteiligten!
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
Was tun, wenn ein Treffen im gewohnten Grünberger Ambiente Corona-bedingt nicht möglich ist, wir aber trotzdem nicht auf Fachinformation und kollegialen Austausch verzichten wollen?
Nun hat die Schule in den meisten Bundesländern wieder begonnen – unter besonderen Auflagen und immer mit dem Risiko, dass es trotzdem zu einer Infektion und damit zu einer Schließung der jeweiligen Schule kommen kann.
All die vielen Diskussionen über die obstbauliche Krise, fehlende Wertschätzung unserer Früchte und gesellschaftliche Kritik an unserer Arbeit hatten ein Ergebnis: Wir müssen mit den Verbrauchern reden!