Täglich nehmen etwa sechs Millionen Menschen die sogenannte Außer-Haus-Verpflegung (AHV) in Anspruch, essen also in Kitas, Mensen, Schulen, Seniorenheimen, Kantinen u.s.w.
Ein enormes Potenzial, um die notwendige Wende hin zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung mit mehr Obst und Gemüse zu forcieren. Und ebenfalls ein enormes Potenzial, um den deutschen Obst- und Gemüsebau zu stärken.
Mit der schon im November des vergangenen Jahres vorgelegten neuen Verordnung des BMEL für die AHV steht für die Bundesregierung jedoch allein die Förderung der Biobranche im Vordergrund. Mit speziell auf Bio ausgelegten Beratungs- und Zertifizierungskonzepten soll der Bioanteil in der AHV erhöht werden; wir berichteten im letzten Heft darüber. Vielen unserer Leser – und besonders den über 80 % integriert wirtschaftenden Obstbaubetrieben – stellte sich die Frage, wie nachhaltig es ist und welche ernährungsphysiologischen Vorteile es bietet, beispielsweise moldawische Biopflaumen anstatt heimischer Zwetschen aus Integriertem Anbau für die Ernährung unserer Kinder und Enkel in Kitas und Schulen zu nutzen. Das zuständige unabhängige und von Steuergeldern bezahlte Bundesamt für Risikobewertung jedenfalls hat darauf keine Antwort.
Und auch bei der Frage der Klimafreundlichkeit in der Produktion, also des CO₂-Fußabdrucks, ergeben sich keine Vorteile für Bioprodukte. Nach der jüngsten Studie des IFEU-Instituts liegt der CO₂-Fußabdruck für Äpfel aus Integrierter Produktion je nach Lagerdauer bei gerundet 75 bzw. 90 g CO₂-Äquivalenten pro Kilo verkaufsfähiger Äpfel. Verkaufsfähige Äpfel aus ökologischer Erzeugung kommen bei kurzer bzw. langer Lagerdauer auf einen Wert von gerundet 90 bzw. 105 g CO₂-Äquivalenten pro Kilo.
Auch die Literaturrecherche von Dr. Dirk Köpcke und Dr. Tim Schlie zur Klimabilanz heimischer Äpfel (siehe Seite 318–323 in dieser Ausgabe von OBSTBAU) zeigt ganz unabhängig von biologischer oder Integrierter Produktion, dass der CO₂-Fußabdruck von gelagerten deutschen Äpfeln schon in der Vergangenheit vergleichsweise gering war und sich mit der Energiewende weiter reduzieren dürfte.
Die aktuellen Haushaltspläne der Bundesregierung sehen drastische Einsparungen vor, dies betrifft auch alle für den Obstbau relevanten Bereiche. Gerade vor dem Hintergrund der knapper werdenden Gelder sollte also in der Außer-Haus-Verpflegung die regionale Herkunft der Früchte im Vordergrund stehen. Gleichzeitig belastet eine einseitige Förderung der Bioproduktion das gute und kollegiale Verhältnis zwischen ökologisch und Integriert wirtschaftenden Obstbauern.
Von den seitens der Bundesregierung nach den Winterdemos zugesagten Erleichterungen für Landwirtschaft und Gartenbau ist im Entwurf zum Jahressteuergesetz 2024 nichts zu finden. Dabei hat gerade dieses durch Frost und Hagel geprägte Jahr mit erwartungsgemäß extrem unterschiedlichen Betriebsergebnissen wieder einmal verdeutlicht, wie wichtig zum Beispiel die immer wieder versprochene Risikoausgleichsrücklage wäre.
Nur an Ergebnissen ihrer Politik können wir ermessen, welche Bedeutung der heimische Obstbau für die Bundesregierung wirklich hat. Viel Zeit bleibt ihr nicht mehr, um den Lippenbekenntnissen auch Taten folgen zu lassen.
Über den Autor
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau.
Auch wenn sich nach zwei sehr schwierigen Jahren am Tafelapfelmarkt endlich eine etwas bessere Absatzsituation für die Erzeuger abzeichnet – die konzeptionelle Krise des deutschen Obstbaus bleibt bestehen und ist offensichtlich.
Am 22. Mai, zum Höhepunkt der Spargel- und zum Beginn der Erdbeersaison, titelte „ZDF-heute“, ebenso wie sinngemäß auch viele andere Medien: „Unhaltbare Zustände im Spargelanbau“.
Die deutschen Apfel-, Erdbeer-, Heidelbeer-, Kirsch- und Zwetschenkulturen sind in den meisten Regionen Deutschlands vergleichsweise gut durch die Phase der Blüte gekommen.
Die Äußerungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Osterwochenende sorgten bei Obstbauern für Entsetzen und führten bei nicht wenigen auch zu Verzweiflung.
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